Tarifstreit im öffentlichen Dienst: Warme Worte unerwünscht

In Potsdam starten die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst. Die Gewerkschaften gehen mit einer ambitionierten Forderung in die Gespräche.

Streikende gehen über das Gelände eines Verteilerzentrums der Post mit Verdi-Fahnen

Ob es so schwierig wird wie bei der Post? Die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst beginnen Foto: Markus Scholz/dpa

BERLIN taz | Der Trommelwirbel ist laut. Vor Beginn der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst der Kommunen und des Bundes, die an diesem Dienstag in Potsdam starten, geben sich die Gewerkschaften kampfbereit. Bei den Beschäftigten „brodelt es“, sagte der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke am Montag in Berlin. „Die Arbeitgeber müssen wissen: Die Belegschaften werden sich in der Tarifrunde nicht mit warmen Worten und einem schlechten Ergebnis abspeisen lassen.“ Die Verhandlungen würden „hammerhart“, sekundierte Beamtenbund-Chef Ulrich Silberbach.

10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat wollen Verdi und Beamtenbund (dbb) für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten erstreiten – und notfalls auch erstreiken. „Die Beschäftigten haben den Eindruck, mit einem wachsenden Berg von Aufgaben und Anforderungen alleingelassen zu werden“, begründete das Wernecke. „Und die Inflation hat ihre Spuren gerade auch in den Portemonnaies vieler öffentlich Beschäftigter mit eher niedrigen bis mittleren Gehältern hinterlassen.“

Durch den geforderten Mindestfestbetrag, von dem die unteren Gehaltsgruppen prozentual stärker profitieren würden, ergäbe sich eine durchschnittliche Lohnsteigerung von etwa 15 Prozent – was der Forderung Verdis für die Postbeschäftigten entspricht, die am vergangenen Wochenende in einen bundesweiten Warnstreik getreten waren.

Arbeitgeber sehen Forderungen als „nicht finanzierbar“

Folgen Bund und Kommunen wie die Deutsche Post dem üblichen Ritual, erst zur dritten Verhandlungsrunde, die Ende März stattfinden soll, ein eigenes Angebot vorzulegen, dann dürfte es auch im öffentlichen Dienst demnächst zu flächendeckenden Warnstreiks kommen. „Leider hat die Unsitte Einzug gehalten, bis zur letzten Verhandlungsnacht überhaupt kein ernsthaftes Angebot zu machen“, sagte Verdi-Chef Wernecke der Süddeutschen Zeitung. „Wer so agiert, darf sich über Warnstreiks nicht beschweren.“

Bislang ist unklar, zu welchen Zugeständnissen die Arbeitgeberseite bereit sein wird. Noch weist sie schlicht die Gewerkschaftsforderungen als nicht finanzierbar zurück. „Das können wir so nicht leisten, und viele andere Kommunen auch nicht“, sagte Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Wege (SPD), die Verhandlungsführerin der Kommunen, dem Spiegel. Nach ihren Berechnungen würden die gewerkschaftlichen Forderungen die Kommunen etwa 15 Milliarden Euro im Jahr kosten. Sie kritisieren überdies, die Gewerkschaften ließen außer Acht, dass es in den letzten zehn Jahren für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst eine Reallohnsteigerung von knapp 11 Prozent gegeben habe. Was wohl heißen soll: Die Beschäftigten könnten auch einmal mit einem Reallohnverlust leben.

Auf der dbb-Jahrestagung Anfang Januar sagte Innenministerin Nancy Faeser, die für den Bund die Verhandlungen führt, sie sei „zuversichtlich, dass wir in den kommenden Tarifverhandlungen gute und sachgerechte Lösungen finden werden“. Gleichwohl verwies auch sie auf die angespannte Haushaltslage.

Für den Bund ergäben sich bei Erfüllung der Gewerkschaftsforderung Mehrkosten von rund 1,4 Milliarden Euro. Da der Tarifabschluss üblicherweise wirkungsgleich auf Beamt:innen, Richter:innen, Sol­da­t:in­nen und Ver­sor­gungs­emp­fän­ge­r:in­nen übertragen wird, kämen noch einmal 3,3 Milliarden Euro pro Jahr hinzu.

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