Serie „The Idol“ auf Sky: Ein Plot zerstört durch Männeregos

Ursprünglich sollte "The Idol" eine Serie über Machtmissbrauch werden. Doch dann wurde Regisseurin Amy Seimetz entlassen.

Eine Person mit Sonnebrille zwirbelt am Bart herum

Entlassung der Regisseurin hat viel mit Männer-Egos zu tun Foto: Sky

In der gehypten Serie „The Idol“ mit Abel Tesfaye (auch bekannt als The Weeknd) kam es zu Verwerfungen innerhalb der Produktion, an der massenhaft Frauen beteiligt sind. Als die Serie schon fast abgedreht war, wurde die ursprünglich engagierten Regisseurin Amy Seimetz (“The Girlfriend Experience“) entlassen. Das hat viel mit gekränkten Männer-Egos zu tun. Aber der Reihe nach.

Tesfaye pitchte das Konzept zur Serie über die Abgründe der Musikindustrie 2020. Inspiriert durch Britney Spears’ Mental Breakdown von 2006, sollte anhand des Schicksals der jungen Künstlerin Jocelyn (Lily-Rose Depp) beschrieben werden, durch welche Fleischwölfe die Cashcows der Branche mitunter gedreht werden.

Der seit dem Erfolg seiner Serie „Euphoria“ auf dem Erfolgsthron sitzende Regisseur und Produzent Sam Levinson wurde mit ins Boot geholt und los ging’s (teils ohne fertige Scripts und unter chaotischen Umständen, wie Crew-Mitglieder später dem amerikanischen Rolling Stone berichteten).

Zu feministisch für Abel Tesfaye

Das Endergebnis ist nun nicht mehr die Geschichte des Abrutschens in die Abhängigkeit zum ursprünglich albern angelegten Möchtegern Tedros (gespielt von Tesfaye). Sie ist stattdessen die Zurschaustellung einer brutalen hetero­toxischen Beziehung. Seimetz, die geschasste Regisseurin, hatte eine ganz andere Vision von der Story. Sie wollte auf satirische Art und Weise an die Sache herangehen.

Fast 80 Prozent der Serie waren schon abgedreht, als Abel Tesfaye einfiel, dass ihm das Ganze zu sehr aus „feministischer Perspektive“ erzählt würde. Er käme zu wenig vor, fühle sich zur Randfigur degradiert. Auch Produzent Levinson schloss sich dieser Sichtweise an, ersetzte flugs die Regisseurin durch sich selbst, änderte rückwirkend Drehbücher und gab dem Ganzen einen anderen Twist.

Es wurde fast komplett neu gedreht. Das unschöne, verstörende Verhältnis zwischen der jungen Sängerin und dem übergriffigen Nachtclubbetreiber und Mansplainer-Guru Tedros, unter dessen Einfluss sie im Verlauf der Handlung immer mehr gerät, wird zwar erzählt, der Fokus liegt aber auf der sexuellen Ebene, die durch überästhetisierte Bilder permanent reproduziert wird. Levinson orientiert sich dabei auffällig an Adrian Lyne („9 1/2 Wochen“) und Paul Verhoeven („Basic Instinct“), die sich beim Abfilmen des weiblichen Körpers kaum beherrschen konnten, so dass ihre interessanten Geschichten unter Gestöhne, Geficke und blanken Brüsten begraben wurden.

Ehrliche Dialoge fehlen

Auch in „The Idol“ bekommen wir Körper zu sehen. Sehr viel Körper. Und Tesfaye bemüht sich um aggressive Sinnlichkeit beim Liebesspiel. Das alles ist faszinierend anzusehen und hat sehr viel Geld gekostet ( 75 Millionen Dollar). Doch es bleibt die Frage, was die Macher wirklich angetrieben hat, derart an dem Projekt herumzuschrauben.

Vermutlich wurde aus Angst, die Deutungshoheit über die weibliche Hauptfigur zu verlieren und damit auch die Macht über die Geschichte, der Karren auf eine Nebenspur gelenkt, in der es nur noch um das bloße Performen prachtvoller Körper geht und kaum noch um Machtmissbrauch in psychischen Ausnahmesituationen. Statt ehrlicher Dialoge gibt es nun: Eiswürfel im Gegenlicht, die über steife Nippel gleiten und sinnfreies Gebrabbel.

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