Massaker an der saudischen Grenze: Deutsche Mitschuld?

Saudi-Arabien versucht sich als „normales“ Land darzustellen. Der Westen ist zu oft bereit, die blutigen Seiten des Regimes zu übersehen.

Außenminister:innen Annalena Baerbock und Prinz Faisal bin Farhan Al Saud.

Außenministerin Baerbock bei einem Treffen mit ihrem saudi-arabischen Kollegen in Dschidda im Mai 2023 Foto: Florian Gaertner/photothek/imago

Saudi-Arabiens ehrgeiziger Kronprinz und de-facto-Herrscher Mohamed Bin Salman setzt alles daran, sein Königreich ins Rampenlicht zu rücken. Gerade hat er in Dschidda ein großes Gipfeltreffen inszeniert, um sich als politischer Makler im Ukrainekrieg zu profilieren. Saudische Fußballvereine werben derweil mit spektakulären Summen Superstars wie Neymar an, um ihr Land auch im Sport als Schwergewicht zu etablieren.

In diese Glitzershow platzt nun Human Rights Watch mit einem Bericht, der eine monströse Seite des Königreichs ausleuchtet: sein Grenzregime. Saudische Grenzbeamte sollen in den vergangenen Monaten Hunderte von Mi­gran­t*in­nen getötet haben, die auf der Suche nach einem besseren Leben aus Äthiopien über den Jemen nach Saudi-Arabien zu gelangen versuchten. Das Ausmaß der dokumentierten Gräuel und die Brutalität sind erschreckend.

Mit ihrem Bericht durchkreuzt die Menschenrechtsorganisation nicht nur saudische Pläne, ihr Land als weltoffen und liberal zu präsentieren. Er kommt auch westlichen Regierungen ungelegen, die dabei sind, ihre Beziehungen zu Saudi-Arabien auszubauen. Dafür drücken sie mehr als ein Auge zu und sehen über die Schattenseiten des Regimes großzügig hinweg.

Deutschlands Topkunde: Saudi Arabien

Trotz des brutalen, von Saudi-Arabien angeführten Kriegs im Jemen, der bestialischen Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi und der zunehmenden Zahl an Hinrichtungen bildet Deutschland Beamte der saudischen Grenzpolizei (!) aus, und das Königreich ist ein Top-Kunde deutscher Rüstungskonzerne. Erst im Mai war Außenministerin Baerbock in Saudi-Arabien und warb für einen Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen.

Doch nach diesem Bericht darf es kein „Weiter so“ geben. Klar, auch Europa schottet sich gegen Flüchtlinge ab und nimmt ihren Tod im Mittelmeer billigend in Kauf. Aber Flüchtlinge an der Grenze einfach massenhaft erschießen? Das ist bislang nur der feuchte Traum der AfD und anderer Rechtspopulist*innen. Wer darauf nicht reagiert und zur Tagesordnung übergeht, macht sich mitschuldig.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Daniel Bax ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz. Er schreibt über Innen- und Außenpolitik in Deutschland, über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 veröffentlichte er das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.