Moderne Wärmedämmung: Die Mär vom Schimmel im Passivhaus

Um die Folgen gut gedämmter Häuser ranken sich viele Gerüchte. Aber gute Dämmstoffe sind nicht mehr gesundheitsschädlich. Bleibt der Brandschutz, aber auch da lernt man.

Eine Styroporplatte wird zur Wärmedämmung montiert. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Unterschiede sind riesig: Es gibt Altbauten, die pro Quadratmeter Wohnfläche mehr als 20 Liter Öl im Jahr verheizen – und Neubauten, die mit weniger als einem Zehntel davon auskommen. Doch hat die neue sparsame Energiewelt nicht auch Nachteile? Schließlich umranken viele Gerüchte die hochgedämmten Häuser, speziell die höchstgedämmten Passivhäuser.

Unausrottbar scheint die Vorstellung, man könne oder dürfe im Passivhaus keine Fenster öffnen. „Natürlich dürfen die Bewohner jederzeit die Fenster öffnen, sie müssen es aber nicht“, korrigiert das Passivhaus-Institut in Darmstadt. Denn ins Passivhaus komme immer ausreichend Frischluft über die Lüftungsanlage, die zugleich Wärme aus der Abluft zurückgewinnt.

Viele Passivhausbewohner schalteten im Sommer ihre Lüftungsanlage ab und öffneten wie gewohnt die Fenster – wenn nicht geheizt wird, geht dabei auch keine Energie verloren. „Schimmel hat mit Dämmung nichts zu tun“, widerspricht Thomas Stark, Professor für Energieeffizientes Bauen in Konstanz, einem weiteren Mythos. Dämmung helfe vielmehr gegen den Schimmel, der gewöhnlich an kalten Wänden entsteht, vor allem in kalten Ecken, in denen die Luftfeuchtigkeit kondensiert. Wer also Fenster abdichtet, ohne die Wände entsprechend zu dämmen, kann Schimmel provozieren. Stark: „In Passivhäusern, die immer über eine kontrollierte Be- und Entlüftung verfügen, ist Schimmel kein Thema.“

Und wie gesundheitsverträglich sind die Dämmstoffe? Biozide in natürlichen Dämmstoffen seien „inzwischen kein ernsthaftes Thema mehr“, versichert der Professor. „Heute nutzt man Fasern, die sich auflösen, wenn sie in den Körper gelangen“, erklärt dazu der Freiburger Solararchitekt Rolf Disch.

„Von der Wiege zur Wiege“

Unter fortschrittlichen Architekten werde heute zudem das Thema „von der Wiege zur Wiege“ diskutiert, sagt Architekt Disch. Das bedeutet: Baustoffe sollen beim Abriss eines Hauses gut trennbar sein, damit die Rohstoffe für neue Materialien nutzbar sind. Schlichtes Recycling hat oft nur zur Folge, dass aus hochwertigen Rohstoffen minderwertige werden – aus Spezialkunststoffen etwa Parkbänke.

Bleibt noch der Brandschutz: Vor allem hochwertige Fenster stellen die Feuerwehr vor Herausforderungen. Früher zerplatzte das Glas recht bald, wenn es in einer Wohnung brannte. Heute kommen die Feuerwehrleute immer öfter zu „geschlossenen Bränden“, bei denen sie sich erst einen Zugang zum Brandherd verschaffen müssen, weil die Fenster dem Feuer lange standhalten. Sobald sie das Haus öffnen, gelangt viel Sauerstoff in das Haus. Eine Stichflamme entsteht. Bei Einfachverglasung hatte es diese Stichflamme oft schon gegeben, bevor die Feuerwehr anrückte.

„Damit müssen und können wir umgehen“, sagt gleichwohl Hans-Peter Guschl, Leiter der Abteilung Vorbeugender Brandschutz bei der Feuerwehr in Freiburg. Schließlich passe die Feuerwehr ihre Arbeit an die neuen Herausforderungen an. Zudem habe man parallel zur Entwicklung der Bautechnik auch immer ausgereifteres technisches Gerät verfügbar: „Unsere heutige Ausrüstung kann Stichflammen zwischen 800 und 1.000 Grad für etwa acht Sekunden aushalten. Das reicht bei Wohnhausbränden aus, auch bei Passivhäusern.“

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