Neues Album von US-Künstlerin L'Rain: The most bitch thing​

US-Künstlerin L'Rain bringt ihre Signatur auf dem neuen Popalbum „I killed your Dog“ meisterhaft zur Geltung. Es ist feinsinnig und experimentell.

L'Rain im rötlichen Halbschatten, der konzentrische Kreise wirft

Ob sie auch im Regen singt? L'Rain Foto: Alice Plati

Es ist ein Elend mit diesem Herzen: Verlieren kann man es leicht, und wenn man Pech hat, wird es dann gebrochen. Wie weh Letzteres tun kann, davon kann auch die New Yorker Multiinstrumentalistin, Komponistin, Sängerin und Kuratorin Taja Cheek alias L’Rain ein Lied singen.

Und sogar nicht nur eins. Als einsam und verzweifelt beschreibt sie sich in diesen. Sie fühle sich so, als sei sie ein Stück billiges Papier, das auf dem Boden zerbröselt, erklärt sie in „Our Funeral“, eben so gut wie ein totes Mädchen, das von ihren Entführern mit Sonnenbrille zurechtgemacht wurde, auf „Pet Rock“.

Mit ihrem dritten Album „I Killed Your Dog“, das kürzlich beim US-Label Mexican Summer erschienen ist, reiht sich L’Rain in die lange Reihe der Liebeskummerwerke des Pop ein. „I Killed Your Dog“ handelt von gebrochenen Herzen, von Trauer, Sehnsucht und Rachegefühlen, davon, wie es ist, diejenigen, die einem am nächsten stehen, zu verlieren oder zu verletzen.Wenig originell mag das klingen.

Dem britischen Crack Magazine gegenüber hat Cheek unlängst selbstironisch erklärt, sie habe sich überlegt, was „the most basic bitch thing“ wäre, über das sie sprechen könnte – über Typen nämlich. Über zwei Jahre ist es her, dass L’Rain „Fatigue“ veröffentlichte, ein entgegen seines Titels ziemlich aufgewecktes, aufregendes Album, das 2021 auf einigen Jahresbestenlisten weit oben mitspielte. Entsprechend hoch waren die Erwartungen nun an das nachfolgende Werk.

Das Tape ist ausgeleiert

„I Killed Your Dog“ setzt da an, wo die Künstlerin mit „Fatigue“ aufgehört hat, wirkt aber in sich noch stimmiger, trotz oder gerade weil L’Rain darin so viele Einflüsse und Versatzstücke miteinander verschränkt. Musikalische Collagen baut sie aus Folk, dem R&B der 1990er, Ambient, Synthiepop, Field Recordings, Indierock und Black Music, Gospel, ein bisschen Jazz ist auch dabei – Cheeks Großvater besaß einen Jazzclub in New York. Ihre betörende Stimme setzt L’Rain als verbindendes Element ein.

L'Rain: „I killed your Dog“ (Mexican Summer/SPV)

Das ziemlich unpräzise Adjektiv experimentell beschreibt L’Rains Musik wohl am besten. Eine Slow-Motion-Ballade ist „Our Funeral“. Auf „Pet Rock“ zitiert sie die „The“-Bands der Nullerjahre, klingt ein bisschen so, als würde man ein altes Tape von The Strokes mit ausgeleierten, mehrfach verwendeten Bändern abspielen, vielleicht eine jener Kassetten, die man mit einem Stück Tesafilm unüberspielbar gemacht hatte und auf der man das ursprünglich Aufgenommene aber immer noch vernehmen kann.

Folkiger wird es auf „5 to 8 Hours a Day (­WWwaG)“ mit Gitarre und Trompete, während L’Rains Gesang zum Spoken Word übergeht, wabernde Synthesizer bestimmen „r(EMOTE)“. „New Year’s UnResolution“, das bereits im Juni erschienen ist, das poppigste und finale Stück des Albums. Es erzählt davon, was nach dem großen Herzschmerz kommt, wenn Alleinsein zum Alltag wird. „Will you forget me along the way?“, lautet der letzte Satz des Songtextes.

„I Killed Your Dog“ ist ein persönliches Album, ein tragikomisches auch. Cheeks feiner Witz macht sich vor allem in den kleinen Zwischenspielen bemerkbar. Auf „Oh Wow, a Bird!“ etwa, einem 4-Sekünder, das in eben diesem Ausruf mündet. Oder auf „What’s that song?“, einer Sprachnachricht, in der der Absender einen Jazzsong vorsingt, mit viel du, du, du, dum, dum, dum und ba-da, ba-da, ba-da – „I know it sounds like all of them“ – bis er tatsächlich losgeht, der Song, der genau so klingt.

Und der Hund? Dem geht es vermutlich gut. Der titelgebende Song lässt offen, ob nicht doch sie selbst mit jenem Hund gemeint ist, den sie getötet habe: „I killed your dog, I am your dog, I killed your dog“. Erst kürzlich hat sie sich selbst einen zugelegt, wie zu erfahren war, einen Havaneser-Pudel-Mischling namens „Icon“.

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