+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Schwere Angriffe im Osten abgewehrt

Die Ukraine hat in der Region Donezk 55 Angriffe zurückgeschlagen. Kyjiws Bürgermeister Vitali Klitschko macht Präsident Selenskyj Vorwürfe.

Ein Soldat trägt eine Drohne auf dem Rücken

Soldat der Edelweiß-Brigade in der Region Donezk Foto: Oleksandr Ratushniak/reuters

Schwere russische Angriffe im Osten des Landes abgewehrt

Die Ukraine hat eigenen Angaben zufolge schwere russische Angriffe in der ostukrainischen Region Donezk abgewehrt. In mehreren Ortschaften nördlich und westlich des Dorfs Nowobachmutiwka seien „55 Angriffe zurückgeschlagen“ worden, teilte die ukrainische Armee am Montag mit. Weiter südlich, im Westen der Stadt Donezk, hätten russische Streitkräfte „mit Unterstützung der Luftwaffe 15 Mal versucht, die Verteidigungsanlagen unserer Truppen zu durchbrechen“, hieß es aus Kyjiw.

Kyjiw zufolge konnten seine Soldaten in mehreren Ortschaften westlich von Donezk „den Feind weiter zurückhalten“, darunter auch in der Stadt Krasnogoriwka. Die Stadt liegt rund 20 Kilometer von der von Russland besetzten Stadt Donezk entfernt und gilt als ukrainisches Bollwerk in der Region. Seit der Einnahme der nahegelegenen Orte Marinka und Awdijiwka durch russische Soldaten ist Krasnogoriwka jedoch angreifbarer geworden.

Die ukrainische Armee hatte am Sonntag eine „verschlechterte“ Lage an der Front eingeräumt. Seit Februar sind russische Truppen in der Ostukraine auf dem Vormarsch. Am Wochenende hatten Moskaus Soldaten das Dorf Nowobachmutiwka eingenommen. Kyjiw warnt, dass Russland vor dem „Tag des Sieges“ am 9. Mai versuchen wird, Erfolge auf dem Schlachtfeld zu erzielen. (afp)

Ukraine wirft Kurznachrichtendienst Telegram Blockade vor

Die Ukraine wirft dem Kurznachrichtendienst Telegram vor, mehrere offizielle Software-Bots des Landes zu blockieren. Darunter sei auch der Bot des ukrainischen Militärgeheimdienstes GUR, wie der Geheimdienst selbst am Montag auf Telegram mitteilte. „Trotz der Sperrung unseres Bots – Ihre persönlichen Daten sind sicher.“ Telegram war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Ein Bot ist ein Programm, das im Internet bestimmte Aufgaben übernimmt. Es kann unter anderem Konversationen mit Nutzern simulieren oder Inhalte zu bestimmten Themen sammeln. Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine hat sich Telegram zu einem wichtigen Informationskanal für beide Seiten entwickelt. Medien, Behörden und Regierungen betreiben eigene Kanäle auf der Plattform.

Der Gründer von Telegram ist der russisch-stämmige Milliardär Pawel Durow. Dieser hatte Russland allerdings 2014 verlassen, nachdem er sich geweigert hatte, auf seinem damaligen, inzwischen verkauften Kurznachrichtendienst die Konten russischer Oppositioneller abzuschalten. Telegram ist weltweit einer der populärsten Messengerdienste und hatte 2023 nach eigenen Angaben mehr als 700 Millionen monatlich aktive Nutzer. Kritiker werfen der Plattform vor, die Verbreitung von Verschwörungstheorien, Hass und Hetze zu fördern. (rtr)

Klitschko macht Selenskyj Vorwürfe

Der Kyjiwer Bürgermeister Vitali Klitschko bemängelt mit Blick auf sein Verhältnis zu Präsident Wolodymyr Selenskyj einen mangelnden Zusammenhalt der führenden Politiker in der Ukraine. „Leider gibt es in dieser Kriegszeit keine Einheit zwischen den politischen Kräften“, sagt Klitschko den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Auf die Frage, ob sich Klitschko inzwischen mit Selenskyj getroffen habe, um die Spannungen zwischen den beiden abzubauen, sagte er: Seit Beginn des Krieges habe er das zigmal versucht, denn von der Hauptstadt hänge viel ab. „Aber leider hatte ich nicht die Gelegenheit, Selenskyj persönlich zu treffen. Wahrscheinlich hat er anderes zu tun.“

Bei der Frage, ob er selbst Präsident werden wolle, verweist Klitschko auf die Zeit nach dem Krieg. „Heute geht es nicht um Träume, jetzt muss es um den Wunsch gehen, den Krieg zu gewinnen, den Krieg zu beenden und wieder Frieden zu haben. Danach können wir über politische Ambitionen reden.“ Es gebe viel zu viele Politiker, auch in der Zentralregierung, für die auch jetzt persönliche Ambitionen wichtiger seien als die Interessen des Landes. Der Kyjiwer Bürgermeister warf der Zentralregierung zudem vor, zu wenig gegen die Korruption im Land zu tun.

Darüber hinaus fordert Klitschko mehr internationale Unterstützung bei der Luftabwehr. „Wir haben ein Defizit an Luftabwehrsystemen“, sagt Klitschko den Zeitungen der Funke Mediengruppe. In der ukrainischen Hauptstadt würden feindliche Drohnen in einem engen Radius um die Stadt abgeschossen. Da Teile der abgeschossenen Raketen heruntergefallen seien, müsse der Radius erweitert werden. „Die Drohnen und Raketen müssen schon auf ihrem Weg in die Hauptstadt abgeschossen werden können.“ Deshalb sei mehr Unterstützung für die Luftverteidigung nötig. Nach zwei Jahren Krieg seien die Schäden in Kyjiw enorm. Durch die Luftangriffe seien mehr als 800 Gebäude beschädigt und zerstört worden, darunter fast 440 Wohnhäuser. Mehr als 200 Menschen seien bei den Luftangriffen ums Leben gekommen. Es gehe aber nicht nur um Kyjiw: Auch die Bürger in Odessa, in Dnipro oder Charkiw bräuchten einen guten Schutz. (rtr)

Kyjiw arbeitet an Sicherheitsabkommen mit USA

Mit einem bilateralen Sicherheitsabkommen wollen die Ukraine und die USA nach Darstellung Kyjiws noch enger zusammenrücken. „Wir arbeiten bereits an einem konkreten Text“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Sonntag in seiner abendlichen Videoansprache. Es solle das stärkste aller Sicherheitsabkommen werden – noch stärker als jene, die das von Russland angegriffene Land in den vergangenen Monaten mit verschiedenen europäischen Staaten geschlossen hat. Selenskyj machte keine Angaben dazu, wann das Abkommen zwischen Kyjiw und Washington unterzeichnet werden soll.

„Wir arbeiten auch an der Festlegung spezifischer Unterstützungsniveaus für dieses Jahr und für die nächsten zehn Jahre“, umriss Selenskyj die geplante Vereinbarung mit den Vereinigten Staaten. Dazu gehöre militärische Unterstützung, finanzielle Unterstützung, politische Unterstützung sowie Unterstützung für die gemeinsame Waffenproduktion. „Das Abkommen sollte wirklich beispielhaft sein und die Stärke der amerikanischen Führung spiegeln“, so Selenskyj.

Die USA sind schon jetzt der wichtigste Unterstützer der Ukraine in ihrem Abwehrkrieg gegen Russland. Erst vor Kurzem hat der US-Senat ein weiteres Hilfspaket im Umfang von 57 Milliarden Euro gebilligt, das der in schwere Bedrängnis geratenen ukrainischen Armee helfen soll. (dpa)

Nordkorea verurteilt Lieferung von US-Langstreckenraketen an Ukraine

Nordkorea verurteilt die Lieferung von Langstreckenraketen durch die USA an die Ukraine. „Die USA haben heimlich Langstreckenraketen an die Ukraine geliefert und damit Unruhe und Besorgnis in der internationalen Gemeinschaft ausgelöst“, zitiert die staatliche Nachrichtenagentur KCNA den Direktor der Abteilung für auswärtige militärische Angelegenheiten des nordkoreanischen Verteidigungsministeriums. „Die USA können die heldenhafte russische Armee und das Volk niemals mit den neuesten Waffen oder militärischer Unterstützung besiegen.“ Die USA hatten die Lieferung der Langstreckenraketen in der vergangenen Woche eingeräumt. Die militärischen Beziehungen zwischen den Regierungen in Pjöngjang und Moskau werden immer enger, was nach Ansicht der USA und ihrer Verbündeten zu einer Eskalation der Spannungen auf der koreanischen Halbinsel führt. (rtr)

Russland verhaftet zwei Journalisten

In Russland sind zwei Journalisten unter dem Vorwurf staatsfeindlicher Aktivitäten inhaftiert worden. Beiden Russen, die auch für ausländische Medien gearbeitet haben, wird Mitarbeit an einem Youtube-Videokanal des verstorbenen Oppositionellen Alexei Nawalny zur Last gelegt. Ein Gericht in Moskau ordnete nach eigenen Angaben vom Samstag für den Journalisten Konstantin Gabow Untersuchungshaft bis zum 27. Juni an. In Murmansk wurde der Nachrichtenagentur AP zufolge am Freitag der Journalist Sergei Karelin verhaftet, der früher unter anderem für die Agentur gearbeitet hatte. Karelin habe auch die israelische Staatsbürgerschaft.

Gabow hatte früher auch freiberuflich gelegentlich für Reuters gearbeitet, wie die Nachrichtenagentur mitteilte. Reuters erklärte, Journalisten müssten im öffentlichen Interesse frei berichten können, ohne drangsaliert zu werden oder Nachteile zu erleiden. AP erklärte, man sei sehr besorgt über Karelins Verhaftung und versuche, nähere Informationen zu erhalten. Nawalny, einst der prominenteste Oppositionelle in Russland, starb Mitte Februar in sibirischer Lagerhaft. Die von ihm gegründete und von seinen Anhängern fortgeführte Anti-Korruptions-Stiftung wird von russischen Behörden als „extremistisch“ und als „ausländischer Agent“ eingestuft. Beiden Journalisten drohen bis zu sechs Jahre Haft.

Am Freitag war bereits der Forbes-Journalist Sergei Mingasow nach Angaben des Magazins verhaftet worden, weil er Falschinformationen über die russische Armee verbreitet haben soll. Der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA zufolge wurde Mingasow am Samstag unter Hausarrest gestellt. Seit dem von Präsident Wladimir Putin befohlenen Großangriff Russlands auf die Ukraine vor mehr als zwei Jahren gehen die Behörden zunehmend gegen die freie Medienberichterstattung vor. Viele russische Journalisten haben das Land verlassen. (rtr)

Armeechef: Ukrainische Truppen zu taktischen Rückzügen gezwungen

Die ukrainische Armee hat sich im Abwehrkampf gegen die russischen Angriffstruppen aus taktischen Gründen aus drei Dörfern im umkämpften Osten des Landes zurückziehen müssen. Dies teilte der ukrainische Generalstabschef Olexander Syrskyj am Sonntag über den Nachrichtenkanal Telegram mit. Die russischen Truppen starteten anhaltende Angriffe „entlang der gesamten Frontlinie“ von mehr als 1.000 Kilometern. Offene Feldschlachten tobten etwa in Donezk westlich der Kleinstadt Awdijiwka, die die russischen Streitkräfte nach verlustreichen monatelangen Gefechten im Februar eingenommen hatten.

Zuvor warnte Syrskyj, dass die strategische Lage auf dem Schlachtfeld sich für die ukrainischen Truppen zunehmend verschlechtere. Die Armee wartet auf dringend benötigte Waffen aus einem großen US-Hilfspaket, das erst kürzlich vom Kongress in Washington nach einer monatelangen Hängepartie gebilligt worden ist. Am schwierigsten sei die Situation in Richtung Pokrowsk und Kurachowe, wo noch immer heftige Scharmützel im Gange seien, schrieb der Generalstabschef unter Verweis auf die zwei von der Ukraine gehaltenen Städte in der Region Donezk.

„Der Feind hat bis zu vier Brigaden in diesen Richtungen attackiert, versucht eine Offensive westlich von Awdijiwka und Marinka zu entwickeln und sich nach Pokrowsk und Kurachowe vorzuarbeiten“, erklärte Syrskyj. Ukrainische Verteidigungseinheiten seien auf neue Stellungen westlich der Ortschaften Berdytschi, Semeniwka und Nowomychajliwka ausgewichen, um Leben und Gesundheit ihrer Soldaten zu schützen.

Zwei dieser Dörfer liegen weniger als 50 Kilometer östlich von Pokrowsk, der dritte Ort befindet sich mehr als 30 Kilometer von Kurachowe entfernt.

Die in Washington ansässige Denkfabrik Institute for the Study of War erklärte, russische Truppen würden in den kommenden Wochen wahrscheinlich „bedeutende Gewinne“ erzielen, während die Ukraine auf dringend benötigte Waffen aus einem großen US-Hilfspaket warte. Invasionstruppen hätten Möglichkeiten, um bei Awdijiwka vorzustoßen und das nahe gelegene Tschassiw Jar zu bedrohen. Dessen Einnahme gäbe den Russen die Kontrolle über eine Anhöhe, von der aus sie andere Schlüsselstädte angreifen könnten, die das Rückgrat der Verteidigung der Ostukraine bilden. Das ISW schätzte aber, dass diese russischen Vorstöße wahrscheinlich nicht dazu führen werden, dass die Verteidigungslinien der Ukraine zusammenbrechen.

Am Sonntag meldete das russische Verteidigungsministerium zudem die Einnahme eines Dorfes rund 15 Kilometer nördlich von Awdijiwka, nachdem das ISW dies vor einigen Tagen prognostiziert hatte. Zu diesem Zeitpunkt beschrieb die US-Denkfabrik die Geländegewinne Russlands als „relativ rasch, aber noch relativ marginal“. So seien die Angriffstruppen in der vergangenen Woche nicht mehr als fünf Kilometer vorangekommen. (ap)

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