Verlässlichkeit von Studien: Wann wir Zahlen vertrauen

Wissenschaftliche Ergebnisse sind nie exakt. Doch wie transparent sollen For­sche­r*in­nen in ihren Studien mit Unsicherheiten umgehen?

Hände halten viele bunte Würfel

Die Öffentlichkeit kommt mit Unsicherheit klar. Wahrscheinlich Foto: Alexabdra Beganskaya/Pond5/imago

Es ist nicht leicht, der Öffentlichkeit Wissenschaft zu erklären. In Studien steht oft, dass die Ergebnisse nicht exakt so stimmen, sondern mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in einem Bereich liegen.

Bei so und so viel Kohlenstoff in der Atmosphäre wird sich die Erde beispielsweise nicht genau um zwei Grad erwärmen, sondern in einem Bereich um zwei Grad. In der Fachzeitschrift Royal Society Open Science­ ist nun eine Studie erschienen, die untersucht, wie man solche Unsicherheiten am besten kommuniziert.

Die Studie

Die For­sche­r*in­nen führten in den ersten Wochen der Coronapandemie zwei Experimente durch. Beim ersten Experiment bekamen die Teilnehmer*in­nen einen kurzen Text darüber zu lesen, wie wahrscheinlich es derzeit sei, als 70- bis 80-Jährige*r mit einer Corona-Infektion ins Krankenhaus zu kommen. Es gab drei Versio­nen dieser Information, die Teil­neh­me­r*in­nen bekamen jeweils eine zu lesen.

Die erste: Die Wahrscheinlichkeit liege bei 17 Prozent. Die zweite: Die Wahrscheinlichkeit liege zwischen 10 und 34 Prozent. Die dritte: Die Wahrscheinlichkeit liege bei 17 Prozent, könne aber auch höher oder niedriger sein.

Die Teil­neh­me­r*in­nen kamen aus aller Welt. Ein zweites, analog aufgebautes Experiment wurde im Anschluss mit Proband*in­nen aus Großbritannien durchgeführt.

Nach der Lektüre des Textes sollten die Teil­neh­me­r*in­nen angeben, wie sehr sie den Zahlen und der Quelle der Information trauen. Die Ergebnisse des ersten Experiments: Die Proband*in­nen nahmen die Unsicherheit nur dann wahr, wenn sie erwähnt wurde. Sie vertrauten der Prozentangabe weniger, wenn die Unsicherheit als Zahl angegeben wurde, aber noch weit weniger, wenn sie nur ungefähr angegeben wurde.

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Der Quelle der Information vertrauten die Teil­neh­me­r*in­nen ähnlich stark, wenn die Unsicherheit gar nicht oder als Zahl angegeben wurde, während das Vertrauen sank, wenn sie als „höher oder niedriger“ formuliert war.

Was bringt’s?

Unter anderem die Erkenntnis, dass es große regionale Unterschiede gibt. Die Teil­neh­me­r*in­nen aus Großbritannien fanden die Informationsquelle nicht weniger vertrauenswürdig, wenn die Unsicherheit mit „höher oder niedriger“ angegeben wurde. Schwe­d*in­nen vertrauen einer Zahl weit mehr, wenn die Unsicherheit beziffert angegeben ist, Ko­rea­ne­r*in­nen vertrauen ihr dann allerdings weit weniger.

Und Deutsche finden es ein kleines bisschen vertrauenswürdiger, die „höher oder niedriger“-Formulierung zu lesen. Die empfundene Vertrauenswürdigkeit geht also stark auseinander.

Woran genau das liegt, muss noch erforscht werden. Die Au­to­r*in­nen schreiben, dass auch andere Studien zu dem Ergebnis kommen, dass Vertrauen vom Kontext abhängt. Aber wer wissenschaftliche Ergebnisse vermitteln will, kann sich schon mal merken: Die Öffentlichkeit kommt mit Unsicherheit klar. Wahrscheinlich.

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