Vierschanzentournee der Frauen: Nur das halbe Springen

Eine Vierschanzentournee der Frauen gibt es auch heuer nicht. Diesmal sperrt sich Österreich, vor drei Jahren Deutschland. Doch 2025 ist es möglich.

Zwei deutsche Skispringerinnen und ein Skispringer jubeln über ihren WM-Erfolg 2023

Weiblich-männlicher Jubel: Deutschland war 2021 und 2023 Mixed-Weltmeister im Skisprung Foto: Imago/GEPA pictures

Es „kribbelt“ bei Katharina Schmid schon, wenn sie an das Neujahrsspringen in ihrer Heimat Oberstdorf denkt. „Das ist schon genial, wenn alle Freunde und die Familie an der Schanze stehen können. Zu Hause so ein Springen am Neujahrstag zu haben, ist etwas ganz Spezielles“, sagt die frisch verheiratete Frau, die unter ihrem Geburtsnamen Katharina Althaus die Rekordzahl von sieben WM-Titeln im Skispringen gewonnen hat.

Das Heimspringen auf der großen Schattenbergschanze am 1. Januar 2024 – und das Event in Garmisch-Partenkirchen zwei Tage zuvor – waren ein wichtiger Grund, warum Katharina Schmid den Abschied vom Flugsport noch einmal aufgeschoben hat. Richtig glücklich ist sie trotzdem nicht. Der Traum von einer eigenen Vierschanzentournee erfüllt sich für die fliegenden Frauen auch im kommenden Winter nicht. Die beiden Springen an den traditionellen Orten der Männer-Tournee firmieren nur als „Two-Nights-Tour“. Den Frauen fehlen nämlich die beiden Springen des Skisprung-Grand-Slams der Männer auf den prestigeträchtigen Großschanzen in Innsbruck und Bischofshofen.

Der Österreichische Skiverband (ÖSV) richtet stattdessen am 3. und 4. Januar zwei Weltcups auf der Kleinschanze in Villach aus. Den Nachbarverband deshalb als alleinigen Schuldigen für die erneute Verzögerung der Premiere einer Frauen-Vierschanzentournee auszumachen, geht allerdings an der Wahrheit vorbei.

Das Ganze ist eine komplizierte Geschichte, die sich kurz so zusammenfassen lässt: Vor drei Jahren waren die deutschen Tournee-Veranstalter gegen ein eigenes Frauen-Event und die österreichischen dafür. Jetzt ist es umgekehrt: Der ÖSV bremst und der Deutsche Skiverband (DSV) pusht für die Frauen-Premiere des weltweit größten jährlichen Mega-Events im Skispringen, das es für die Männer seit inzwischen über sieben Jahrzehnten gibt.

Selina Freitag, Doppel-Weltmeisterin

„Es geht um Gleichberechtigung. Die Vierschanzentournee wäre für uns das Highlight“

„Es wurden in den letzten Jahren sicher Fehler von beiden Seiten gemacht. Aber wir haben aus unseren Versäumnissen gelernt. Unsere Termine stehen, und es wird es in diesem Winter die beiden Weltcup-Springen in Garmisch-Partenkirchen und Oberstdorf geben – es fehlt nur noch die andere Seite“, sagt DSV-Sportdirektor Horst Hüttel. Man sei „bereit für die Vierschanzentournee der Frauen“ und hoffe auf ein Entgegenkommen des Nachbarn: „Ich weiß, dass man sich in Österreich Gedanken macht und ich hoffe, dass es im Winter Gespräche geben wird.“

Der Druck wird größer

Dem ÖSV dürfte am Ende nicht viel anderes übrigbleiben, als seine Zustimmung für die Premiere des Skisprung-Grand-Slams für die Frauen zu geben. Der Druck von Seiten der Springerinnen und der Öffentlichkeit wird mit jedem Jahr fehlender „Schanzengleichheit“ nämlich immer größer. „Wir sind der Meinung, dass eine Vierschanzentournee unerlässlich ist, die braucht es unbedingt. Dieses Event hat so eine Strahlkraft, da wird nichts anderes drankommen“, hat Bundestrainer Maximilian Mechler jüngst gesagt.

Doppel-Weltmeisterin Selina Freitag, die sich am vergangenen Wochenende gerade zur deutschen Skisprungmeisterin gekrönt hat, sieht das genauso: „Es geht um Gleichberechtigung. Wir durften im vergangenen Winter ja zum ersten Mal skifliegen, aber die Vierschanzentournee wäre für uns und die Zuschauer schon das große Highlight.“ Schon für die „halbe“ Tournee in diesem Winter ist das Ticket-Interesse laut Hüttel beachtlich, auch wenn es nicht gleich volle Stadien wie bei den Männern geben werde: „Das muss erst wachsen. Aber beide Springen werden live auf ARD und ZDF im TV zu sehen sein.“

Allerdings gehen die beiden Weltcup-Events zum Jahreswechsel in umgekehrter Reihenfolge zur Männer-Tournee über die Bühne. Genau das ist ein Kritikpunkt des ÖSV, der die Frauen-Vierschanzentournee als „perfektes Produkt“ kreieren will.

Hüttel zeigt sich gesprächsbereit: „Eine Frauen-Tournee in der gleichen Reihenfolge der Orte wie bei den Männern wäre sicher für die Damen die Ideallösung – auch wenn die Umsetzung logistisch am schwierigsten ist.“ Der Weltverband FIS hält die Termine im Weltcup-Kalender der Frauen für 2024/2025 für die beiden österreichischen Tournee-Springen Anfang Januar 2025 jedenfalls vorerst frei.

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