Meduza-Auswahl 25. – 31. Januar: Der Mann mit „Hoffnung“ im Namen

Der Oppositionspolitiker Nadeschdin will bei der russischen Präsidentschaftswahl 2024 antreten, eine erste Hürde hat er überstanden. Texte aus dem Exilmedium.

Der russische Politiker Boris Nadeschdin.

Will bei den russischen Präsidentschaftswahlen an: der liberale Politiker Boris Nadeschdin Foto: Alexander Zemlianichenko/ap

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.

In der Woche vom 25. bis zum 31. Januar 2024 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:

27 Jahre Strafkolonie für Daria Trepowa

Keine andere Frau wurde im modernen Russland jemals zu einer höheren Strafe verurteilt als Daria Trepowa in diesem Januar. Die Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich sogar 28 Jahre Haft beantragt. Trepowa werden ein Terroranschlag sowie der illegale Erwerb und Transport von Sprengkörpern vorgeworfen.

Ein Gericht in St. Petersburg befand sie Ende Januar für schuldig, im vergangenen April den russischen Militärkorrespondenten Wladlen Tatarski getötet und einen Terroranschlag in einem Club in St. Petersburg begangen zu haben. Meduza beantwortet zehn Fragen rund um diesen Fall (russischer Text).

Große Augen sind im Osten Russlands das Ideal

Immer mehr Menschen im Fernen Osten Russlands entscheiden sich für eine Augenoperation, um ihre Augen zu vergrößern. Darüber berichtet ein Meduza-Beitrag, der im Original auf Russisch in der in Sibirien ansässigen Zeitschrift Люди Байкала (Menschen des Baikals)veröffentlicht wurde.

Der Text begleitet Natalya Badmajewa, die sich 2009 einer solchen Operation unterzogen hat. Sie war damals nicht die einzige Patientin, die sich dieser Art OP im Krankenhaus in Ulan-Ude, der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Burjatien im südöstlichen Sibirien, unterzog. Die Operation fand damals „im Geheimen statt“, erzählt sie.

Weltweit ist die „Blepharoplastik“ – der medizinische Begriff für eine Augenlid-Operation – nach der Brustvergrößerung und der Fettabsaugung der dritthäufigste Eingriff in der plastischen Chirurgie. Bei der Augenlidchirurgie liegt Russland weltweit an dritter Stelle, mit mehr als 92.000 Eingriffen allein im Jahr 2020.

Vorwürfe gegen lettische EU-Abgeordnete

Tatjana Ždanoka, lettisches Mitglied des Europäischen Parlaments, wird vorgeworfen, seit 2004 für den russischen Föderalen Sicherheitsdienst (FSB) gearbeitet zu haben. Meduza fasst die Vorwürfe in diesem Beitrag zusammen (englischer Text) und nimmt die Untersuchung des russischen unabhängigen Magazins The Insider als Grundlage.

Ždanoka war angeblich jahrelang in regelmäßigem Kontakt mit Dmitry Gladey, einem Mitarbeiter des St. Petersburger Büros des FSB. Im Zuge von Protesten gegen die estnische Regierung in der estnischen Hauptstadt Tallinn organisierte sie öffentliche Anhörungen im Europäischen Parlament, die sich mit diesen Protesten beschäftigten.

Außerdem startete Ždanoka eine Radiosendung, in der sie in Lettland lebenden Rus­s*in­nen vor Problemen „warnte“, sollten sie ihre Kinder auf lettischsprachige Schulen schicken. Ždanoka bestätigte gegenüber Journalisten, dass sie Gladey kennt. Weshalb sie ihm Dokumente zukommen ließ – so einige Vorwürfe –, erklärte sie aber nicht.

Eine neue „Hoffnung“ für Russland

Der russische Politiker Boris Nadeschdin (ein Nachname, dessen Wurzel im Russischen das Wort „Hoffnung“ ist) hat es geschafft, rund 200.000 Unterschriften für seine Präsidentschaftskandidatur im März 2024 zu sammeln. Trotz russischem Bürokratie-Ungeheuer ist er – unter allen Anti-Putin-Kandidaten – bisher am weitesten gekommen. Für seine Kampagne hat er doppelt so viele Stimmen bekommen, wie für eine Kandidatur notwendig sind. Jedoch wird ihm die Zentrale Wahlkommission ihre Zustimmung zur Kandidatur wohl nicht aussprechen.

Nadeschdins Verbündete machen sich keine Illusionen über seine Aussichten. Doch die Unterstützung für einen Herausforderer, der Position gegen den Krieg bezieht, ist eine erste sichtbare Bürgerbewegung der Opposition seit langer Zeit. In einer neuen Podcast-Folge von „The Naked Pravda“ analysiert Dr. Маrgarita Zavadskaya, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Finnischen Institut für Internationale Angelegenheiten, die Lage der Opposition in Russland (englischer Text).

Viraler Propagandafilm über „Investieren“ in Mariupol

„Ist es rentabel, in 'Zerstörung’ zu investieren?“. Diese Frage stellt sich ein Propagandafilm, der seit Ende Januar in den sozialen Medien TikTok und X kursiert. Im Mittelpunkt steht die südukrainische Stadt Mariupol, die seit Frühjahr 2022 von der russischen Armee besetzt ist und fast vollständig zerstört wurde. Nach der Annexion eines Teils der besetzten ukrainischen Gebiete begann Moskau mit dem Wiederaufbau der Stadt.

„Schockpreise für Wohnungen in Mariupol“ lautet der Titel der Doku, „Millionen für Ruinen“ der Untertitel. Meduza sammelt einige der Posts der sozialen Medien und beschreibt weitere Details über das Video, das von der „Kriegsberichterstatterin“ Regina Orechowa, einer Journalistin der russischen Staatsagentur RIA Novosti, produziert wurde (russischer Text).

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.