Wahlchaos in der DR Kongo: Kongos Opposition sucht Machtprobe

Nach dem hohen Wahlsieg von Präsident Tshisekedi bei den Wahlen im Kongo ruft Oppositionsführer Katumbi zum Widerstand gegen „Betrug“ auf.

Zwei Sicherheitskräfte vor einem brennenden Wrack

Bereits am 27. Dezember kam es in Kinshasa zu Gewalt zwischen Anhängern des radikalen oppositionellen Fayulu und der Polizei Foto: Mosa'ab Elshamy/AP/dpa

BERLIN taz | Eine Konfrontation zwischen Staatsmacht und Opposition bahnt sich in der Demokratischen Republik Kongo an, nachdem der Wahlsieg von Präsident Félix Tshisekedi auf Ablehnung stößt. Der wichtigste Oppositionsführer Moïse Katumbi rief am Mittwoch die Bevölkerung zum Widerstand gegen „Fälschung“ und „Betrug“ auf.

„Es ist noch nicht vorbei. Alles ist möglich“, erklärte der 59-jährige Geschäftsmann in einer im Internet verbreiteten Videobotschaft. „Die Zeit der Aktion ist gekommen. Mit friedlichen, demokratischen Mitteln werden wir Widerstand leisten und unsere elementaren Rechte zurückerobern.“ Und: „Für unsere Würde und die Zukunft unserer Kinder sind wir dazu angehalten, alle uns zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um die Einrichtung einer Diktatur zu verhindern.“

Am 31. Dezember hatte Kongos Wahlkommission CENI Präsident Tshi­se­kedi zum Sieger der Präsidentschaftswahl vom 20. Dezember mit über 73 Prozent der Stimmen erklärt. Katumbi kam demnach auf rund 18 Prozent, gefolgt vom Oppositionellen Martin Fayulu mit gut 5 Prozent. Beide hatten schon zuvor verkündet, das Ergebnis nicht anzuerkennen, da es während der Wahl und der Auszählung zu massiven Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Auch die unabhängigen kirchlichen Wahlbeobachter haben Unregelmäßigkeiten bestätigt, jedoch keine Kritik an Tshisekedis Wahlsieg geübt.

Katumbis Widerstandsaufruf ersetzt den Einspruch gegen das Wahlergebnis vor dem Verfassungsgericht. Dafür wäre die Frist zwei Tage nach dessen Verkündung abgelaufen, also an diesem Mittwoch. Am Dienstag hatten Katumbi und ­Fayulu bekräftigt, dass sie darauf verzichten, da sie den vom Präsidenten ernannten Verfassungsrichtern kein unabhängiges Urteil zutrauen. ­Fayulu wies darauf hin, dass der Gerichtspräsident schon der Wahlkommission gratuliert habe. „Von diesem Gericht haben wir nichts zu erwarten“, erklärte er.

Wahlmaschinen zuhause aufbewahrt

Die Zweifel am Wahlergebnis wurden derweil von der Wahlkommission selbst genährt, als sie am Dienstagabend die für Mittwoch vorgesehene Verkündung der Ergebnisse der Parlamentswahl und der Provinz und Kommunalwahlen, die alle zusammen mit der Präsidentenwahl stattfanden, auf unbestimmte Zeit vertagte. Die Zahlen müssten noch „kompiliert“ werden, erklärte die CENI zur Begründung.

Mit „Kompilation“ wird in der DR Kongo die Zusammenführung der handschriftlichen Ergebnisprotokolle der einzelnen Wahllokale und ihr Abgleich mit den elektronisch übermittelten Daten der Wahlmaschinen bezeichnet. Bei den Präsidentschaftswahlen wurde diese Etappe aus Zeitgründen übersprungen und nur die Daten der Wahlmaschinen genutzt, was Oppositionelle als Betrug kritisierten – es gibt keine unabhängige Verifizierung der Daten der Wahlmaschinen, und manche Wahlleiter bewahrten Berichten zufolge die Maschinen zu Hause auf und ließen tagelang darauf weiter wählen.

Bei der Präsidentschaftswahl wurden überdies nur 64.196 der 75.476 Wahllokale des Landes ausgewertet – die anderen seien geschlossen gewesen, hieß es. Damit wären über ein Siebtel der Wahlberechtigten von der Wahl ausgeschlossen gewesen, wodurch sich auch die Frage stellt, auf welcher Grundlage die 500 Parlamentssitze für alle 181 Wahlkreise vergeben werden sollen.

All dies bestärkt die Opposition in ihrer Ablehnung der Wahl insgesamt. Katumbi fühlt sich dadurch bestärkt, dass es selbst nach den amtlichen Zahlen solide Mehrheiten in seiner Heimatregion Katanga erzielt hat, wo das Herz der kongolesischen Bergbauwirtschaft schlägt. In Katangas großen Städten sind scharfe Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden, um Unruhen vorzubeugen.

Bereits vergangene Woche wurde der prominente katangische Politiker und Katumbi-Mitstreiter Christian Mwando, bis 2022 Planminister in Kongos Regierung, verhaftet und soll nun wegen Volksverhetzung angeklagt werden. Er hatte in einer Ansprache kurz nach der Wahl die Katanger zur Verteidigung des „Landes unserer Vorfahren“ gegen „Diebstahl“ aufgefordert: „Ich rufe alle Katanger dazu auf, sich für den Kampf bereitzuhalten, für das höchste Opfer zur Rettung unseres Landes.“ Ihm wird nun vorgeworfen, gegen Wanderarbeitern aus Tshi­se­ke­dis Heimatregion Kasai in Katanga zu hetzen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.