Polizei Berlin: Das Spielchen wiederholt sich

Berlins Polizeipräsidentin will bei der EM Deutschlandfahnen an Polizeistreifenwagen verbieten. Bei CDU und Polizeigewerkschaften regt sich Kritik.

Berliner Polizisten im Einsatz

Berliner Polizisten im Einsatz Foto: dpa

Es ist 18 Jahre her, aber die Bilder sind noch gut in Erinnerung. Schwarz-rot-goldene Fahnen waren das Symbol der Fußballweltmeisterschaft, die 2006 in Deutschland ausgetragen wurde – wegen der entspannten Atmosphäre „Sommermärchen“ genannt. Überall in Berlin gab es Public Viewing. Die Menschen liefen mit auf die Wangen geschminkten deutschen Fahnen und Kränzen in den Nationalfarben herum. Sogar Teile der linken Szene, die bis dahin ein distanziertes Verhältnis zum deutschen Wimpel ausgezeichnet hatte, war sich für diese Körperdekoration nicht zu schade.

Dass sich Polizisten die Mannschaftswagen mit den Fahnen behängten, verwunderte weniger, passte es doch zum Image.

Jahre danach, als die Bestechungsaffäre bei der Vergabe der WM an Deutschland aufgeflogen war, hatte die Erzählung vom Sommermärchen schweren Schaden genommen. Die Freude von Berlins Polizisten am Fahnenschwenken war von deutlich kürzerer Dauer. Kurz nach dem Beginn der WM untersagte ihnen ihr Chef, der damalige Polizeipräsident Dieter Glietsch, mit Verweis auf das Neutralitätsgebot per Dienstanweisung, Deutschlandfahnen an den Streifenwagen anzubringen.

Zur Neutralität verpflichtet

Die CDU schäumte. Die Anweisung sei spießig und Ausdruck mangelnder Toleranz, befand Frank Henkel, damals innenpolitischer Sprecher der Union. Auch bei den Bundestags-Innenexperten von CDU und SPD kam die Berliner Linie nicht gut an. Man solle das nicht so eng sehen, immerhin handele es sich um die Nationalfarben, so der Rat an den damaligen rot-roten Senat.

Glietsch blieb bei seiner Haltung. Und auch Innensenator Ehrhart Körting (SPD) beeindruckte es wenig, als ihm der CDU-Rechtsaußen Kurt Wanser im Innenausschuss aus Protest eine Deutschlandfahne überreichte.

Warum das alles erzählt wird? Das Spielchen droht sich zu wiederholen. Polizeipräsidentin Barbara Slowik hat am Wochenende in einem Zeitungsinterview angekündigt, sie werde den Polizeikräften nicht erlauben, im Sommer während der Fußball-EM Deutschlandfahnen an den Streifenwagen anzubringen. Die Berliner Polizei sei zur „Neutralität verpflichtet“.

Kurt Wanser, immer noch Abgeordneter, hat bestimmt noch eine Fahne im Schrank, auch wenn die Reaktion auf Slowiks Ankündigung derzeit noch gemäßigt ausfällt. Rechtlich sei die Entscheidung nicht zu beanstanden, vermeldeten CDU und Polizeigewerkschaften, aber … Ein Blick über den Tellerrand wird empfohlen, andere Bundesländer seien da großzügiger. In den sozialen Medien indes beginnt es bereits zu brodeln. Vergleiche mit der Regenbogenbogenfahne klingen an. Die werde schließlich auch vor Berliner Behörden gehisst. Für alle, die es noch nicht mitbekommen haben: Die Regenbogenfahne steht für Toleranz.

Die Polizeipräsidentin und Innensenatorin Iris Spranger (SPD) wären gut beraten, beim Flaggenverbot für die Polizisten zu bleiben. In Zeiten, in denen die AfD die deutsche Fahne zum Identifikationssymbol erkoren hat und man damit automatisch rechtsextremes Gedankengut in Verbindung bringt, darf auch optisch kein Zweifel an der Neu­tralität der Berliner Polizei aufkommen. Die Bilder von der EM gehen durch die Welt.

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