Kampagne gegen Altersdiskriminierung: Von Erfahrung im Job profitieren
Ältere Frauen werden auf dem Arbeitsmarkt oft diskriminiert. Eine neue Kampagne mit dem Titel „Ohne uns seht ihr alt aus“ soll gegensteuern.
Frauen im mittleren Alter werden häufig bei Beförderungen übergangen, bei Fortbildungen übersehen oder gar nicht erst eingestellt. Das erklärte Ferda Ataman, Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, am Donnerstag in Berlin. Diese Altersdiskriminierung schade nicht nur den Frauen, sondern angesichts des Fachkräftemangels auch der Wirtschaft.
Laut Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz ist Altersdiskriminierung zwar verboten. Doch nicht alle Arbeitgeber erfüllen die gesetzlichen Vorgaben, wie etwa die Einrichtung von Beschwerdestellen. „Wenn Frauen wissen, welche Rechte sie haben, ist schon viel geholfen“, sagte Ataman, und: „Frauen ab Mitte 40 brauchen keine Anti-Aging-Tipps, sondern ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld“.
Die Antidiskriminierungsstelle unterstützt deshalb eine am 1. März startende Kampagne des Online-Magazins „Palais F*luxx“ mit dem Titel: „Ohne mich würdet ihr alt aussehen“. Zwölf berufstätige Frauen zwischen 47 und 64 haben sich dafür porträtieren lassen und von ihrem Arbeitsalltag berichtet.
Die Kampagne lege den Fokus auf Frauen, die erfolgreich im Beruf stehen, doch das sei nicht für alle Alltag, sagte Ataman. Laut einer Befragung des statistischen Bundesamts sind Frauen in der Gruppe der 45- bis 54-Jährigen am häufigsten von Altersdiskriminierung betroffen: 14 Prozent erleben diese, bei ihren männlichen Altersgenossen sind es nur 10 Prozent. Die Antidiskriminierungsstelle verzeichnete seit Atamans Amtsantritt 700 Fälle von Altersdiskriminierung. „Und das ist nur die Spitze des Eisbergs“, sagte die Antidiskriminierungsbeauftragte, denn die meisten Betroffenen würden sich erst gar nicht an die Beratungsstelle wenden.
Brauchen ein neues Altersbild von Frauen
Die Publizistin Silke Burmester hat die Kampagne mitinitiiert. Sie sagte am Donnerstag: „Wir brauchen ein neues Altersbild von Frauen: Wir wollen uns nicht zurückziehen.“ Vor einer 47-jährigen Frau lägen immer noch 20 reguläre Berufsjahre, in denen sie und ihre Arbeitgeber*innen von ihrer Erfahrung, Perspektive, Know-How und Gelassenheit profitieren könnten.
Anja Lüthy, Professorin für Betriebswirtschaftslehre, betonte das Potential von Arbeitnehmerinnen über 47. Für das Jahr 2035 seien 7 Millionen fehlende Arbeitskräfte prognostiziert, fast jedes zweite Unternehmen sei heute schon vom Fachkräftemangel betroffen. Demgegenüber stünden 12,2 Millionen Frauen zwischen 47 und 59 – eine große Ressource, die Arbeitgeber*innen nicht ausreichend wahrnehmen würden. Die Beschäftigungsrate von Frauen in dieser Altersgruppe sei 10 Prozent geringer als die ihrer männlichen Altersgenossen. Frauen würden zudem immer noch schlechter bezahlt, im Schnitt mit 18 Prozent weniger Lohn pro Stunde. In Führungspositionen seien sie weiterhin unterrepräsentiert.
Lüthy forderte außerdem das Thema Wechseljahre aus der Tabuzone zu holen. Arbeitgeber*innen müssten für die Bedürfnisse der Frauen sensibilisiert werden. Frauen, die Symptomen der Wechseljahre erlebten, wünschten vor allem Flexibilität. „Wir brauchen ein Recht auf Homeoffice, ein Recht auf Teilzeit auch in Führungspositionen“, so Lüthy.
Leser*innenkommentare
Läufer
Die Scheu vor Älteren betrifft beileibe nicht nur Frauen.
Es gibt immer noch zahllose Personalabteilungen und Firmenleitungen, die lieber eine Position unbesetzt lassen als eine Person über 50 einzustellen.
-- Oft werden ältere (und teure) Mitarbeiter sogar gezielt hinauskomplimentiert, in der Hoffnung, einen jungen, willigen Kandidaten für den Job zu verpflichten. Der punktgenau die erforderlichen Fähigkeiten mitbringt und für das Gehalt eines osteuropäischen Wanderarbeiters einsteigt.. - Und den gibt es meist halt nicht. Auch nicht mehr unter Zuwanderern, denn die sind inzwischen über Gehaltsmöglichkeiten bestens informiert. --
Ich wette, so mancher Chef bereut es insgeheim, die älteren Mitarbeiter vergrault zu haben. Recht geschieht ihm.
Der sog. Fachkräftemangel ist zu 100 Prozent hausgemacht.
Mondschaf
Schmunzeln trotz Runzeln... (© Mondschaf, 70++)