Personenführung #36: Simone Schlindwein: Respekt als Lebensversicherung

Afrika-Korrespondentin Simone Schlindwein weiß, dass es ein Leben jenseits des Sterbens geben muss.

Bild: privat

Wenn sie erzählt, wie ihr bei Goma im Kongo die Kugeln um die Ohren flogen oder wie sich in Bangui in der Zentralafrikanischen Republik der Leichengeruch anfühlte, könnte man sie für die Art von Kriegsreporterin halten, die vor allem im Frontdasein aufblüht. Simone Schlindwein, taz-Korrespondentin im Afrika der Großen Seen, hat aber genug Kriegsreportagen geschrieben, um zu wissen, dass es ein Leben jenseits des Sterbens geben muss.

Akteure als Menschen sichtbar machen

Ihr ist kein Weg zu schwierig, um an ihre Geschichten zu kommen. Ihre Berichterstattung aus einigen der brutalsten Kriegsgebiete Afrikas, des Kongo, der Zentralafrikanischen Republik, bleibt nicht im Exotismus stecken, der sich vordergründig schaudernd abwendet und gleichzeitig heimlich am Elend und an der Gewalt delektiert. Sie versucht, die Akteure als Menschen sichtbar zu machen und zu verstehen – die jungen Kämpfer, die aus banalen und widersprüchlichen Motiven furchtbare Verbrechen begehen, ebenso wie ihre Anführer, deren Antrieb und Auftreten oft komplexer sind, als man in wenigen Zeilen erklären kann.

Dann werden es eben viele Zeilen, was für die Heimatredaktion immer wieder eine Herausforderung ist, der man sich aber gern stellt. Unterstützung aus der Redaktion ist für diese Art von Berichterstattung eine Grundvoraussetzung, ebenso wie ihre physische und psychische Belastbarkeit, eine Antenne für schwierige Situationen und Menschen - und eine schusssichere Weste. Ihre eigentliche Lebensversicherung ist ihre Bekanntheit – Rebellen, Warlords, Regierungstruppen, NGO-Mitarbeiter: Alle kennen die taffe deutsche Journalistin, wissen, wie Schlindwein vom Geschehen berichtet. Sie hat sich mit ihrer Arbeit – seit 2011 als Pauschalistin für die taz – vor Ort Respekt verschafft.

Die Region lässt sie nicht mehr los

Seit 2004, als die 1980 in Baden-Württemberg geborene Journalistin im Rahmen eines Filmauftrags erstmals in den Kongo reiste und zufällig genau dann im ostkongolesischen Bukavu landete, als die Rebellen von Laurent Nkunda die Stadt überrannten, haben die Dauerkrise des Kongo und die Konfliktdynamik der gesamten zentralafrikanischen Region sie nicht mehr losgelassen.

Ausgebildet mit einem Osteuropa-Schwerpunkt, verbrachte Simone Schlindwein zunächst mehrere Jahre als Reporterin im Spiegel-Büro von Moskau, bevor sie 2008 den Sprung nach Afrika unternahm – nach Uganda, wo sie bis heute lebt, als Basis zur Erkundung der Region für Printmedien und Rundfunk.

Dominic Johnson