Polizei: Schwulenhasser zum Rapport

Der Polizeipräsident geht abfälligen Äußerungen über Schwule in seiner Behörde nach. Beamte haben ihre Vorurteile in internen E-Mails offen gezeigt. Bestraft werden sollen sie dafür nicht.

So offen wie in Wien sind Berliner Polizisten beim Thema Homosexualität leider noch nicht. Bild: DPA

Die Berliner Polizei nimmt für sich in Anspruch, tolerant und vorurteilsfrei gegenüber Schwulen zu sein. Das wollte Polizeipräsident Dieter Glietsch unterstreichen, als er vor seinem Präsidium am Platz der Luftbrücke die Regenbogenfahne hissen ließ. Die Aktion war ein Schuss ins Schwarze, aber anders als Glietsch sich das ausgemalt hat. Abfällige Äußerungen über Schwule machten im polizeiinternen E-Mail-Verteiler offen die Runde. 29 Schreiber von E-Mails hat der Polizeipräsident nun zu sich bestellt. Einzeln. Es gehe ihm nicht darum, Sanktionen zu verhängen. Er wolle mit den Briefeschreibern über Diskriminierung von Schwulen und homophobe Gewalt diskutieren, sagte Glietsch am Montag zur taz.

Die Regenbogenfahne war am 25. Juni erstmals anlässlich des Christopher Steet-Days vor dem Polizeipräsidium gehisst worden. Glietsch hatte damit eine Anregung des schwulen Anti-Gewalt-Projekts Maneo aufgegriffen, das in Berlin ein Notruf-Überfalltelefon für Schwule betreibt. Eigentlich sollte die Einladung zum feierlichen Hissen der Fahne in der Polizei nur an die Dienststellenleiter geschickt werden. Durch ein Versehen waren aber per polizeinternen E-Mail Verteiler alle 22.500 Mitarbeiter bedacht worden.

40 Beamte verschiedenster Altersgruppen und Dienstgrade antworteten flugs und bekundeten keineswegs nur Zustimmung. Ob die Polizei nichts wichtigeres zu tun habe, als für die Fahnenfeier Personal anzufordern, fragten einige. Andere wollten wissen, warum das Regenbogensymbol vor dem Präsidium flattern dürfe, Deutschlandwimpel an Polizeiautos bei WM und EM aber verboten seien. Und es gab noch ganze andere Zuschriften. Eine bestand nur aus einem in Großbuchstaben geschriebenen Wort und drei Ausrufezeichen: "PFUI!!!" In einer anderen E-Mail wurde vorgeschlagen, "alle Kollegen im Besitz von goldfarbenen Tangas oder rosa Zipfelmützen" sollten sich beim Hissen der Fahne in der 1. Reihe aufstellen.

All diese Briefschreiber hat der Polizeipräsident nun zum persönlichen Gespräch geladen. Am gestrigen Montag war der 13. Kandidat dran. "Bei einem Teil erscheint der Verdacht begründet, dass sie Schwulen und Lesben nicht vorurteilsfrei gegenüber stehen", so Glietsch. Er sei immer davon ausgegangen, dass es auch in der Polizei Menschen mit homophoben Vorurteilen gebe. "Aber das sie sich so offen outen, das hat mich schon überrascht." Trotzdem will er gegen keinem der 29 Beamten ein Verfahren einleiten lassen. Er sei überzeugt, dass ein Diziplinarverfahren in dieser Frage nichts bringe. "Wenn man überhaupt Einstellungen von Erwachsenen ändern kann, dann hat man die Chance nur im Gespräch".

Der Projektleiter von Maneo, Bastian Finke, sagte: "Ich begrüße es außerordentlich, dass sich der Polizeipräsident so für das Thema einsetzt." Auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Eberhard Schönberg, findet Glietschs Haltung zu der Frage richtig. Schönberg fragt sich allerdings: "Aber wo führt das hin, wenn der Polizeipräsident die Mängel seiner Mitarbeiter alle selbst auszubügeln versucht?"

Für jedes Gespräch nimmt sich Glietsch eine halbe Stunde Zeit. Auch für das mit dem Pfui-Schreiber. "Der Beamte hat gesagt, dass sei eine missverständliche Äußerung, die nicht so gemeint war", fasst der Polizeipräsident das Ergebnis zusammen. Ob er das glaubt? Es dauert eine Moment, bevor die Antwort kommt. "Darüber denke ich noch nach", sagt Glietsch dann.

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