Reaktionen auf Klimakonferenz COP: „1,5-Grad-Politik in weiter Ferne“

Die UN-Klimakonferenz ist zu Ende – und leitet das Ende aller fossilen Energien ein. Doch es gibt viel Kritik an den Beschlüssen von Dubai.

Sultan Al-Jaber steht klatschend neben anderen Leuten

Große Freude bei den Machern: UN-Klimachef Simon Stiell (2.v.l.) und COP-Chef Sultan al-Dschaber (2.v.r.) Foto: Kamran Jebreili/ap

PARIS/BERLIN afp/taz | Die Weltklimakonferenz in Dubai (COP28) hat am Mittwoch den „Übergang“ weg von fossilen Energien beschlossen. Es handelt sich um den ersten Beschluss einer UN-Klimakonferenz, der die Zukunft aller fossilen Energien betrifft. Staaten wie die der EU konnten damit allerdings ihre Forderung, einen weltweiten Ausstieg aus allen fossilen Energien mit dem Wort „phase-out“ zu verankern, nicht gegen den erbitterten Widerstand von Ölstaaten wie Saudi-Arabien durchsetzen. Der Beschluss bezieht sich zudem auf die „Energiesysteme“ – dies könnte noch zu Diskussionen über die Reichweite der Einigung führen.

Hinzu kommt: Völkerrechtlich verbindlich ist der Beschluss nicht. Kein Land kann dazu gezwungen werden, ihn umzusetzen. Der Streit über den Abschied von Öl, Gas und Kohle war einer der Knackpunkte der zweiwöchigen Konferenz.

Die Staaten werden zudem aufgerufen, die Kapazitäten erneuerbarer Energien bis zum Jahr 2030 zu verdreifachen. Im gleichen Zeitraum soll die Energieeffizienz verdoppelt werden.

In dem Beschluss werden außerdem eine Reihe anderer Optionen zur Senkung der Emissionen genannt, darunter auch die Nuklearenergie. Ebenfalls Erwähnung finden Verfahren zum Entzug von CO2 aus der Atmosphäre. Solche Technologien kommen bisher allerdings nicht großflächig zum Einsatz und sind umstritten.

Länder wie die USA und Deutschland begrüßten den Kompromiss, während die Vereinten Nationen und die kleinen Inselstaaten zu weitergehenden Schritten aufriefen. Eine Übersicht:

COP-Präsident

„Wir haben die Grundlage für einen transformativen Wandel“, sagte der emiratische COP-Präsident Sultan Ahmed al-Dschaber. Er sprach von einer „historischen Errungenschaft“.

UNO

„Das Zeitalter der fossilen Energien muss enden“, mahnte UN-Generalsekretär António Guterres. Die Welt könne sich Verzögerungen, Unentschiedenheit und halbe Sachen nicht leisten.

Deutschland

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) begrüßte den Kompromiss. Die Einigung zeige, „dass wir den Weg der Klimagerechtigkeit gemeinsam gehen“, sagte sie. Aus Delegationskreisen hieß es, der Ministerin falle „ein riesen Stein vom Herzen“, dass „die Welt das Ende des fossilen Zeitalters beschlossen hat“.

USA

Der US-Klimagesandte John Kerry pries das Abkommen als hoffnungsvolles Zeichen. In Zeiten der Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen habe der „Multilateralismus“ eine Weichenstellung für das „Allgemeinwohl“ bewerkstelligt, sagte Kerry.

Europäische Union

Das „historische“ Abkommen markiere den Beginn der „postfossilen Ära“, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die Welt habe die Ziele der EU bestätigt, bis 2030 die erneuerbaren Energien zu verdreifachen und die Energieeffizienz zu verdoppeln.

Arabische Länder

Die Gruppe der arabischen Staaten nannte die Einigung einen „großen Erfolg“. Der im Namen der Gruppe sprechende Leiter der saudiarabischen Delegation, Albara Tawfik, äußerte „Dankbarkeit“ und verwies auf die Erwähnung von Technologien zur Abscheidung und Speicherung von klimaschädlichem Kohlendioxid im Text der Einigung.

Kleine Inselstaaten

Die besonders vom Klimawandel bedrohten kleinen Inselstaaten äußerten ihre Sorge über den Beschluss. Samoas Chefverhandlerin Anne Rasmussen sagte im Namen der kleinen Inseln, erreicht worden sei „ein schrittweiser Fortschritt“, gebraucht werde aber ein „exponentieller Schritt zum Wandel“.

China

Peking wies den Industriestaaten eine „unbestreitbare historische Verantwortung für den Klimawandel“ zu. Der chinesische Vize-Umweltminister Zhao Yingmin erklärte, diese Länder „müssen daher die Führung übernehmen und den 1,5-Grad-Celsius-Pfad vor dem Rest der Welt einschlagen“.

Brasilien

Marina Silva, die Umweltministerin des größten Staates Südamerikas erklärte, dass die reicheren Nationen in der Energiewende vorangehen und den Entwicklungsländern die „notwendigen Mittel“ bereitstellen müssten, damit diese nachfolgen könnten.

Umwelt- und Entwicklungsorganisationen

Aktivisten verbanden Lob mit dem Ruf nach Nachschärfungen. Die Aufforderung zur Wende weg von Kohle, Öl und Gas könne „ein historischer Schritt werden – aber nur, wenn in den nächsten Jahren tatsächlich weltweit ein massives Herunterfahren von Kohle, Öl und Gas erfolgt“, erklärte Christoph Bals von Germanwatch.

„Endlich benennen wir den Elefanten im Raum“, erklärte Mohamed Adow von der Denkfarik Power Shift Africa mit Blick auf die bislang in COP-Beschlüssen nicht ausdrücklich benannten fossilen Energien. „Dieser Geist kehrt nie wieder in die Flasche zurück.“

Die Klimaschutzbewegung Fridays for Future hingegen äußerte sich enttäuscht: „Uns geht es darum, dass wir uns an den Realitäten orientieren. Das würde bedeuten, dass wir aus fossilen Energien austeigen“, sagte Sprecherin Clara Duvigneau dem SWR. Es komme nun darauf an, was die Staaten aus dem in der Einigung festgelegten „Übergang“ machten.

Mit dem Beschluss bleibe „eine strikte 1,5-Grad-Klimapolitik in weiter Ferne“, kritisierte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Viele Schlupflöcher, Scheinlösungen und fehlende Finanzierung für eine Energiewende lassen die ärmeren Länder auch künftig im Stich“.

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