Plan für Aktienrente: Eine Subvention für die Börse

Der Plan für eine Aktienrente in Deutschland hat gleich mehrere Schwächen. Besser wäre, endlich Pensionen und Renten in einer Kasse zusammenzulegen.

Eine ältere Frau schwimmt in einem Pool mit einem Schwimmreifen

Auch mit der Aktienrente müssten viele Rentner sich weiter mühsam über Wasser halten Foto: Imago

Manche Projekte sind so unsinnig, dass sie sofort depressiv machen: Dazu gehört die „Aktienrente“. Sie ist das Lieblingsprojekt von FDP-Finanzminister Christian Lindner, der damit ein „Generationenkapital“ aufbauen will.

Die Grundidee klingt erst einmal einleuchtend: Bekanntlich gibt es immer mehr Alte, aber weniger Junge, die in die Sozialkassen einzahlen. Also will Lindner die gesetzliche Rente durch einen staatlichen Aktienfonds ergänzen. Im Koalitionsvertrag steht, dass jährlich 10 Milliarden Euro in diesen Fonds fließen sollen; es könnten aber auch 12 Milliarden sein, wenn es nach ­Lindner geht.

Der Plan hat gleich mehrere Schwächen. Erstens: Wenn der Staat in die Aktienmärkte drängt, werden die Papiere automatisch teurer. Davon profitieren die Reichen, die diese Aktien besitzen. Es ist also ein Subventionsprogramm für Wohlhabende, was auch erklärt, warum sich die FDP so vehement für diesen Plan einsetzt.

Zweitens: Die Rentner hingegen profitieren fast gar nicht von diesem Aktienfonds. Denn das Geld soll ja in die Aktien fließen, nicht in die Renten. An die Alten würden nur die Gewinne des Fonds ausgeschüttet, was ein mickriger Prozentsatz der Gesamtsumme wäre.

Zudem wäre, drittens, gar nicht sicher, dass es überhaupt Renditen gibt. Denn Lindner stellt sich einen Kreisverkehr des Geldes vor. Der Aktienfonds soll durch Kredite finanziert werden – und zunächst wären die Zinsen für diese Darlehen zu bezahlen, bevor überhaupt Gewinne für die Rentner übrig blieben.

Viertes Problem: Die Finanzmärkte sind sehr volatil, und gelegentlich kommt es auch zu Crashs. Dann wäre vom Fonds kaum noch etwas übrig. Lindner stellt sich daher vor, dass der Staat „eventuelle Verluste“ ausgleicht. Wenn aber der Staat sowieso im Zweifel einspringen muss, kann man auch gleich bei der gesetzlichen Rente bleiben.

Die Rentendebatte krankt zudem daran, dass die Reformvorschläge fast immer von Politikern und Professoren stammen – die selbst nicht betroffen sind, weil sie im Alter keine Renten, sondern Beamtenpensionen kassieren. Also wird die naheliegende Reform ausgeblendet: Nie wird vorgeschlagen, Pensionen und Renten in einer Kasse zusammenzulegen.

Österreich ist diesen Weg gegangen und kann deutlich höhere Renten zahlen. In Deutschland hingegen sind die Pensionen meist üppig, während viele Renten kaum reichen. Doch diese Ungerechtigkeit wird eisern beschwiegen, weil Politiker und Ministerialbürokratie ihre eigenen Privilegien infrage stellen müssten. Lieber plant man eine untaugliche „Aktienrente“.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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