Oberbürgermeister-Wahl in Nordhausen: Bangen vor der Stichwahl

In Nordhausen kommt der AfD-Kandidat auf 42 Prozent, muss aber in die Stichwahl. Nun hoffen einige auf den Gegenkandidaten.

Ein Wahlplakat, bei dem der AfD-Kandidat Jörg Prophet mit schwarzer Farbe unkenntlich gemacht wurde

Diese Modifikation des AfD-Wahlplakats in Nordhausen hat auch nichts gebracht Foto: Funke Foto Services/imago

LEIPZIG taz | Nach dem ersten Durchgang der Oberbürgermeisterwahl im thüringischen Nordhausen am Sonntag hat der AfD-Kandidat Jörg Prophet gute Chancen auf den Oberbürgermeister-Posten. Der AfD-Politiker erhielt 42,1 Prozent der Stimmen und landete mit deutlichem Vorsprung auf Platz eins.

Das zweitbeste Ergebnis erhielt der parteilose Amtsinhaber Kai Buchmann mit 23,7 Prozent. Weil keiner der beiden mehr als 50 Prozent der Stimmen erreichte, treten sie am 24. September in einer Stichwahl gegeneinander an.

Amtsinhaber Buchmann sagte am Montag der taz: „Mein Ergebnis im ersten Wahlgang ist gut. Es ist für mich das beste Ergebnis, das ich erwarten konnte in der aktuellen Situation.“ Nun müssten sich die Menschen in der Stichwahl entscheiden. „Deshalb ist ein Sieg von Herrn Prophet noch nicht ausgemacht.“

Insgesamt traten bei der Wahl sechs Kan­di­da­t:in­nen an. Die SPD-Bewerberin und Vize-Oberbürgermeisterin Alexandra Rieger kam auf 18,6 Prozent. Der parteilose CDU-Kandidat Andreas Trump erreichte 11,2 Prozent, der Grüne Carsten Meyer 1,4 Prozent, Stefan Marx von der FDP 3 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 56,4 Prozent und damit um einiges höher als im ersten Wahlgang 2017 (44,6 Prozent).

Maier macht sich „Sorgen um die Zukunft von Nordhausen“

Ob die demokratischen Parteien für die Stichwahl eine Empfehlung für Buchmann abgeben, ist noch offen. Die Ortsverbände von CDU, SPD und Grünen teilten auf Anfrage mit, dass sie darüber noch beraten würden. Die Entscheidungen würden spätestens am Dienstagmorgen bekannt gegeben.

Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sagte zum Wahlergebnis, dass er sich Sorgen um die Zukunft von Nordhausen mache. Auch Grünen-Fraktionschefin Astrid Rothe-Beinlich, erklärte via X, vormals Twitter, das Ergebnis könne „man nicht schönreden“. Nun gelte es für alle De­mo­kra­t*in­nen erst recht zusammenzustehen. Die Bundestagsvizepräsidentin und Thüringerin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) erinnerte daran, dass Nordhausen auch Standort „eines grausamen Außenlagers des KZ Buchenwald war“. Sie hoffe, „dass sich jetzt alle, die das #NieWieder in ihrem Gegenwartsgedächtnis haben, erinnern, was zu tun ist“.

Jens-Christian Wagner, Leiter der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora, erklärte, er möge die Nordhausener. Dass fast die Hälfte von ihnen für einen extrem Rechten gestimmt haben, entsetze ihn. „Hoffen wir, dass die demokratische Mehrheit in der Stichwahl hält!“ Laut dem Jenaer Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) konnte AfD-Kandidat Prophet „vom Effekt der Bundesebene und der Schwäche der Demokrat*innen“ profitieren.

Prophet hält Abstand zu Björn Höcke

Nordhausen liegt im Norden von Thüringen und hat knapp 41.000 Einwohner:innen. Seit 2008 trägt die Stadt den Titel „Ort der Vielfalt“. Bisher war Nordhausen nicht als AfD-Hochburg bekannt. Bei der Bundestagswahl 2021 wurde die SPD dort mit 28,7 Prozent stärkste Kraft. Die AfD erhielt damals 20,8 Prozent und damit 8 Prozentpunkte weniger.

Seit 2012 war Klaus Zeh von der CDU Oberbürgermeister der Stadt, der sein Amt 2017 aus gesundheitlichen Gründen aufgab. Bei der daraufhin notwendigen Wahl im Oktober 2017 kam Buchmann ins Amt. Im Frühjahr 2023 wurde dieser vorübergehend suspendiert, er war seit August aber wieder im Amt. Der Landkreis wirft ihm 14 Dienstpflichtverletzungen vor. Unter anderem geht es um mutmaßliches Mobbing gegen seine Stellvertreterin Rieger. Buchmann hatte alle Vorwürfe zurückgewiesen.

Jörg Prophet ist Fraktionsvorsitzender der AfD im Nordhäuser Kreistag und Stadtrat. Der 61 Jahre alte Unternehmer tritt nicht extrem auf, sondern bürgerlich und gemäßigt. Im Gegensatz zu Sonnebergs AfD-Landrat Robert Sesselmann hat sich Prophet im Wahlkampf vor allem auf Lokalthemen fokussiert und Distanz zu AfD-Landeschef Björn Höcke gehalten. In Thüringen wird die AfD vom Landesverfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft und beobachtet.

Würde Prophet die Stichwahl gewinnen, hätte die AfD das dritte prominente Amt auf kommunaler Ebene inne. Im Juni gewann die Partei die Landratswahl im süd­thü­ringischen Sonneberg, im Juli die Bürgermeisterwahl in Raguhn-Jeßnitz in Sachsen-Anhalt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.