Kritik an Ungarn-Geldern: Von der Leyen muss mit Klage rechnen

Hat sich EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen von Ungarn erpressen lassen, um der Ukraine zu helfen? Das EU-Parlament will Klarheit und klagt.

Kommissionspräsidentin von der Leyen.

Als wären die EU-Sterne ein Heiligenschein: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Foto: Jean-Francois Badias/ap

BRÜSSEL taz | Knapp zwei Monate vor der Europawahl legt sich das EU-Parlament erneut mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an. Der Rechtsausschuss des Parlaments hat sich nun dafür ausgesprochen, gegen die Freigabe von 10 Milliarden Euro an Ungarn aus EU-Fördermitteln zu klagen. Von der Leyen habe die Auszahlung nicht ausreichend begründet und gefährde damit die Rechtsstaatsregeln, hieß es.

Für eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof fehlt allerdings noch grünes Licht von Parlamentspräsidentin Roberta Metsola. Dieses wird am kommenden Donnerstag erwartet. Theoretisch hat das Parlament sogar noch Zeit bis zum 25. März, wenn die Klagefrist abläuft. Mit einem Urteil wird aber erst in ein oder zwei Jahren gerechnet. Also lange nach der Europawahl und der Ernennung einer neuen EU-Kommission.

Aus Sicht der Abgeordneten des Parlaments hat die Klage grundsätzliche Bedeutung. Es gehe darum, den Ermessensspielraum der Kommission bei der Freigabe von EU-Geldern zu klären, sagten mit der Klage befasste Abgeordnete. Die Brüsseler Behörde kann bei Rechtsstaatsbedenken große Milliarden-Beträge aus dem EU-Budget einfrieren, diese aber auch wieder freigeben. Das EU-Parlament hat kein Mitentscheidungsrecht.

Im konkreten Fall geht es um 10 Milliarden Euro, die von der Leyen nur einen Tag vor dem EU-Gipfel im Dezember „aufgetaut“ hatte. Beim EU-Gipfel machte Ungarns Regierungschef Viktor Orbán dann überraschend den Beginn von EU-Beitrittsgesprächen für die Ukraine frei. Von der Leyen habe sich von Orbán „erpressen“ lassen, um der Ukraine zu helfen, heißt es vor allem bei den Grünen.

Verfehlte Rechtsstaatspolitik von der Leyens?

„Es kann nicht sein, dass die EU-Kommission 10 Milliarden an Viktor Orbán in einem Kuhhandel freigibt“, erklärte der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund. „Diese Klage ist die Antwort des Europaparlaments auf die verfehlte Rechtsstaatspolitik von Ursula von der Leyen.“ Ähnlich äußerte sich sein Parteifreund Sergey Lagodinsky. Ungarn dürfe nicht weiter „Mittel zur Erpressung der EU“ haben.

Vor zwei Jahren hatte das Parlament schon einmal gegen von der Leyen geklagt. Damals warf es der CDU-Politikerin vor, dass sie den neuen Rechtsstaatsmechanismus nicht nutze und Verstöße in Ungarn und Polen unbeantwortet lasse. Die Untätigkeitsklage wurde jedoch eingestellt, weil schließlich doch noch EU-Gelder eingefroren wurden. Man habe von der Leyen erfolgreich „zum Jagen getragen“. Nun müssten die Regeln geklärt werden, sagte ein Insider.

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