Leh­rer*­in­nen­man­gel in Berlin: Quereinsteiger füllen die Lücke

Der Mangel an Leh­re­r*in­nen stellt sich nicht ganz so dramatisch dar wie befürchtet. Eingestellt wurden vor allem Personen ohne Lehramtsabschluss.

Schülerin von hinten, sie blickt auf ein Smartboard, eine Lehrerin schreibt dort Zahlen an

An Grundschulen fehlen in Berlin etwas mehr Lehrkräfte als an Gymnasien Foto: Julian Stratenschulte / dpa

BERLIN taz | Die Bildungssenatorin freut sich, dass sie eine Zahl korrigieren kann. An den Schulen fällt der Leh­rer*­in­nen­man­gel nämlich wohl nicht so groß aus wie vor den Ferien befürchtet: Es fehlen im aktuellen Schuljahr „nur“ 716 Vollzeit-Lehrer*innen. Das sei das Ergebnis einer Abfrage an den Schulen. „Das ‚nur‘ in Anführungszeichen“, betont die Senatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) beim Gespräch mit der Presse am Mittwoch.

Im vorangegangenen Schuljahr hatten rund 970 Vollzeitstellen nicht besetzt werden können. Im Juli war die Verwaltung noch davon ausgegangen, dass ab September rund 1.460 Leh­re­r*in­nen fehlen würden. Auf der Halbierung der Zahl könnten sie sich allerdings nicht ausruhen, gab sie zu. Denn weiterhin sei der Anteil der Seiten- und Quer­ein­stei­ge­r*in­nen groß, „und das wird sich allein schon wegen der demographischen Entwicklung so bald nicht ändern“, so die Senatorin.

Berlin hat derzeit 706 öffentliche Schulen, es fehlt damit also im Schnitt eine Vollzeitstelle pro Schule. Allerdings ist der Mangel ungleich verteilt – in Hinblick auf Schulformen und auch regional. So sind in Tempelhof-Schöneberg und Steglitz-Zehlendorf fast alle Stellen besetzt, auch Friedrichshain-Kreuzberg und sogar Neukölln gehören zu den Bezirken, die mit je 98 Prozent vergleichsweise gut dastehen. In Lichtenberg sind nur 96,3 Prozent und in Marzahn-Hellersdorf sogar nur 92,2 Prozent der Stellen besetzt.

Auch nach Schulform zeigen sich Unterschiede. Während die Gymnasien recht gut ausgestattet sind, zeigt sich der Mangel deutlicher an Grund- und noch mehr an Förderschulen. An den Grundschulen seien zudem ganz besonders viele nicht voll ausgebildete Leh­re­r*in­nen eingestellt worden, räumte die Senatorin ein. In sieben Schulen sei es wegen des Leh­rer*­in­nen­man­gels nicht möglich den Unterricht komplett abzudecken, sagt Günther-Wünsch. „Nicht schön, aber dennoch überschaubar“, sagte sie.

Weiterbildung soll verbindlich werden

Mit 1.121 Personen haben laut Verwaltung weniger als die Hälfte der 2446 neu eingestellten Leh­re­r*in­nen ein abgeschlossenes Lehramtsstudium. Die Verwaltung ist damit weiter auf Quer­ein­stei­ge­r*in­nen, Sei­ten­ein­stei­ge­r*in­nen und „sonstige Lehrkräfte“ angewiesen. Als Quer­ein­stei­ge­r*in­nen gelten diejenigen, die zwar kein abgeschlossenes Lehramtsstudium haben, aber bereits eine pädagogische Ausbildung oder einen Abschluss in einem der Fächer, die sie unterrichten wollen. Sie werden neben ihrer Lehrtätigkeit weitergebildet und durchlaufen danach wie Lehramtsstudierende auch ein Referendariat.

Daneben gibt es die Leh­re­r*in­nen im Seiteneinstieg, die weder ein schulrelevantes Fach noch Pädagogik studiert haben. Unter „sonstige Lehrkräfte“ fasst die Senatsverwaltung vor allem Studierende und Pensionäre.

Mit Blick auf die Qualität des Unterrichts kündigte Günther-Wünsch an, dass sie die Weiterbildung der fachfremden Leh­re­r*in­nen verbessern und stärker organisieren wolle. „Wir werden prüfen, welche Fortbildungen und Qualifizierungsmaßnahmen für die Quer- und Seiteneinsteiger verbindlich werden“, sagte sie.

Um Leh­re­r*in­nen für die besonders bedürftigen Schulen zu gewinnen, will die Senatorin auf den so genannten „Klebeeffekt“ setzen: Ihrer Erfahrung nach würden Re­fe­ren­da­r*in­nen oft an ihren Ausbildungsschulen weiterarbeiten, „zumindest für die erste Zeit“. Ihr Ziel sei es daher, an diesen Schulen schon Stu­den­t*in­nen im Praxissemester und Re­fe­ren­da­r*in­nen unterzubringen. „Das machen wir in Rücksprache mit den Schulen, das bringt nur etwas, wenn die dort auch angemessen betreut werden können“, sagte sie.

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