Drug-Checking in Berlin: Alle wollen ihre Drogen checken

Trotz hoher Nachfrage drohte eine Mittelkürzung fürs Drug-Checking. Die ist nun vom Tisch und die Träger wollen das Projekt ausweiten.

Tüten mit Haschisch, Ecstasy und Crystal

Tüten mit Haschisch, Ecstasy und Crystal Foto: dpa

BERLIN taz | Auch vier Monate nach Start des Drug-Checking-Pilotprojekts ist die Nachfrage hoch. So hoch, dass man viele Konsumierende wieder nach Hause schicken müsse, beklagt Ulrike Scherling von der Drogen- und Suchtberatung Vista. „Deshalb brauchen wir mehr Mittel.“ Allerdings wäre für den Haushalt 2024/25 fast das Gegenteil eingetreten. Ursprünglich sah er weniger Geld für Drug-Checking vor.

Nur noch 165.030 Euro beziehungsweise 176.810 Euro waren für die kommenden zwei Jahre eingeplant – nach 200.000 Euro in 2023. Die drei Trägervereine des Drug-Checkings Vista (Kreuzberg), Schwulenberatung (Charlottenburg) und Fixpunkt (Neukölln) hätten dann ihr Angebot einschränken müssen, so Tibor Harrach, Koordinator und pharmazeutischer Leiter des Drug-Checkings.

Doch nun bleibt es auch in den kommenden Jahren bei den 200.000 Euro. Laut dem CDU-Abgeordneten Christian Zander ist die Haushaltsentwurfsaufstellung „etwas unglücklich gelaufen“. Nun aber hatte man „ausreichend Zeit“, die zunächst „pauschalen Kürzungen“ zurückzunehmen.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Bettina König, sagte: Die Kürzungen des Senats bei den sozialen Trägern seien „in dieser Form nicht richtig“ gewesen. Man habe daher Mittel entsprechend umgeschichtet. Final beschließt das Abgeordnetenhaus den kommenden Doppelhaushalt im Dezember in dritter Lesung.

647 analysierte Proben

Das Drug-Checking-Pilotprojekt analysiert illegale Drogen auf Unreinheiten, und das anonym, gratis und straffrei. Konsumierende geben einen Teil ihrer Droge an einer der drei Beratungsstellen ab. Sucht­be­ra­te­r*in­nen erklären die Ergebnisse und beantworten Fragen. Eine Webseite warnt vor als gefährlich analysierten Substanzen. Das Angebot richtet sich vor allem an täglich konsumierende Süchtige und an Personen, die am Wochenende auf Partys konsumieren.

Bis Mitte September wurden 647 Proben analysiert, pro Woche seien es circa 50. Häufige Substanzen sind Amphetamin, Amphetamin-Koffein-Mischungen (Speed), Ecstasy und LSD. Harrach war vom hohen Anteil verunreinigter Proben überrascht, ihm zufolge liegen sie bei mehr als 30 Prozent. Laut Harrach warten die Nut­ze­r*in­nen von Drug-Checking die Ergebnisse ab, um auf Grundlage des Resultats ihre Konsumentscheidung zu treffen. Deshalb könne Drug-Checking Leben retten. Denn Fakt ist: Drogen werden konsumiert. Seit 2012 ist die Zahl der Drogentoten in Deutschland kontinuierlich gestiegen. Allein 2022 starben 1.990 Menschen.

Zur knappen Finanzierung kommt ein weiteres Problem hinzu: „Das Drug-Checking ist derzeit in Konsumräumen nicht gestattet“, so ein Sprecher der Senatsverwaltung für Gesundheit. Die aktuelle Rechtsverordnung stammt noch aus dem Jahr 2002, Drug-Checking kommt da noch nicht vor. Laut Senatsverwaltung soll die Verordnung zwar angepasst werden. Wie lange es dauern wird, bis die Arbeiten dazu abgeschlossen sind, könne man derzeit nicht sagen.

Dabei wäre das Drug-Checking in Konsumräumen vor allem für Menschen wichtig, die auf der Straße leben, sagt Anette Hofmann. Sie ist So­zialpädagogin bei Fixpunkt. „Mit Drug-Checking im Drogenkonsumraum würden wir auch intravenös konsumierende Menschen erreichen.“

Harrach ergänzt: „Es sollte dann so gestaltet sein, dass abhängige Kon­su­men­t*in­nen nicht lange auf das Ergebnis warten brauchen. Darum präferiere ich in Konsumräumen eine Form der Vor-Ort-Analytik.“ Langfristig sei geplant, auch mobiles Drug-Checking anzubieten, wie es es etwa in Thüringen oder in der Schweiz bereits gibt. Voraussetzung dafür ist, dass die Mittel nicht gekürzt, sondern aufgestockt werden.

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