Iranischer Spielfilm bei Berlinale: Wohin mit dem Baby?

Im Film „Ta farda“ entwirft der iranische Regisseur Ali Asgari das Porträt einer ebenso desillusionierten wie leidenschaftlichen Generation.

Zwei junge Frauen mit Kopftuch, eine hält ein Baby im Arm

Ghazal Shojaei und Sadaf Asgari in „Ta farda“ Foto: Silk Road Productions

Wohin mit dem heimlich geborenen, unehelichen Kind, wenn die nichts ahnenden Eltern nahen? Mit jugendlicher Frische verhandelt der 1982 in Teheran geborene Regisseur Ali Asgari in „Ta farda“ („Until Tomorrow“) ein universell bekanntes Thema – allerdings unter den speziellen Umständen der Islamistischen Republik Iran.

Die junge Studentin Fereshteh (Sadaf Asgari) lebt mit ihrem Baby in einem großen Wohnblock in der iranischen Hauptstadt. Nebenbei jobbt sie in einer Druckerei. Ihr Ziel: bei nächster Gelegenheit ins Ausland gehen. Doch nun haben sich ihre Eltern unerwartet zu Besuch angekündigt. Fereshteh bleiben 24 Stunden, um das Baby woanders unterzubringen und die Spuren im Haushalt zu verwischen.

Doch bereits der Versuch, die hastig verpackten Utensilien des Babys bei Nachbarn unterzustellen, erweist sich als kompliziert. Die Wohnungen in dem Block sind klein, viele NachbarInnen neugierig und misstrauisch. Fereshtehs heimlich gelebter Entwurf gerät ins Wanken.

Zum Glück gibt es ihre mutige und tatkräftige Freundin Atefeh (Ghazal Shojaei). In einem wilden Trip durch Teheran versuchen die beiden jungen Studentinnen, das Baby-Problem zu lösen. Sie klappern Verwandte und alte FreundInnen aus der Dissidenten-Szene ab.

Anonymität ist ein seltenes Gut

Doch Anonymität scheint in der iranischen Kontrollgesellschaft ein seltenes Gut. Fast jede Handlung bedarf des Einverständnisses einer weiteren Person. Die beiden Frauen begegnen auf ihrer Odyssee kriminellen Chefärzten, oppositionellen Pantoffelhelden sowie heimlich existierenden Kindsvätern in Zierfischhandlungen.

Atefeh und Fereshteh mag es gelingen, die sittenstrenge Wächterin am Eingang des Studentenwohnheims zu überlisten, doch den eigenen Groll gegen den Zwang zu Lüge und Unterwerfung nicht. Regisseur Asgari entwirft mit „Ta farda“ das Porträt einer gleichermaßen desillusionierten wie leidenschaftlichen Generation, die um die Jahrtausendwende im Iran geboren ist. Die Hauptdarstellerinnen Sadaf Asgari und Ghazal Shojaei wirken authentisch.

15. 2., 13.30 Uhr, International

18. 2., 12.30 Uhr, Zoo Palast 1

19. 2., 21 Uhr, Cineplex Titania

20. 2., 12 Uhr, Zoo Palast 2

Für die Kommentierung des Erlebten reichen ihnen häufig wenige Gesten, Blicke und Einstellungen. Das Private ist politisch, gerade wo ein Teil der Gesellschaft sich zum Komplizen eines patriarchalen Regimes macht. Schauspielerin Ghazal Shojaei überzeugte auch schon in der auf Arte ausgestrahlten Miniserie „Shadi“ („Happiness“).

Trotz aller Widrigkeiten ist es der Berlinale immer wieder gelungen, mit dem Iran verbundene kritische Werke zu zeigen. Mit Mohammad Rasoulofs „There Is No Evil“ gewann 2020 ein iranischer Spielfilm den Wettbewerb des Festivals. 2019 beeindruckte die Schauspielerin Maryam Zaree mit ihrem Dokumentarfilm-Debüt „Born in Evin“.

„Ta farda“ reiht sich nun in die Serie dieser spektakulär unspektakulären Produktionen und Premieren ein, die dem Festival über den reinen cineastischen Betrieb hinaus erst die größere Bedeutung verleihen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.