Remake der TV-Serie „Roots“: Kondensierte Geschichte

„Roots“ erzählt die Geschichte der Sklaverei in den USA. In den 70er Jahren erzielte die Serie Zuschauerrekorde. Nun wurde sie neu produziert.

Ein Mann und ein Jugendlicher sitzen an einem Lagerfeuer

Szene aus dem Remake. „Roots“ wird für den History-Channel neu aufgelegt Foto: ap

Am 30. Januar 1977 saßen hundert Millionen vor dem Fernseher für die letzte Folge „Roots“. Die Serie war über sieben Folgen so populär geworden, dass die Finalepisode Zuschauerrekorde brach. Auch deshalb, weil der Sender ABC die Serie acht Nächte in Folge gezeigt hatte statt wie gewohnt über acht Wochen.

Der Programmchef hatte so entschieden, denn Sklaverei zur Primetime schien ihm zu gewagt. Doch „Roots“ wurde ein mediales Massenereignis.

Die Serie erzählt die Familiengeschichte des schwarzen US-Amerikaners Alex Haley. Dieser hatte seinen Stammbaum bis zu einem Vorfahren zurückverfolgt, der im 18. Jahrhundert in Gambia lebte, von dort in die USA entführt und in die Sklaverei gezwungen wurde. Über ihn, Kunta Kinte vom Stamm der Mandinka, und seine Nachkommen hat Haley 1976 ein kompromiss- und schonungsloses Buch geschrieben: „Roots: The Saga of an American Family“. Der Roman wurde zum Bestseller, die Serie ein Jahr später zum Hit und das Wort „roots“ zum Synonym für Herkunft. Einige veranlasste die Serie, selbst Ahnenforschung zu betreiben.

Nun wurde die Serie für den History-Channel neu aufgelegt, produziert von Mark Wolper, Sohn des damaligen Produzenten und LeVar Burton, dem Hauptdarsteller der Originalserie. Auf die Frage, warum „Roots“ heute ein Remake braucht, meinte Burton: „Manche der Probleme, mit denen wir uns heute herumschlagen, haben ihre Wurzeln in der Sklaverei und dem zugehörigen Vermächtnis des Rassismus.“

Grausame Erzählform

Das Remake ist aufwendiger, besser recherchiert, die Gewaltszenen sind deutlicher. Die Erzählform aber ist die gleiche geblieben, und sie könnte kaum grausamer sein: Protagonisten werden dem Zuschauer wieder entrissen und kommentarlos ersetzt wie wertlose Spielfiguren.

Nachdem Kunta Kinte Vater wird, verkauft sein Besitzer das Kind. Kunta Kintes Geschichte endet schlagartig, die seiner Tochter beginnt. Was mit ihm passiert, erfährt der Zuschauer nicht. Ebenso wenig, was aus dessen Familie in Afrika wurde.

Es wird zur Tradition in der Familie, die Geschichte Kunta Kintes an die Kindergeneration weiterzugeben. Die Erinnerung an Kunta Kinte, den Ururgroßvater, wird zum roten Faden und zur Hoffnung: auf Freiheit und auf Selbstbestimmung.

Kunta Kinte ist auch in der Popkultur eine wiederkehrende Referenz. 2015 veröffentlichte Kendrick Lamar seinen Song „King Kunta“. Der Rapper Ice Cube zitierte den Kunta Kinte/Toby-Konflikt in „No Vaseline“.

Positive Vorbilder sind rar

Der Sohn von Ice Cube, selbst Schauspieler, ist jedoch kein Befürworter des Remakes. Er meint, dass es Zeit sei, die Darstellung afroamerikanischer Geschichte vom Fokus auf Unterdrückung und Sklaverei zu lösen. Stattdessen sollten Erfolgsgeschichten erzählt werden, starke schwarze Figuren. In einem Instagram-Video wütet auch Snoop Dogg gegen das Remake: „When are you going to make a motherfucking show about the success that black folks are having?“

Positive Vorbilder für schwarze Jugendliche sind rar. Snoop Dogg selbst hat Gang-Kultur, Gewalt, Frauenfeindlichkeit und Homophobie glorifiziert.

Die Polizei geht mit Schwarzen um wie ein Plantagenaufseher, der zuschlägt, wenn er kein Grinsen sieht, und schießt, wenn er sich bedroht fühlt. Gerade deshalb ist „Roots“ heute noch relevant. Die weiße Überheblichkeit ist noch immer die gleiche in Zeiten von #Black­LivesMatter. Der Rassismus sitzt tief in der Gesellschaft.

„Menschen haben eine erstaunlich kurze Erinnerung, weswegen es essenziell ist, dass wir uns immer wieder daran erinnern“, sagte der LeVar Burton. Wie Kunta Kintes Familie muss eine Gesellschaft „Roots“ immer wieder neu erzählen, um nicht zu vergessen.

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