Pistorius in Bosnien und Herzegowina: Absage an Abspaltungsfantasien

Der Verteidigungsminister betont das Engagement Deutschlands. Zum Präsidenten der serbischen Teilrepublik findet er deutliche Worte.

Ein Mann steht vor einem Mikrofon

Verteidigungsminister Boris Pistorius setzt weiter auf Eufor-Truppen Foto: Lisi Niesner/reuters

SARAJEVO taz | Im Haus der Armee, dem Dom Armija in Sarajevo, war schon alles angerichtet, als der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius am Dienstag dort zu einem Treffen mit seinem Amtskollegen Zukan Helez erschien. Neben dem Tross der deutschen Presse waren auch die wichtigsten Medien aus Bosnien und Herzegowina erschienen. Mit Spannung erwartete man klärende Worte zur Position Deutschlands in der weltpolitischen Gemengelage auf dem Balkan.

Die Hoffnungen auf Deutschland sind in der bosnisch-herzegowinischen Hauptstadt Sarajevo hoch – und wurden immerhin nicht völlig enttäuscht. Verteidigungsminister Pistorius betonte: Das Engagement Deutschlands in Bosnien und Herzegowina wolle er kontinuierlich fortsetzen. Man wolle verhindern, dass Russland „einen weiteren Krisenherd, einen weiteren möglicherweise zu destabilisierenden Raum missbrauche, um seinen Einfluss zu erweitern, in der Annahme oder in der Hoffnung“, den Westen so destabilisieren zu können, sagte Pistorius.

Der SPD-Politiker erteilte der Abspaltungsrhetorik von Milorad Dodik, Präsident des serbischen Teilstaats (Republika Srpska) des Bundesstaats Bosnien-Herzegowina, eine deutliche Absage: Man könne nicht auf zwei Hochzeiten tanzen, sagte er. Damit spielte Pistorius auf die Drohungen des serbisch-bosnischen Dodik an, er werde die serbische Entität aus dem Gesamtstaat Bosnien und Herzegowina herauslösen.

Dodik steht derweil seit Montag in Sarajevo vor Gericht, wegen seines Widerstands gegen den Hohen Repräsentanten Christian Schmidt. Das Amt des Hohen Repräsentanten mit seinen weitreichenden Befugnissen – unter anderem das Aufheben von Gesetzen und Entlassen gewählter Vertreter – gibt es seit dem Ende des Bosnien-Krieges im Jahr 1995. Dodik habe seine Entscheidungen missachtet. Ein „rein politischer Prozess“ sei das, so Dodik. Bis zu fünf Jahre Haft drohen dem 64-Jährigen, der als kremlnah gilt.

Ist auf die Eufor unter ungarischem Kommando Verlass?

Der gesamte westliche Balkan sei für die Sicherheit und die Stabilität in Europa von großer Bedeutung, sagte Pristorius. Sein Amtskollege Helez erklärte, Bosnien und Herzegowina werde eine Abspaltung – wie sie etwa Dodik gefallen würde – nie akzeptieren, warnte aber vor der weiteren Destabilisierung des Landes.

Die bisherige Sicherheitskonstruktion – die Sicherheit des Landes in den Händen der Militärmission Eufor (European Union Force) zu legen – ist in Bosnien und anderen Ländern allerdings umstritten. Denn das Kommando der Eufor übernahm im Sommer Ungarn. Angesichts der prorussischen Haltung des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán sei damit der Bock zum Gärtner gemacht, so die Kritik. Die ungarischen Truppen könnten – so befürchten bosnische Analytiker – in einem Konfliktfall die Seiten wechseln.

Das wollen die Militärs beider Länder aber nicht glauben. Auf Nachfrage der taz wollten weder Helez noch Pristorius eine klare Stellungnahme zu der Forderung, Nato-Truppen in Bosnien zu stationieren, abgeben. Für Helez ist das zwar durchaus denkbar, doch Pistorius deutete an: Nur in letzter Konsequenz solle die Nato die Stabilität des Landes garantieren müssen.

Mitarbeit: Lisa Schneider

Hinweis: Im Text stand, dass die Vereinten Nationen den Hohen Repräsentanten ernennen. Das ist nicht korrekt, er wird vom Peace Implementation Council ernannt. Wir haben die Passage entfernt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.