Cannabis-Verbot: Kiffen bleibt vorerst strafbar

Das bisherige Verbot von Cannabis hat nach Erklärung des Bundesverfassungsgerichts weiter Bestand. Jetzt ist eine Entscheidung des Bundestages gefragt.

Eine Frau mit buntem Kopftuch raucht vor einem großen Plastik-Cannabisblatt genüsslich einen Joint

Freun­d:in­nen des Kiffens feiern am Brandenburger Tor am 20. April den Welt-Cannabis-Tag Foto: Sabine Gudath/imago

FREIBURG taz | Das Bundesverfassungsgericht überlässt die Entscheidung, ob Besitz und Handel mit Cannabis legalisiert werden sollen, dem Bundestag. Die Vorlagen von drei Amtsgerichten, die die Strafbarkeit des Cannabis-Konsums als verfassungswidrig einstuften, lehnte das Gericht als unzulässig ab.

Derzeit sind Anbau, Besitz und Weitergabe von Cannabis in Deutschland strafbar, nur der reine Konsum ist straflos. Amtsrichter Andreas Müller aus Bernau bei Berlin hält das für unverhältnismäßig und daher verfassungswidrig. Beim „moderaten Gebrauch“ durch Nor­mal­be­nut­ze­r:in­nen sei Cannabis „relativ ungefährlich“ und deutlich harmloser als der legale Alkohol. Deshalb müsse zumindest der Besitz von geringen Mengen straflos sein, so Müller.

Richtervorlagen als unzulässig erklärt

Da aber nur Karlsruhe über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen entscheiden kann, legte der Bernauer Amtsrichter 2020 einen ersten Fall vor. Er nutzte dabei einen Musterentwurf des Deutschen Hanfverbands. Insgesamt musste das Bundesverfassungsgericht nun über 13 weitgehend identische Vorlagen der drei Amtsgerichte Bernau, Pasewalk und Münster entscheiden.

Eine mit drei Rich­te­r:in­nen besetzte Kammer des Verfassungsgerichts erklärte nun alle Richtervorlagen für unzulässig. Da Karlsruhe 1994 schon einmal über die Strafbarkeit des Cannabis-Konsums entschieden hatte, hätten die Vorlagen eine ganz neue Sach- oder Rechtslage aufzeigen müssen. Die Amtsrichter hätten jedoch im wesentlichen die alten Argumente wiederholt.

Damit bleibt es bei der Karlsruher Entscheidung von 1994. Danach ist es ein legitimes strafrechtliches Ziel, die Bevölkerung und insbesondere die Jugend vor den Gefahren von Cannabis zu bewahren, auch wenn Kiffen „weit weniger gefährlich“ ist als vom Gesetzgeber ursprünglich angenommen.

Ampel plant Entkriminalisierung

Die Androhung von Strafe sei nicht unverhältnismäßig, weil das Verfahren beim erstmaligen Besitz geringer Mengen Cannabis ja eingestellt werden kann. Dass Besitz und Verkauf des gefährlicheren Alkohols legal bleiben, sei gerechtfertigt, so das Bundesverfassungsgericht 1994, denn der Gesetzgeber könne den Genuss von Alkohol „wegen der herkömmlichen Konsumgewohnheiten in Deutschland“ nicht effektiv unterbinden.

Auch die Tatsache, dass inzwischen mehrere Staaten wie Portugal, Kanada und Uruguay sowie Teile der USA Cannabis legalisiert haben, ohne dass dies zu Chaos und Kontrollverlust führte, ließen die Ver­fas­sungs­rich­te­r:in­nen nicht als neue Sachlage gelten. Sie betonten vielmehr, dass es Aufgabe des Gesetzgebers sei, „Strafnormen gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen“.

Der Verweis auf den Bundestag lag nahe, da die Ampel-Koalition gerade ohnehin eine Entkriminalisierung von Cannabis plant. Ein Gesetzentwurf, den Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorige Woche vorlegte, sieht vor, dass der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigengebrauch ebenso straffrei bleiben soll wie der Besitz von drei Cannabispflanzen zum Eigenanbau. Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Plänen nun zwar keinen Rückenwind verschafft, aber auch keine Bedenken dagegen angedeutet.

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