Transparenz bei der Schufa: Bonitätseinblick ab jetzt per App

Die Auskunftei gibt Ver­brau­che­r:in­nen einen neuen Einblick in die Bewertung der Kreditwürdigkeit. Doch die Transparenz hat Grenzen.

Münzen in einer Geldbörse

Wieviel darf's denn kosten? Darüber entscheidet mitunter auch der Schufa-Score Foto: imago

BERLIN taz | Vom Handyvertrag bis zum Kredit – in vielen Lebenssituationen ist mittlerweile die Bewertung der Bonität zentral, um einen gewünschten Vertrag zu bekommen. Für Ver­brau­che­r:in­nen ist es bislang aber nur umständlich möglich, selbst Informationen über die eigene Bonitätsbewertung zu erhalten. Das soll sich nun ändern: Seit Dienstag können Nut­ze­r:in­nen über die App der Schufa-Tochter Bonify ihren Basisscore einsehen und Änderungen entsprechend verfolgen. „Wir wollen Menschen mehr Kontrolle über ihre Daten geben“, sagte Schufa-Chefin Tanja Birkholz bei der Vorstellung.

Die Schufa ist Deutschlands größte Auskunftei im Verbraucherbereich. Pro Tag liefert das Unternehmen die Antworten auf durchschnittlich 300.000 Bonitätsanfragen. Die Anfragen kommen beispielsweise von Banken, Händlern oder Mobilfunkanbietern, die mithilfe der Schufa-Daten einschätzen, für wie kreditwürdig sie potenzielle Kun­d:in­nen halten. Zu den wichtigsten Produkten der Schufa gehören die Scores. Sie geben in prozentualer Wahrscheinlichkeit an, ob eine Zahlungsverpflichtung wohl erfüllt werden wird.

Neben Scores für einzelne Branchen wie etwa Banken oder Handel, ist dabei vor allem der Basisscore wichtig, der einen Gesamtüberblick bieten soll. Bislang ließ sich der eigene Basisscore entweder durch einen kostenpflichtigen Zusatzdienst der Schufa einsehen oder indem man eine kostenlose Datenkopie auf Papier anfordert. Diese Kopie müssen Unternehmen, die persönliche Daten verarbeiten, seit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung anbieten.

„Wir wollen Menschen einen geschützten Raum geben, außerhalb der Zugriffsmöglichkeiten der Schufa“, warb Birkholz am Dienstag. Denn auch wenn Bonify zur Schufa gehöre, habe die Auskunftei ohne explizite Einwilligung der Betroffenen keinen Zugriff auf die bei Bonify liegenden Daten. Das ist vor allem deshalb relevant, weil Nut­ze­r:in­nen der App auch Zugriff auf die eigenen Kontodaten und die dortigen Transaktionen geben können und dann beispielsweise zusätzliche Auswertungen der eigenen Zahlungsfähigkeit erhalten, jenseits der Schufa-Einschätzung.

Das Finanz-Start-up Bonify war Ende vergangenen Jahres von der Schufa übernommen worden. Schon damals war der Plan, Ver­brau­che­r:in­nen über die App Einblick in den eigenen Score zu gewähren. Doch an die Übernahme knüpft noch ein weiterer, deutlich umstrittenerer Plan an: dass Ver­brau­che­r:in­nen der Schufa selbst aktiv Daten zur Verfügung stellen, um ihren Score zu verbessern.

Mehr Daten für die Schufa

Mittlerweile wird die Planung hier konkreter. Laut Schufa-Chefin Birkholz soll im kommenden Jahr die Möglichkeit starten, „den eigenen Score durch Zusatzdaten zu verbessern“. Das könnte etwa das Einkommen sein oder Informationen über bereits geschlossene Girokonten betreffen, die die Schufa aus Datenschutzgründen regulär löschen muss.

Oliver Buttler, Verbraucherzen­trale Baden-Württemberg über die Nutzung der App

„Ich wäre da eher vorsichtig“

Die NGO Finanzwende, die im Juni eine Petition dagegen gestartet hat, fürchtet, dass mit der freiwilligen Kontodatenweitergabe auch Informationen an die Auskunftei geraten, die äußert sensibel seien – etwa über beglichene Arztrechnungen oder gezahlte Gewerkschaftsbeiträge. Die NGO kritisiert auch die Einsichtnahme über Bonify: Das habe „noch nichts mit Transparenz zu tun“, sagt Michael Möller, Referent für Verbraucherschutz. Schließlich werde weiterhin nur die Bewertung des Scores übermittelt und nicht dessen Berechnungsmethode.

Auch Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ist skeptisch: „Ich wäre da eher vorsichtig“, sagt er mit Blick auf die Nutzung der App. Und das liegt unter anderem an der Doppelrolle von Bonify. Das hinter der App stehende Unternehmen Forteil GmbH vermittelt über die App auch Finanzprodukte. Durch die Verknüpfung mit dem Einblick in den eigenen Score entstehe eine „Verkaufsmasche“, kritisiert Buttler.

Seine Forderung: Die Schufa solle den Einblick direkt bei sich erlauben. Wenn es schnell gehen solle – eine eigene App für die Einsichtnahme plant die Schufa erst für das kommende Jahr –, könne sie einfach den jetzt schon möglichen Zugriff über die Schufa-Webseite kostenlos machen. Auch Buttler übt darüber hinaus grundsätzliche Kritik an der Geschäftspolitik der Auskunftei: „Wir haben hier eine große Blackbox, wir wissen nicht, wie die Schufa die Daten verarbeitet.“

Und das wird sich auch weiterhin nicht grundlegend ändern: Zwar sollen Ver­brau­che­r:in­nen im kommenden Jahr in einem Datencockpit simulieren können, wie sich der eigene Score ändert, wenn etwa ein Konto gekündigt wird. Bislang gibt es einen Simulator nur ohne die eigene Datenbasis und nur mit einem Teil der in der Praxis für die Berechnung genutzten Merkmale.

Weiterhin geheim bleiben allerdings die Formeln hinter der Berechnung. Die Schufa begründet das vor allem mit dem Geschäftsgeheimnis und der Angst vor Manipulationen durch Menschen mit schlechtem Score.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.