Streit um BKA-Befugnisse: Überwachung aufgrund von Indizien

Seit 2009 ist das BKA für Terrorabwehr zuständig. jetzt prüft das Bundesverfassungsgericht seine Befugnisse – und zeigt sich kritisch.

Zwei Polizisten stehen vor dem Bundesverfassungsgericht.

Was darf das BKA? Darüber berät das Bundesverfassungsericht Foto: dpa

KARLSRUHE taz | Das Bundesverfassungsgericht wird das 2008 novellierte BKA-Gesetz voraussichtlich beanstanden. Das zeigte bereits der Beginn der Verhandlung über die Verfassungsbeschwerden von FDP- und Grünen-Politikern wie Gerhart Baum und Wolfgang Wieland. Viele der präventiven Befugnisse wurden dem BKA wohl zu voraussetzungslos gewährt.

Seit 2009 ist das Bundeskriminalamt erstmals zuständig für die Terrorabwehr. Bis dahin war das BKA auf Strafverfolgung beschränkt, während die Abwehr künftiger Gefahren Aufgabe der Landespolizeien war. Als Mittel gegen den diffusen islamistischen Terror erhielt das BKA damals auch zahlreiche präventive Befugnisse. So kann es mit Hilfe von Trojaner-Spähsoftware Computer-Festplatten auslesen (Onlinedurchsuchung).

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte das Gesetz in Karlsruhe, die Bedrohung sei heute noch höher als damals. „Wir haben in Deutschland derzeit 340 islamistische Gefährder, denen die Polizei schwere Gewalttaten zutraut. Vor fünf Jahren waren es erst 130“, sagte de Maizière.

Die BKA-Befugnisse seien notwendig, weil bei vagen Terrorwarnungen oft unklar sei, welches Landeskriminalamt zuständig ist. Der Bundesinnenminister wehrte sich gegen den Vorwurf, in Deutschland werde ein Überwachungsstaat geschaffen. Das BKA habe seine neuen Befugnisse „mit großem Augenmaß“ genutzt.

Seit 2009 habe das BKA nur in 15 Fällen von seinen präventiven Befugnissen Gebrauch gemacht. Insgesamt seien dabei rund achtzig Personen von BKA-Überwachungsmaßnahmen betroffen gewesen. Zwar seien in diesen Jahren rund 1.500 Terrorhinweise beim BKA angelangt, in der Regel wurden diese jedoch als zu vage eingestuft oder an die Länderpolizeien weitergegeben.

BKA-Präsident Holger Münch ergänzte, dass es nur je eine Onlinedurchsuchung und eine Rasterfahndung gab. Außerdem wurde dreimal der Wohnraum überwacht und bei vier Personen eine Quellen-Telekommuninikations-Überwachung durchgeführt.

Die Richter fragten intensiv nach, ob das BKA-Gesetz nicht zu großzügig formuliert sei. Oft werde für die „Gefahrenabwehr“ gar keine konkrete Gefahr verlangt, vielmehr genügten Indizien, dass jemand künftig schwere Straftaten begehen wird. Innenminister de Maizière sagte, zwar sei man in vielen Fällen „weit weg von einer konkreten Gefahr“, aber es gebe allemal Grund, zu verhindern, dass es zu Anschlägen kommt.

Der Vertreter der Bundesregierung, Rechtsprofessor Christoph Möllers, betonte, dass bei konkreten Terrorhinweisen oft erst mit heimlichen Methoden „erforscht“ werden müsse, ob eine Gefahr vorliegt.

Die Verhandlung dauerte bei Redaktionsschluss an. Das Urteil wird wohl Ende des Jahres verkündet.

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