Konzert von The Weeknd in Hamburg: Ekstase von der Hitmaschine

Der kanadische Superstar The Weeknd verzückt die Massen beim Tourauftakt am Sonntag im Hamburger Volksparkstadion mit ausgeklügelter Tanzchoreografie.

The Weeknd in Maske und ganz in Weiß am Sonntag im Hamburger Volksparkstadion

Check mal den Mikroständer: The Weeknd in Hamburg, hier noch mit Maske Foto: Markus Scholz/dpa

Es gibt sie tatsächlich: kollektive Ekstase. Vollkommen mühelos reißt The Weeknd beim Auftakt seiner „After Hours til Dawn“-Tournee am Sonntagabend in Deutschland über zwei Stunden im Hamburger Volksparkstadion 50.000 Menschen mit. Wie er das schafft? Der eine Grund ist eigentlich recht simpel: Der Kanadier mit äthiopischen Wurzeln weiß halt, wie man Soul, R&B, HipHop, Funk und elektronische Popmusik klangvoll fusioniert. Auch wenn sein Gesang in Hamburg manchmal etwas leise und verschwommen klang. The Weeknd ist eine Hitmaschine – mit zahlreichen Nummer-eins-Liedern, nicht nur in den US-Charts.

Vor allem „Blinding Lights“ ist durch die Decke gegangen. Als meistgestreamter Song der Welt, überall an der Spitze der Charts. Ohne Weiteres hätte der 33-Jährige, der sich mit seiner Stimme gern bis in Falsett-Höhen aufschwingt, sein Konzert mit diesem Überhit eröffnen können, doch er hält ihn fast bis zum Schluss zurück. Die vielleicht plausibelste Erklärung dafür: Die Fans feiern ohnehin jedes Stück von The Weeknd. Von „Can’t Feel My Face“ über „Party Monster“ bis „Starboy“ versetzt sie alles in Bewegung – wie in einer berauschenden Clubnacht.

Gewiss ist es taktisch klug, „Take My Breath“ gleich an den Anfang zu stellen. Einfach, weil diese Show wahrhaftig atemberaubend ist. Allein die Bühnenkulisse macht einen staunen. Das Publikum schaut auf die imposante Skyline von New York. Da ragen das Chrysler Building und das Empire State Buildung empor.

Wolkenkratzer aus Metall

Vor diesen Wolkenkratzern aus Metall wirkt The Weeknd in der Eingangssequenz beinahe winzig. Sein Gesicht verbirgt er zunächst hinter einer silbernen Maske. Man könnte diesen Mummenschanz als eine Art Referenz an den riesigen Roboter deuten, der mitten auf dem Laufsteg steht. Weiter hinten geht ein imposanter Kunstmond auf. Mit dem Bühnendekor verhält es sich also ganz ähnlich wie mit dem Starstatus des Künstlers – beides ist gigantisch.

Der größte Jubel brandet im Stadion auf, als The Weeknd nach einer Stunde erstmals lächelt und zu den Fans spricht

Dazu passt es, dass sich The Weeknd gleich mit 30 Tänzerinnen umgibt. Genau wie er sind sie alle komplett in Weiß gekleidet, ihre Gesichter sind verschleiert. In Slow-Motion finden sie sich zu Formationen zusammen, denen etwas Rituelles innewohnt. Womöglich beten diese Frauen den Mond an, während The Weeknd ordentlich aufs Gaspedal drückt. Schließlich hat er mehr als 30 Lieder auf seiner Setlist.

Bei „Out of Time“ verwandelt sich die gesamte Arena in ein Lichtermeer. An anderer Stelle scheint New York zwischen Feuerfontänen und Nebelschwaden abzufackeln, da fühlt man sich wirklich „Lost in the Fire“. Blaue Laserstrahlen fahren zu „Call out My Name“ gen Himmel. Dennoch sind es gar nicht unbedingt diese Spezialeffekte, die die Zu­schaue­r:in­nen begeistern.

Erstaunlich nahbar

Der größte Jubel bricht aus, als The Weeknd nach gut einer Stunde endlich seine Maske abnimmt. Er lächelt und spricht zum ersten Mal direkt mit den Fans. Und plötzlich wirkt er erstaunlich nahbar. Ein symbolischer Moment. In Zukunft will sich der Sänger, der als Abel Tesfaye auf die Welt kam, nämlich von der Kunstfigur The Weeknd lösen.

Er versuche, neu geboren zu werden, sagte er in einem Interview. Kein Wunder: Trotz seines Erfolgs hat er sich immer wieder in den Fängen des Popstarlebens verheddert. Exzesse, toxische Beziehungen, das Hadern mit dem Glamour – nichts ist dem Schulabbrecher fremd. Daraus hat er in seinen Stücken nie einen Hehl gemacht. Wohin mag seine künstlerische Reise nun gehen? Diese Frage beantworte The Weeknd bei seinem Auftritt am Sonntagabend in Hamburg zwar nicht, trotzdem formuliert das Finale zumindest indirekt die Aussicht auf eine Wiedergeburt.

Wenn der Musiker am Ende in den Schlund des Bühnenbodens hinabfährt, ließe sich das so lesen, als würde ihn die postapokalyptische Großstadtruine komplett verschlingen. Damit er dann wie Phönix aus der Asche emporsteigen kann. Seine Fans hingegen schweben erst mal im siebten Pophimmel. Für sie hat The Weeknd wohl an diesem Abend sein Idol Michael Jackson vom Thron gestoßen und sich zum neuen King of Pop gekrönt. Auf jeden Fall war er grandios.

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