SPD-Fraktion fordert Industriestrompreis: Scholz und FDP unter Strom

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert staatliche Hilfen für energieintensive Branchen. Der Kanzler und die Liberalen lehnen sie bislang ab.

Stahlkocher in Schutzkleidung am Hochhofen

Enormer Energiebedarf: Stahlkocher am Hochofen im Hüttenwerk von ThyssenKrupp in Duisburg Foto: Ralph Lueger/imago

BERLIN taz | Die SPD-Bundestagsfraktion schlägt sich in der Diskussion über einen subventionierten Strompreis für die Industrie auf die Seite des grünen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck und stellt sich gegen ihren eigenen Kanzler Olaf Scholz und die FDP. Sie fordert einen Strompreis von 5 Cent pro Kilowattstunde für Unternehmen, die sehr viel Energie verbrauchen oder die für den klimagerechten Umbau wichtig sind, etwa Windanlagenbauer.

Die Grünen, Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände und Länderregierungschef verschiedener Parteien fordern seit Monaten einen staatlich subventionierten Strompreis für energieintensive Unternehmen. Wirtschaftsminister Habeck hat dafür bereits im Mai ein Konzept vorgelegt.

Die unterschiedlichen Lager eint die Sorge, dass Branchen mit sehr hohem Energiebedarf wie die Stahl- oder die Chemieindustrie aufgrund der hohen Preise international nicht wettbewerbsfähig sind. Etliche Unternehmen in Deutschland haben wegen der hohen Strompreise bereits die Produktion heruntergefahren. In anderen Ländern wie den USA und China sind die Energiepreise sehr viel niedriger. Obwohl es viele Für­spre­che­r:in­nen gibt, hat der Industriestrompreis bislang keine Chance auf Umsetzung. Denn SPD-Kanzler Scholz und die mitregierende FDP sind bislang dagegen.

Einzelne Stimmen aus der SPD haben sich bereits für einen Industriestrompreis ausgesprochen. Neu ist, dass die SPD-Fraktionsspitze in einem Positionspapier einen „Transformations­strompreis“ von 5 Cent vor Steuern und Umlagen fordert, der auf fünf Jahre begrenzt sein soll. Am kommenden Montag soll die gesamte SPD-Fraktion bei einer Klausurtagung darüber abstimmen.

Keine Dauersubvention

Die Differenz zwischen dem durchschnittlichen Börsenpreis und den 5 Cent sollen die Unternehmen vom Staat erstattet bekommen. Zurzeit liegt der Börsenpreis bei knapp 9 Cent. „Der Bezug auf den Börsenstrompreis statt auf den individuellen Strompreis ist wichtig, um Einsparanreize zu erhalten und die Funktionsweise der Terminmärkte nicht zu beeinträchtigen“, heißt es in dem Papier. Der Preis soll für den gesamten Stromverbrauch gelten.

Erhalten sollen die Hilfen nicht nur energieintensive Unternehmen, sondern auch die „industriellen Schlüsselbereiche der Transformation“ wie Hersteller von Batterien, Windkraft- oder Solaranlagen. Das Geld für die Subventionen soll aus dem Wirtschaftsstabilitäts­fonds (WSF) kommen. Der wurde für die Abfederung der finanziellen Folgen der Coronakrise aufgelegt. Die Bundesregierung hat ihn reaktiviert und mit 200 Milliarden Euro ausgestattet, mit denen unter anderem hohe Energiekosten für Bür­ge­r:in­nen und Unternehmen gedämpft werden.

Die Unterstützung soll an eine Reihe von Bedingungen gekoppelt werden, etwa Energiesparmaßnahmen, Standort- und Beschäftigungsgarantien. Das Konzept der SPD-Fraktion unterscheidet sich in einigen Punkten von Habecks Vorschlag. Der grüne Minister ist für einen Preis von 6 Cent und für 80 Prozent des Verbrauchs. Die SPD-Fraktion versteht die Subvention aber wie Habeck als eine Brücke, bis die erneuerbaren Energien ausreichend ausgebaut sind und Strom aufgrund hoher Kapazitäten billiger ist. „Eine Dauersubvention kann und darf es nicht geben“, heißt es in dem Papier.

Den Grünen kommt der Vorstoß der So­zi­al­de­mo­kra­t:in­nen entgegen. „Ich freue mich sehr, dass sich die SPD-Bundestagsfraktion hinter die Idee des Industriestrompreises von Robert Habeck gestellt hat“, sagte die Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion Katharina Dröge. Bis die erneuerbaren Energien für genug günstigen Strom sorgten, sei eine Deckelung der Preise notwendig. „Als Grüne werden wir uns gemeinsam mit der SPD Bundestagsfraktion dafür einsetzen, dass die Koalition den Industriestrompreis als Teil eines Gesamtpakets für die Wirtschaft beschließt“, sagte sie.

FDP dagegen

Leicht werden dürfte das nicht. Die FDP bleibt bei ihrem Nein. Die Wirtschaft sei insgesamt in einer schwierige Lage, betonte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer. „Die Energiepreise sind für alle zu hoch und das Wirtschaftsministerium sollte Lösungen unterbreiten, wie Industrie, Menschen und Betriebe entlastet werden könnten.“ Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds könne „nicht als Feuerwehr für die vermurkste Energiewende genutzt werden“.

Beifall bekommt die SPD-Bundestagsfraktion aus dem Gewerkschaftslager. Die IG Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) etwa begrüßte den Vorschlag. Sie gehört zur „Allianz pro Brückenstrompreis“, in der sich Gewerkschaften und Verbände energieintensiver Industrien zusammengeschlossen haben. Die Allianz fordert eine schnelle Entscheidung für einen Industriestrompreis.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.