Neue Gerüchte um Karstadt: Wird Frau es richten?

Karstadt steht offenbar vor der Zerschlagung. Die Jobs der 20.000 Mitarbeiter sind in Gefahr. Kommt Ex-Ikea-Topma- nagerin Eva-Lotta Sjöstedt zur Rettung?

Bleiben die Lichter an? Die Zukunft von Karstadt ist weiterhin ungewiss. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Karstadt-Gerüchteküche ist um eine Geschichte reicher: Ikea-Topmanagerin Eva-Lotta Sjöstedt werde neue Vorsitzende der Geschäftsführung der seit 1881 bestehenden Traditionsfirma, meldet der Spiegel.

Sjöstedt würde damit den glücklosen Briten Andrew Jennings ablösen, dessen Ausscheiden zum Jahresende schon im Juni verkündet worden war. Für die Essener Karstadt-Zentrale wäre das eine Art Erlösung – andere KandidatInnen sollen zuvor reihenweise abgesagt haben.

Bestätigen will Karstadt die Personalie allerdings nicht – ebenso wenig wie Spekulationen, der bisherige Karstadt-Eigner Nicolas Berggruen sei nur noch auf Zeit Herr über das Unternehmen.

Denn nach einem Bericht des Manager Magazins soll Berggruen dem schillernden österreichischen Immobilieninvestor René Benko und dessen Geschäftspartner, dem israelischen Diamantenhändler Beny Steinmetz, bereits eine Option eingeräumt haben: Die beiden könnten 75,1 Prozent des operativen Tagesgeschäfts der verbliebenen 83 Karstadt-Warenhäuser übernehmen.

Sinn machen würde der Deal: Schon im September hat der erst 36-jährige Selfmademan Benko über seine Signa-Gruppe ebenfalls 75,1 Prozent an Karstadts Edelstandort-Geschäft übernommen – dazu gehören das KaDeWe in Berlin, das Alsterhaus in Hamburg sowie Oberpollinger in München, ebenso die Sporthäuser. Außerdem ist Benko der mit Abstand größte Vermieter des Essener Konzerns. Signa gehören mittlerweile 21 der von Karstadt in innerstädtischen Toplagen genutzten Immobilien.

Dreistelliger Millionenbetrag für Berggruen

Berggruen, der Karstadt im Sommer 2010 für nur einen Euro aus der Insolvenzmasse des untergegangenen Arcandor-Konzerns von Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz übernommen hat, könnte massiven Profit aus dem Deal ziehen.

Folgt man in der Presse zitierten Insiderinformationen, könnte er von Benko mit 24,9 Prozent an einer Immobiliengesellschaft beteiligt werden, der 18 Karstadt-Immobilien gehören. Am Ende könnte der deutsch-amerikanische Investor einen dreistelligen Millionenbetrag kassieren.

Gewerkschafter, die Berggruens Einstieg wegen seines Versprechens, bei Karstadt zu investieren und so Arbeitsplätze zu retten, unterstützt hatten, sind deshalb alarmiert. „Nicht einen Euro“ habe Berggruen in das Unternehmen gesteckt, sagt Ver.di-Sprecherin Christiane Scheller. „Zur Sanierung haben bis heute nur die Beschäftigten immer wieder auf Geld verzichtet. Seit 2004 sind das mehr als 650 Millionen Euro.“

Selbst das seit Jahren kursierende Gerücht, Karstadt solle zerschlagen werden, wird von Gewerkschaftsseite ernst genommen: Die wenigen profitablen Häuser könnten mit dem Konkurrenten Kaufhof fusioniert werden, an dem Ferrari-Liebhaber Benko gemeinsam mit seinem Partner Steinmetz ebenfalls Interesse haben soll

„Die Beschäftigten brauchen endlich Klarheit darüber, wohin die Reise des Unternehmens gehen soll“, fordert Arno Peukes, Verhandlungsführer der Ver.di-Tarifkommission bei Karstadt. Schließlich mache die „seit vielen Monaten andauernde Intransparenz“ den nach mehreren Entlassungswellen verbliebenen 20.000 Beschäftigten zu schaffen. Benko und Steinmetz müssten endlich klarmachen, was genau sie mit der Traditionsfirma vorhätten.

Handelsexperten jedenfalls zeichnen schon heute ein düsteres Bild der Konzernzukunft. „Ich befürchte den Untergang von Karstadt als nationalem Warenhausbetreiber“, kritisiert Thomas Roeb, Professor an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. „Die Bestandteile“ gingen in diesem Fall „entweder an die Konkurrenz, werden mit Kaufhof fusioniert oder dichtgemacht“.

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