Bluttat in Murnau: Die Suche nach dem Motiv

Ein Russe soll in Bayern zwei ukrainische Soldaten getötet haben. Doch noch rätseln die Ermittler, ob das Blutbad einen politischen Hintergrund hat.

Neben dem Einkaufszentrums, an dem zwei Männer aus der Ukraine getötet worden sind, haben Menschen Blumen und Plakate niedergelegt

Neben dem Einkaufszentrums, an dem zwei Männer aus der Ukraine getötet worden sind, haben Menschen Blumen und Plakate niedergelegt Foto: Angelika Warmuth/dpa

MÜNCHEN taz | Ukrainische Flaggen, auch ein schwarz-rot-goldenes Fähnchen, Fotos der getöteten Männer, Kerzen und jede Menge Blumen. So sieht es am Tag danach am Tatort aus. Dort, wo am Sonntagnachmittag zwei Angehörige des ukrainischen Militärs getötet wurden. Die kleine provisorische Gedenkstätte wurde am Rande eines Parkplatzes vor dem Einkaufszentrum in Murnau aufgebaut. Auch ein Schild steht hier: „Nein – Terrorismus! Nein – Krieg! Nein – Morde! Nein – Tod!“

Noch immer liegt vieles im Dunkeln über die Bluttat. Was man weiß, ist, dass die beiden Soldaten 23 und 36 Jahre alt waren und sich auf Reha im oberbayerischen Murnau befanden, um ihre Kriegsverletzungen zu kurieren. Der Polizei zufolge gibt es auch einen dringend Tatverdächtigen: einen 57 Jahre alten Mann, der kurz nach der Tat in seiner nahen Wohnung festgenommen werden konnte. Der Beschuldigte, gegen den noch am Sonntag Haftbefehl erging, hat die russische Staatsangehörigkeit. Er soll schon seit rund 30 Jahren in Deutschland leben.

Es kam offensichtlich zu einem Streit zwischen den drei Männern, zuvor soll reichlich Alkohol geflossen sein. Worum es bei dem Streit ging, ob die Herkunft der Männer beziehungsweise der Krieg dabei eine Rolle spielte, ist offen. Bislang äußern sich die Ermittlerinnen und Ermittler hierzu nicht. Nach Polizeiangaben kannten sich die drei Männer jedenfalls.

Medienberichten zufolge soll der Russe die beiden Ukrainer mit einem Messer niedergestochen haben. Das ältere der beiden Opfer starb noch am Tatort, der andere Mann wenig später im Krankenhaus. Der Bayerische Rundfunk berichtete, dass der 57-Jährige die Tat bereits gestanden habe. Eine offizielle Bestätigung gibt es hierzu allerdings nicht.

Auch dass der Generalstaatsanwaltschaft am Montagnachmittag bekanntgab, die Ermittlungen an sich gezogen zu haben, dürfte in der heiklen Gemengelage eher eine Selbstverständlichkeit sein, als dass es schon etwas Konkretes über mögliche politische Hintergründe der Tat aussagen würde. Die erst 2017 ins Leben gerufene und bei der Generalstaatsanwaltschaft München angesiedelte Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) befasst sich nun mit der Sache. „Das Motiv der Tat ist derzeit noch unklar, wobei eine politische Tatmotivation nichtausgeschlossen werden kann“, teilte die Behörde mit. Deshalb werde in alle Richtungen ermittelt.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba habe den deutschen Behörden für die Festnahme des Verdächtigen gedankt, berichtete das Internetportal Ukrajinska Prawda.

Bürgermeister: „Schlimme Einzeltat“

„Natürlich liegt manches auf der Hand“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in der Bundespressekonferenz und ergänzte etwas umständlich: „Aber klar ist, dass wir so etwas auf deutschem Boden sowieso nicht dulden können, und dass die Ukrainerinnen und Ukrainer, die zu uns sich geflüchtet haben vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine, hier sicher sein müssen, insbesondere auch sicher vor Nachstellungen.“

Murnaus Bürgermeister Rolf Beuting wiederum warnte auf der Website der Gemeinde vor Spekulationen: „Es gibt Hinweise darauf, dass Alkohol im Spiel war.“ Und Alkohol erhöhe das Risiko von Straf- oder Gewalttaten immer deutlich – unabhängig von der Nationalität der Konsumenten. „Wir haben es hier mit einer sehr schlimmen Einzeltat zu tun, die nicht für irgendwelche anderen Zwecke instrumentalisiert werden darf.“

Laut Generalstaatsanwaltschaft kamen die beiden Ukrainer in der zweiten Jahreshälfte 2023 für medizinische Behandlungen nach Murnau. Die Klinik in Murnau ist eine besonders renommierte Unfallklinik. Seit Kriegsbeginn werden hier immer wieder auch verletzte Soldaten aus der Ukraine behandelt. Seit März 2022 wurden in Deutschland mehr als tausend schwer verletzte oder schwer kranke Ukrainer behandelt, wie die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf das Bundesgesundheitsministerium berichtet. Bei etwa zwei Dritteln davon habe es sich um Soldatinnen und Soldaten gehandelt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.