Polizeiwache statt Zuhause: Abgeführt in der Fußgängerzone

Unsere Kolumnistin liebt ihr Bett und sucht immer den schnellsten Weg zu ihm. Das kann dann manchmal bis zur Ankunft sehr lange dauern.

Eine Hand häklt eine Polizeikelle

Verkehrskontrolle Foto: Maximilian Koch/imago

Wie viele Streitereien, Trennungen, Wutanfälle, Kündigungen, verzweifelte Stunden ließen sich im Nachhinein mit PM(D)S erklären?

Teil dieser Überlegungen ist auch, was davon hätte verhindert werden und wie viel Geld ich hätte sparen können. Hätte ich nur früher gewusst, welchen Einfluss Hormone allmonatlich auf meine Gemütslage ausüben.

PM(D)S kann einer Person sehr teuer zu stehen kommen. Zum Beispiel wenn es eine Strafanzeige mit Geldstrafe nach sich zieht. Vor Kurzem wurde mir klar, der bayerische Staat hat über 2.000 Euro an meinem PM(D)S verdient.

Ich verabscheue Ungerechtigkeiten, ich bin sehr impulsiv, ich liebe mein Bett und suche immer den schnellsten Weg zu jenem, doch ich bin sicher, ohne PM(D)S wäre es nicht zu folgender Eskalation gekommen:

Es ging mir nicht gut

Vor einigen Jahren bin ich mit dem Fahrrad durch die Fußgängerzone einer mittelfränkischen Großstadt gefahren. Wer darüber jetzt den Kopf schüttelt und dessen Blutdruck in die Höhe geht: zurecht.

Zu meiner Verteidigung kann ich vorbringen: Es ging mir nicht gut. Gar nicht gut. Ich hatte gerade stundenlangen Kun­d*in­nen­kon­takt als Buchhändlerin hinter mir. Zudem war es eine Zeit in meinem Leben, in der ich mit sehr vielen Ängsten zu kämpfen hatte. Und, jetzt kommt’s: Ich hatte schmerzende Brüste, uns allen bekannt als Busenweh.

In Ruhe und Frieden in meinem Bett liegen und vergessen, dass außerhalb des Schlafzimmers eine Welt voller Anforderungen auf mich wartet, war mein einziges Begehr.

Weiter konnte ich nicht denken. Hätte ich aber mal lieber, denn statt im Bett endete dieser Tag auf dem ungemütlichen Stuhl einer Polizeiwache.

Versuch, Mitleid zu erhaschen

Fahrradfahren in der Fußgängerzone sei verboten und der Spaß koste mich nun ein Bußgeld in Höhe von 25 Euro, teilte mir der Polizist mit, der die Ankunft an meinem Bett herauszögerte.

Für mich, die ich damals ALG1 bekam und mir lediglich mit einem Minijob etwas dazuverdiente, war das viel Geld.

Also versuchte ich, Mitleid zu erhaschen. Ich räumte ein, mich unbedacht verhalten zu haben, allerdings gehe es mir gerade sehr schlecht.

Den restlichen Weg würde ich das Rad selbstverständlich schieben. Statt Mitgefühl schenkte er mir Paragrafen. Was nun? Ich versuchte der Geldstrafe anderweitig zu entgehen, indem ich mich, das Fahrrad schiebend, an ihm vorbeischleichen wollte. Nicht meine beste Idee.

Bei diesem Fluchtversuch hatte der Fahrradreifen nämlich das Bein des Polizisten gestreift (Körperverletzung). Was bitte sei ihm anderes übriggeblieben, als daraufhin Verstärkung zu rufen?

Dieser Schuft. Ich drohte zu platzen und belegte ihn mit Schimpfwörtern, aus meinem nicht gerade kleinen Repertoire.

So wurde ich unter anderem zur Kardiologin und attestierte ihm einen Stein, dort wo andere ein Herz hätten.

Als die Verstärkung kam, packten sie die Handschellen aus, und bugsierten mich, unter Beschimpfungen, Schreien und Tritten meinerseits, in das Polizeiauto. Widerstand gegen die Staatsgewalt, Beamtenbeleidigung, Körperverletzung. So lauteten meine Straftatbestände.

An der Geldstrafe habe ich jahrelang abbezahlt und erst durch die PMS-Ultras-Kolumne und die damit einhergehende intensive Beschäftigung mit PM(D)S wurde mir klar:

Die schmerzenden Brüste, das Völlegefühl im Unterleib, ich hatte an diesem Tag PM(D)S.

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Sarah Lorenz wurde 1984 in Eckernförde geboren, lebt und schreibt auf St.Pauli. Seit 2023 Kolumne PMS-Ultras in der taz. Im Internet bringt sie unter dem Pseudonym Buchi Schnubbel allabendlich eine Kleinstadt an Menschen zu Bett.

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