Klausur der CSU-Bundestagsfraktion: Söder lacht nur über Dobrindt

Im Kloster Seeon bestärken sich die führenden Protagonisten der CSU gegenseitig. Als Retter vor der AfD sehen die Christsozialen sich selbst.

Markus Söder und Alexander Dobrindt sitzen zum Auftakt der Winterklausur der CSU im Bundestag auf ihrem Platz im Sitzungssaal

Der bayerische Ministerpräsident (r.) und Dobrindt, sein Statthalter in Berlin Foto: Peter Kneffel/dpa

SEEON taz | Regungslos steht er unter dem Torbogen am Eingang des Klostergebäudes, die Augenbrauen hochgezogen, der Gesichtsausdruck finster. Kein Nicken, kein Grinsen. Nicht einmal, als Alexander Dobrindt seine alljährliche Alliteration zum Besten gibt – „Chancen statt Scholz“ lautet sie diesmal – verzieht Markus Söder die Miene. Nur am Ende des gemeinsamen Auftritts zur Eröffnung der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe, lässt sich der Parteichef zu einer spöttischen Bemerkung über Dobrindts „neues Outfit“, einen hellen Anorak, hinreißen.

In höheren Lagen hat es in der Nacht schon zu schneien begonnen, hier in Seeon warten die CSU-Bundestagsabgeordneten noch auf die pittoreske weiße Kulisse. Vor dem Nieselwetter, „Ampelwetter“ nennt es Landesgruppenchef Dobrindt, hat man sich daher vom Hof in den engen Torbogen geflüchtet, um dort der versammelten Presse einen Ausblick auf das Jahr zu geben. Den Forderungen der beiden CSU-Politiker ist somit zumindest im wörtlichen Sinne ein merkliches Echo beschieden. Etwa der nach Neuwahlen im Bund.

„Die Ampel hat fertig“, sagt Dobrindt, sie habe ihre Legitimation verloren. Im Fußball wäre es nun Zeit für einen Trainerwechsel, findet Söder. Und korrigiert sich gleich darauf: Im Fall der Bundesregierung genüge kein Trainerwechsel, die gesamte Mannschaft müsse ausgetauscht werden. „Ich verstehe nicht, warum man nicht diesen mutigen Weg geht.“ Einmal mehr macht Söder zudem die Politik der Ampel für den Höhenflug der AfD verantwortlich. Nur eine Übernahme der Regierung durch die Union, so Söders Schlussfolgerung, kann ihn stoppen.

Die CSU jedenfalls, daran lassen Söder und Dobrindt keinen Zweifel, sei für eine Regierungsübernahme gerüstet. Was das für das Land bedeute, skizzieren sie denn auch sogleich: Das Heizungsgesetz würde abgeschafft, das Bürgergeld würde wieder zur Sozialhilfe. Die Kosten für eine energetische Sanierung könnten künftig von der Erbschaftssteuer abgezogen werden. Mit der CSU, so Söder, käme die „Schutzmacht für die kleinen Leute, für die normalen und rechtschaffenen Bürger“ an die Macht. Für all diese Menschen, die jetzt verunsichert seien, da Tanken, Essen und Strom teurer würden.

Einen neuen „Energiedeal“ fordert Söder, was in seinen Augen natürlich ein Revival der Atomkraft bedeutet. Längst redet der bayerische Ministerpräsident dabei nicht mehr nur von einer Reaktivierung der letzten stillgelegten Meiler wie dem bayerischen Isar 2. Deutschland brauche die Kernenergie „länger als ein, zwei Jahre“, sagt Söder und spricht sich für neue Reaktoren aus – klein und modern.

Erneut fordern die CSU-Politiker eine grundlegende Wende in der Migrationspolitik. So machen sie sich für das Ruanda-Modell stark, wonach Flüchtlinge in einen sicheren Staat außerhalb der Europäischen Union verbracht werden könnten. Wenn Deutschland sein Schutzversprechen gegenüber geflüchteten Menschen außerhalb der europäischen Grenzen einlöse, könne man das Narrativ der Schleuserbanden durchbrechen, die den Flüchtlingen eine Aufnahme in die deutschen Sozialsysteme versprächen. Zudem wolle man die Leistungen für Flüchtlinge, so weit wie möglich, auf Sachleistungen umstellen. Söder fordert außerdem zu prüfen, ob nicht Abschiebungen in Teile Syriens möglich seien.

Auch die Wehrfähigkeit Deutschlands ist ein wichtiges Thema in Kloster Seeon. Wenn Russland den Krieg gegen die Ukraine gewinne, drohe auch hierzulande ein „veritables Sicherheitsproblem“, so Söder. Deshalb sei eine massive Aufrüstung der Bundeswehr vonnöten. Es brauche „Material, Material, Material“. Söder nennt Panzer, Artillerie, aber auch eine eigene Drohnenarmee.

Aber auch Soldaten fehlten. Deshalb wolle die CSU die Wehrpflicht wiedereinführen. Man habe zwar auch Sympathien für eine allgemeine Dienstpflicht, da deren Einführung aber verfassungsrechtlich kaum möglich sei, habe man sich für die Wiedereinführung einer siebenmonatigen Grundwehrpflicht entschieden, für die ein Bundestagsbeschluss genüge.

Der Ukraine will Söder Marschflugkörper liefern, damit sie russische Angriffe abwehren könne. Das sei die einzige ernsthafte Chance, „damit die Ukraine neuen Mut findet und die Russen nicht gewinnen“.

Um die Geschlossenheit der Union macht sich Söder wenig Sorgen. Die Beziehung zur CDU sei schon lange nicht mehr so gut gewesen. Man solle sich jetzt nur nicht von der K-Frage ablenken lassen und keine falschen Gedankenspiele über mögliche Koalitionen anstellen. Aus seinen eigenen Favoriten macht der CSU-Chef denn auch kein Geheimnis. Die Kanzlerkandidatur läuft demnach auf Friedrich Merz zu, als Regierung strebt Söder eine Koalition mit der SPD oder notfalls eine „Deutschlandkoalition“, also eine Zusammenarbeit mit SPD und FDP, an.

Neben Söder empfängt die Landesgruppe während ihrer dreitägigen Klausurtagung weitere namhafte Gäste: etwa EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, den dänischen Einwanderungsminister Kaare Dybvad Bek, den Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied und Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer. CDU-Chef Merz ist diesmal nicht dabei. Er feiert mit seiner Familie den 100. Geburtstag seines Vaters.

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