Serie „Boom Boom Bruno“: Vorstadtmacho mit Pimmelkrebs-Jokes

Gute Idee, aber viele Klischees: Ein homophober Vorstadt-Cop trifft in der Serie „Boom Boom Bruno“ (Warner TV) auf einen schwulen Jungpolizisten.

Eine Filmszene zeigt eine Dragqueen und einen Sheriff

Bad Cop Bruno (Ben Becker), links, ermittelt nach einem Mord an einer Drag Queen Foto: Christiane Pausch/Warner Bros. Discovery

Bruno Klöpel (Ben Becker) fühlt sich als Sheriff und der Berliner Stadtrand ist sein Wilder Westen. Speckige Weste über der blauen Uniform, Cowboyhut auf dem Kopf, Zahnstocher im Mund – so ist Boom Boom Bruno, wie mindestens er selbst sich gerne mal nennt, auf Streife unterwegs.

Bei Licht betrachtet ist er allerdings doch nur ganz normaler Ordnungshüter in einer kleinen Polizeistation fernab der aufregenden Ecken der Hauptstadt. Nächtliche Ruhestörungen sind oft schon das Aufregendste, womit Bruno es zu tun bekommt. Sieht man einmal davon ab, dass er gerne Sexarbeiterinnen wegen möglichen Drogenbesitzes filzt, auch um ihnen dabei ungefragt an den Hintern grapschen zu können.

Bruno selbst würde das Wort „Sexarbeiterin“ natürlich nie verwenden. „Hure“ ist dagegen fester Bestandteil seines Vokabulars und noch das harmloseste Wort, das er für die Frauen übrighat, deren Kunde er selbst häufiger mal ist. Schwule sind für ihn „Tunten“ (und schlimmer), die – so der O-Ton – mal ordentlich an einer Auster lutschen sollten, damit sie niemanden mehr durchs Hintertürchen reinlassen. Und Händewaschen nach dem Pinkeln ist eh für Weicheier.

Ungehobelter Vorstadtmacho

Die neue Serie „Boom Boom Bruno“ verlangt ihrem Publikum ziemlich viel ab. Wer verbringt schon gerne freiwillig Zeit mit einem ungehobelten Vorstadtmacho, dem es vor allem darum geht, dass das Bier billig und die Frauen willig sind? Sein neuer Partner, Mark Solowski (Vincent zur Linden), hat zumindest keine Wahl, und dass er so ziemlich das Gegenteil von Bruno ist, stellt die Basis dieser von Kerstin-Sofie Laudascher (Drehbuch) und Maurice Hübner (Regie) verantworteten Mischung aus Comedy und Krimi dar. Denn noch wichtiger als das Aufklären des Falles einer toten Dragqueen ist natürlich der Clash der Persönlichkeiten: Zwischen dem schnauzbärtigen Sexisten und dem ungeouteten Schwulen, der frisch von der Polizeischule kommt und hochsensibel ist.

„Boom Boom Bruno“, 6 Folgen auf Warner TV

Dass es in „Boom Boom Bruno“ keinen Realismusanspruch gibt, ist schon an der artifiziellen Welt zu erkennen, in der die Geschichte spielt: Hier sehen die Stripclubs aus wie im US-Kino, gefrühstückt wird im Diner und beim Date trifft man sich zum Rollschuhlaufen. Ein aus der Zeit gefallener Mann wie Bruno, der das Gesetz auch gerne mal selbst in die Hand nimmt, passt in diese nostalgisch angehauchte Künstlichkeit natürlich bestens hinein. Deswegen besteht von Beginn an auch kein Zweifel daran, dass all sein fragwürdiges Verhalten und die mindestens unsensiblen Worte, die aus seinem Mund kommen, hier in letzter Konsequenz nicht beleidigend gemeint sind und seine Männlichkeit womöglich gar nicht so toxisch ist.

Das ist zwar beruhigend, wird für die Serie aber zum Problem. Viel zu früh erwartet man von den Zu­schau­er*in­nen, dieses Arschloch trotz aller homophoben und misogynen Ausfälligkeiten doch bitte irgendwie drollig zu finden. Und viel zu schnell und durchschaubar läuft, während der Krimiplot kaum in die Gänge kommt, alles auf seine unausweichliche Läuterung hinaus. Weswegen Bruno nicht nur an Prostata-, oder wie er sagt: Pimmelkrebs erkrankt ist, sondern sich auch noch unsterblich in Alice (Sabrina Ceesay) verliebt, eine alleinerziehende Schwarze Tänzerin.

Womöglich würde das Spiel mit den Machismostereotypen und immer gleichen „Schwuler Sex im Knast“-Scherzen besser funktionieren, wenn das oft alles ausbuchstabierende Drehbuch an anderer Stelle nicht ständig weitere Klischees ungebrochen reproduzieren würde. Angefangen vom Herzen, das unter Brunos rauer Schale eben doch am rechten Fleck schlägt, bis hin zu den von Mark zu tragenden Päckchen, dessen verstorbener Vater als Polizist ein wahrer Held war, während die Mutter, bei der er immer noch wohnt, all ihre Energie aufs Trinken und Männerbekanntschaften verwendet.

Überhaupt Mark: Vincent zur Linden legt ihn als verhuschten Jungen an, der noch nie im Leben in einem Schwulenclub war oder mit jemandem über seine Homosexualität gesprochen hat, aber trotzdem schon den Schrank voller Dragoutfits hat. Als starker Gegenpol zum von Ben Becker mit Verve gespielten Titelhelden bleibt das meistens zu wenig.

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