Personenführung #28: Klaus Wolschner: Der Mann ist eine Wundertüte

Er ist der Uneitelste von allen – und war von Beginn an als Mitgründer der taz dabei.

Bild: privat

Mit einem Symposium beging er seinen Abschied aus dem Dauerdienst in der taz. Seine ältesten Mitstreiter staunten, als Klaus Wolschner ihnen da offenbarte, warum sie damals die taz.bremen gegründet hätten: „Wir wollten den Raum öffnen für eine politische Option jenseits der absoluten Mehrheit einer rechten SPD in der Stadt.” Bitte was? Wollten wir nicht einfach nur guten Journalismus machen? Ihr vielleicht. Aber doch nicht Klaus Wolschner!

Das mit der anderen Mehrheit hat nachhaltiger geklappt als mit der Lokalzeitung: Sechs Jahre dauerte es, da hatten die Bremer die Ampelkoalition erfunden. Die absolute Mehrheit der SPD war für immer hin. Der Lokalteil dagegen ging nach über 20 Jahren in der taz.nord auf. Auch weil er zu spät gegründet wurde, als die große Zeit der Lokalzeitungen vorbei war, ist Klaus Wolschner überzeugt. Früh hat er das Internet entdeckt und Dinge getrieben, die man heute Bloggen nennen würde – als Verlängerung der Zeitung.

Er ist ein early adopter: Unter Kollegen, die seine Kinder sein könnten, war er der erste, der Texte von unterwegs schickte und digital fotografierte. Apropos Kinder: Man konnte denken, Klaus Wolschners ganzes Leben gelte dem Länderfinanzausgleich, der Pisa-Misere oder Bremens Investitionsruinen. Aber nur bis mittags. Dann raste er auf seinem Kabinenroller nach Hause und kochte für seine Kinder. Erst danach ratterte das 2-Finger-Maschinengewehr, oft bis kurz vor Andruck.

Jetzt sind die Kinder groß, die taz auch, und Klaus Wolschner kann sich anderen Dingen zuwenden: Chormusik, Tennis, Schach, Journalismuslehre. Wie groß sein Anteil am Wachsen der taz ist – dass er sie mitgegründet hat, undercover in der DDR recherchierte, den kurzen, heftigen Frühling der Ost-taz verantwortete –, davon erfuhren KollegInnen bestenfalls en passant, manchmal nach Jahren. Weil er der uneitelste von allen ist.

Jan Kahlcke