Konzertempfehlungen für Berlin: Seesterne, Heldinnen und Training

Diese Woche gibt es in Berlin vorzügliche alte und entdeckungswürdige neue bis allerneueste Musik zu hören.

Alessandra Eramo am Mikro

Alessandra Eramo Foto: Ulla C. Binder

Manche Dinge kann man gar nicht oft genug preisen. Die Vorzüge der Renaissancemusik etwa. Vor allem derjenigen, die damals in Kirchen zum Zweck der geistlichen Erbauung erklang. Der spanische Komponist Tomás Luis de Victoria gehört zu den größten Vertretern der Spätrenaissance, mit Werken wie seiner Missa Ave maris stella aus dem späten 16. Jahrhundert. Auch Francisco Guerrero zählt zu den Meistern der spanischen Renaissance.

Sie beide sind am Donnerstag in der Philharmonie zu hören, wo der in Sachen alte Musik mehr als kundige RIAS Kammerchor sie unter der Leitung ihres Chefdirigenten Justin Doyle mit weiteren A-cappella-Werken, diese dann etwas jüngeren Datums, darbietet. Darunter Francis Poulenc als Repräsentant der Vorkriegsmoderne des 20. Jahrhunderts und der der Mystik nicht abgeneigte Finne Einojuhani Rautavaara. Verspricht eine reizvolle Mischung (Herbert-v.-Karajan-Straße 1, 29. 6., 20 Uhr, Tickets für 25-40 € gibt es unter (030) 20 29 87 25 und tickets@rias-kammerchor.de).

Das Schaffen von Komponistinnen kann man ebenfalls nicht oft genug preisen. Vorbehalte sollten heutzutage eigentlich kein Thema mehr sein, aber man weiß ja nie. Von Mittwoch an jedenfalls bietet das Festival Heroines of Sound in seiner aktuellen Ausgabe, verteilt auf die Orte Radialsystem und Errant Sound, unterschiedlichsten Künstlerinnen ein konzentriertes Programm.

Jüngere abenteuerlustige Musikerinnen wie Ale Hop, Alessandra Eramo oder Maya Shenfeld sind ebenso darunter wie die Elektronik-Nestorin Beatriz Ferreyra, die seinerzeit zur altehrwürdigen Groupe de Recherches Musicales gehörte und deren Musique concrète-Ansatz für sich weiterentwickelte, oder die Komponistin Pascale Criton, deren Hauptinteresse den Möglichkeiten miktronaler Frequenzen, diesen klitzekleinen Tonunterschieden, gilt (5.-9. 7., mehr Infos und Programm gibt es hier).

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Auch an Jazz steht diese Woche einiges an. Zum Gruppentraining lädt, gleichfalls am Mittwoch, das Duo Training des Saxofonisten Johannes Schleiermacher und des Schlagzeugers Max Andrzejewski in die Berlin School of Sound über dem Acud.

Als Gäste trainieren an diesem Abend mit ihnen die Flötistin Helena Weinstock-Montag, der Bratschist Gregoire Simon, Dan Peter Sundland am E-Bass und als Schlagwerkerin Mascha Junon. Animierte Graphiken dienen als Spielanweisung. Langweilig wird es mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit dabei nicht (Veteranenstr. 21, 5. 7., 20 Uhr, 10 Euro).

Noch mehr Jazz, immer noch am Mittwoch, steht im Kühlspot Social Club an. Dort stellt das Duo Madness & Arrogance des Posaunisten Gerhard Gschlößl und des Pianisten Marc Schmolling sein Album „Twelve Against Many“ vor.

Zwei sehr eigensinnige Künstler, die in ihren Improvisationen einander mit furchtloser Wachheit begegnen und vor dem Absurden im Zweifel auch nicht zurückschrecken. Der zweite Teil des Abends gehört dem Duo Nebbia/Borges mit der klangerkundungsaffinen Saxofonistin Camila Nebbia und der ähnlich entdeckungsfreudigen Schlagzeugerin Sofia Borges (Lehderstraße 74-79, 5. 7., 20 Uhr).

Schließlich kommt da noch am Donnerstag im WestGermany etwas auf uns zu. Wenn nämlich der Bassist Tony Elieh, der Trompeter Mazen Kerbaj und der Keyboarder Maurice Louca als Dog Plug aufeinandertreffen. Weil sie sich mit ihren Instrumenten allein nicht zufriedengeben, bringt jeder von ihnen noch ein wenig Elektronik mit, um den eigenen Klang beim Spielen nach allen Regeln der Kunst zu gestalten. Drei unerschrockene Künstler jeder für sich, kann man auch von dieser Begegnung einige neue Einsichten, über die Ohren gewonnen, erwarten (Skalitzer Straße 133, 6. 7., 21 Uhr).

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Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.

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