Neue Drohungen aus Nordkorea: Korea "am Rand eines Krieges"

Ab Sonntag soll ein gemeinsames Manöver Südkoreas und der USA stattfinden. "Kriegslüsterne Elemente" hätten einen rücksichtlosen Plan für "Kriegsübungen" entwickelt, meint Nordkorea.

Soll beim Manöver zum Einsatz kommen: US-Flugzeugträger USS George Washington. Bild: dpa

SEOUL afp/dpa/rtr/dapd | Wenige Tage vor einem gemeinsamen Militärmanöver der USA und Südkoreas hat die kommunistische Führung in Pjöngjang vor einer weiteren Eskalation gewarnt. Das See- und Luftmanöver der "amerikanischen Imperialisten und ihrer südkoreanischen kriegstreiberischen Marionette" werde die koreanische Halbinsel "an den Rande des Krieges" bringen, zitierte die amtliche Nachrichtenagentur KCNA am Freitag aus einer offiziellen Erklärung.

"Kriegslüsterne Elemente" hätten erneut einen rücksichtlosen Plan für "Kriegsübungen" entwickelt, die sich gegen Nordkorea richteten, zitierte die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua am Freitag aus staatlichen nordkoreanischen Medien. Auf der Insel Yeonpyeong, Ziel des Angriffs vom Dienstag, waren erneut Artillerieschüsse zu hören, möglicherweise von einem nordkoreanischen Manöver.

Damit setzt die kommunistische Führung in Pjöngjang ihren Konfrontationskurs nach dem Artillerie-Angriff auf eine südkoreanische Insel am Dienstag fort. Erst am Donnerstag hatte Nordkorea mit weiteren Angriffen gedroht, sollte es sich durch den verfeindeten Süden provoziert fühlen.

Ab Sonntag wollen Südkorea und die USA ein Manöver abhalten. Damit soll einmal mehr militärische Stärke gegenüber Pjöngjang demonstriert werden. Nordkorea hatte im Juli angesichts eines südkoreanisch-amerikanischen Großmanövers mit einem "heiligen Krieg" und dem Einsatz mit Atomwaffen gedroht.

In der angespannten Lage auf der koreanischen Halbinsel ist das südkoreanische Militär am Freitag durch eine Reihe von neuen Explosionsgeräuschen an der Westküste aufgeschreckt worden. Das Feuer stamme offensichtlich von Schießübungen der nordkoreanischen Armee auf dem Festland, sagte ein Sprecher des Generalstabs vor Journalisten in Seoul. Es seien weder Granaten auf südkoreanischer Seite der Seegrenze, noch auf nordkoreanischer Seite im Wasser eingeschlagen.

Die Spannungen zwischen Nord- und Südkorea erreichten einen neuen Höhepunkt, nachdem Nordkorea am Dienstag die südkoreanische Insel Yeonpyeong beschossen hatte. Dabei wurden zwei südkoreanische Soldaten und zwei Zivilisten getötet, 18 weitere Menschen wurden verletzt. Südkorea erwiderte den Beschuss.

Die USA bekräftigten am Mittwoch ihre Unterstützung für die Regierung in Seoul und erklärten, dass sie an dem seit längerem geplanten Manöver im Gelben Meer festhielten. Die viertägigen Übungen, die am Sonntag beginnen sollen, seien "defensiver Natur". Derzeit ist der Flugzeugträger "USS George Washington" auf dem Weg in die Region.

Der südkoreanische Präsident Lee Myung Bak ernannte unterdessen den früheren Generalstabschef Kim Kwan Jin zum neuen Verteidigungsminister. Der bisherige Ressortchef war nach heftiger Kritik an der Reaktion Seouls auf den nordkoreanischen Beschuss am Donnerstag zurückgetreten. Kritiker hatten erklärt, Yeonpyeong sei nicht auf den Angriff Pjöngjangs vorbereitet gewesen und die südkoreanischen Streitkräfte hätten das Feuer zu spät erwidert.

Südkorea hatte nach weiteren Drohungen Nordkoreas verschärfte Einsatzregeln für sein Militär angekündigt. Es würden verschiedene Stufen von Gegenangriffen festgelegt, erklärte Staatschef Lee am Donnerstag in Seoul. Dadurch solle die Armee auf "nordkoreanische Provokationen" künftig härter reagieren können. Die Bodentruppen entlang der Grenze zwischen Nord- und Südkorea sollen den Angaben zufolge "drastisch" verstärkt werden. Ein Beschluss von 2006 zur Truppenreduzierung bei den Marineinfanteristen werde rückgängig gemacht.

Die südkoreanische Presse forderte die Regierung ihres Landes auf, bei einer neuerlichen Attacke Nordkoreas mit Härte zu reagieren. Der Rücktritt von Verteidigungsminister Kim müsse den Beginn für eine Reform des nationalen Sicherheitssystems markieren, schrieb etwa die Zeitung Chosun Ilbo am Freitag.

Die Zeitung Dong A Ilbo kommentierte, Südkorea und die USA müssten Nordkorea "wecken und eine starke Botschaft senden, dass wir es ihnen heimzahlen werden", wenn es die umstrittene Grenze im Gelben Meer überschreite. Kritik wurde zudem an der Zurückhaltung Chinas geübt, das den nordkoreanischen Angriff nicht offen verurteilt hatte.

Der UN-Menschenrechtsgesandte für Nordkorea, Marzuki Darusman, warnte Pjöngjang vor einer weiteren Isolation. In Zeiten, in denen Nordkorea angesichts der Menschenrechtslage und der humanitären Bedürfnisse im Lande die Hilfe der internationalen Gemeinschaft brauche, sei dies ein Fehler, sagte Darusman am Freitag in der südkoreanischen Hauptstadt.

Dort war er zu seinem ersten Besuch seit seinem Amtsantritt. Eine Einreiseerlaubnis für Nordkorea erhielt Darusman nicht. Er betonte, dass Südkorea nach den schweren Überschwemmungen im Norden 5000 Tonnen Reis und 250.000 Säcke Zement angeboten habe. Nach dem Angriff vom Dienstag wurde jedoch alle humanitäre Hilfe bis auf weiteres gestoppt.

Nord- und Südkorea haben nach dem Ende des Korea-Krieges von 1950 bis 1953 noch keinen Friedensvertrag unterzeichnet und befinden sich formell weiter im Kriegszustand.

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