+ + + Nachrichten im Ukraine-Krieg + + +: Zwei Tote bei Beschuss von Café

Ermittler wollen den Flugschreiber der Maschine, mit der Prigoschin abstürzte, sichergestellt haben. Ein Drohnen-angriff legte Moskaus Airports zeitweise lahm.

Ein Soldat begutachtet einen zerstörten Panzer auf einer Landstraße

Ein zerstörter ukrainischer Panzer nahe des von der Ukraine zurückeroberten Dorfes Robotyne Foto: Viacheslav Ratynskyi/reuters

Briten: Russland will Kupjansk zurückerobern

Bei russischem Beschuss eines Cafés im Nordosten der Ukraine sind nach Angaben der örtlichen Regierung zwei Zivilisten getötet und eine weitere Person verletzt worden. Gouverneur Oleh Synjehubow berichtete bei Telegram, der Angriff auf die gastronomische Einrichtung in Podoly, einem Vorort der Stadt Kupjansk, habe sich am Samstagmorgen ereignet. Rettungskräfte seien vor Ort.

Der britische Militärgeheimdienst hält es für möglich, dass Russland versuchen könnte, die Gegend von Kupjansk wieder einzunehmen, nachdem die ukrainischen Truppen sie bei einer Gegenoffensive im vergangenen September zurückeroberten. Zuvor befand sich das Gebiet mehr als sechs Monate lang unter russischer Besetzung. Unter Verweis auf russische Versuche, sich über die Frontlinie hinwegzusetzen, ordneten die ukrainischen Behörden in diesem Monat die verbindliche Evakuierung von knapp 12.000 Zivilisten aus 37 Städten und Dörfern in der Gegend an. Nach dem Rückzug der russischen Besatzer im vergangenen Jahr teilten die ukrainischen Behörden mit, sie hätten in der Region Folterkammern und Massengräber entdeckt. (ap)

Zweiter Frachter verlässt Hafen von Odessa

Trotz des von Russland verkündeten Aus für das Getreideabkommen mit der Ukraine ist ein Schüttgutfrachter aus dem Hafen von Odessa ausgelaufen. Das Schiff hat nach Angaben des Schiffsdatenerfassers Marinetraffic am Samstagmorgen Odessa verlassen und ist auf dem Weg nach Warna in Bulgarien. Die „Primus“ ist bereits der zweite Frachter, der trotz der von Russland wieder verhängten Seeblockade über ukrainische Häfen aus Odessa ablegt.

Die „Primus“ läuft unter liberianischer Flagge. Das Schiff lag seit Ende Februar im Hafen. Damals kam es noch unter dem Namen „Polarstar“ dort an. In der Zeit wechselte es seinen Besitzer und gehört nun einer Reederei aus Singapur. Welche Ladung die „Primus“ an Bord hat, ist unklar. Moskau hatte Mitte Juli seine Sicherheitsgarantien für einen Getreidekorridor zur Türkei zurückgezogen. Stattdessen würden alle Schiffe, die ukrainische Häfen ansteuern, als Träger militärischer Fracht angesehen, hieß es.

Doch die Seeblockade wurde bereits umgangen. Den Präzedenzfall bildete der deutsche Containerfrachter „Joseph Schulte“. Das Schiff war Mitte August aus dem ukrainischen Hafen Odessa ausgelaufen und hatte als erster einen von der Ukraine ausgewiesenen Seekorridor für Handelsschiffe genutzt. Nach ukrainischen Angaben befahren zivile Schiffe den eingerichteten Korridor auf eigenes Risiko. Die Überfahrt verlief damals ohne Zwischenfälle.(dpa)

Drei Piloten sterben bei Flugzeugzusammenstoß

Bei einem Zusammenstoß zweier Flugzeuge sind in der Ukraine übereinstimmenden Medienberichten vom Samstag zufolge drei Piloten ums Leben gekommen. Im Gebiet Schytomyr seien am Freitagabend zwei Trainingsflugzeuge des Typs L-39 in der Luft miteinander kollidiert, heißt es. Unter den Opfern ist demnach auf der unter seinem Pseudonym „Juice“ bekannte Pilot Andrij Pilschtschykow.

Den Tod Pilschtschykows bestätigte sein Freund Pawlo Pozelujew in sozialen Medien. Pilschtschykow war Pilot des Kampfflugzeugs Mig-29 und hatte seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine an einer Reihe von Luftgefechten teilgenommen, unter anderem bei der Verteidigung von Kiew. In Interviews mit westlichen Medien hatte er mehrfach um die Lieferung westlicher Kampfjets vom Typ F-16 gebeten. (dpa)

Tote des Flugzeugabsturzes werden genetisch untersucht

Nach dem Flugzeugabsturz in Russland, bei dem mutmaßlich Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin ums Leben kam, haben russische Ermittler nach eigenen Angaben neben den Leichen der zehn Opfer auch Flugschreiber der Maschine an der Absturzstelle gefunden. „Die Flugschreiber wurden von den Ermittlern sichergestellt“, teilte die russische Ermittlungskommission am Freitag im Onlinedienst Telegram mit. Um die Identität der zehn Todesopfer festzustellen, würden die Leichen derzeit genetisch untersucht.

Beim Absturz eines Privatflugzeugs in der russischen Region Twer waren am Mittwoch nach russischen Behördenangaben alle zehn Insassen ums Leben gekommen. Den Behörden zufolge stand Söldnerführer Prigoschin ebenso wie sein Stellvertreter Dmitri Utkin auf der Passagierliste.

Seit dem Absturz gibt es Spekulationen, dass es sich um einen Anschlag auf den Wagner-Chef gehandelt haben könnte. Der Kreml wies jegliche Vermutungen über eine Verwicklung in den Fall als „absolute Lüge“ zurück. (afp)

Ukraines Militär: russische Verteidigungslinie durchbrochen

Die ukrainischen Streitkräfte gehen einem Kommandeur zufolge davon aus, die schwierigste russische Verteidigungslinie im Süden des Landes durchbrochen zu haben. Daher könnten sie nun schneller vorrücken, sagte der im Süden kämpfende Kommandeur mit dem Decknamen Skala. „Wir haben die Hauptstraßen, die vermint waren, passiert. Wir kommen zu den Linien, an denen wir vorrücken können. Ich bin sicher, dass wir von hier aus schneller vorankommen werden“, sagte Skala. Die Ukraine hat im Juni eine Gegenoffensive gestartet, die allerdings nur schleppend vorankommt.

Am Mittwoch erklärten die ukrainischen Streitkräfte, sie hätten die Nationalflagge in der Siedlung Robotyne in der südlichen Region Saporischschja, etwa zehn Kilometer südlich der Frontstadt Orichiw, gehisst. „Wir machen hier nicht halt“, sagte der Kommandeur. Das nächste Ziel sei die Hafenstadt Berdjansk. „Ich habe meinen Kämpfern sofort klar gemacht: unser Ziel ist nicht Robotyne, unser Ziel ist das Asowsche Meer.“ Robotyne liegt ungefähr 100 Kilometer vor Berdjansk und 85 Kilometer von der als strategisch wichtig angesehenen Stadt Melitopol. Beide werden von russischen Truppen kontrolliert.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj versprach in dieser Woche die Befreiung der ganzen Ukraine – auch der bereits 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim. Russland ist am 24. Februar 2022 in die Ukraine einmarschiert mit dem Ziel, die Regierung in Kiew zu stürzen. Derzeit kontrollieren russische Truppen Teile des Landes im Süden und Osten. Neben den Kämpfen am Boden beschießt Russland regelmäßig ukrainische Städte mit Raketen und trifft dabei auch zivile Ziele. (rtr)

Flüge von und nach Moskau aus vorübergehend ausgesetzt

Wegen eines Drohnenangriffs ist der russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge der Betrieb aller drei großen Flughäfen von Moskau am Samstag vorübergehend eingestellt worden. Das russische Verteidigungsministerium und der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin teilten mit, über dem Bezirk Istra der Region Moskau sei eine Drohne abgeschossen worden. Die Gegend liegt rund 50 Kilometer vom Roten Platz entfernt. Sobjanin teilte bei Telegram mit, Berichte über Opfer oder Schäden gebe es nicht.

Tass berichtete, die Flughäfen Scheremetewo, Domodedowo und Wnukowo hätten am Samstagmorgen Flüge ausgesetzt. Das Verteidigungsministerium machte die Ukraine für den angeblichen Drohnenangriff verantwortlich. Die ukrainische Regierung äußerte sich bis Samstagmorgen nicht dazu. Sie hat versucht, wegen des russischen Kriegs in der Ukraine tief im Innern von Russland anzugreifen. Sie berichtete vor kurzem, dass sie für Angriffe auf russische Militärziele weit hinter den Frontlinien verantwortlich sei. (ap)

Ukrainische Drohnen in der russischen Region Belgograd

Die russischen Behörden melden einen weiteren Drohnenangriff. In der an die Ukraine grenzenden Region Belgorod habe die russische Luftwaffe eine Drohne nahe dem Dorf Kupino abgeschossen, teilt Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow mit. Berichte über Verletzte oder Schäden gebe es nicht. Bei Beschuss eines anderen Dorfes, Urasowo, seien dagegen vier Menschen verletzt und Gebäude beschädigt worden. Der Gouverneur macht die Ukraine für beide Angriffe verantwortlich. Die Regierung in Kiew äußert sich zunächst nicht. Sie nimmt in der Regel nicht Stellung zu Vorwürfen, russisches Territorium anzugreifen. (rtr)

Russland hält an Kooperation mit Iran fest

Russland hält demonstrativ an seiner militärischen Zusammenarbeit mit dem Iran fest. „Wir sind unabhängige Staaten und werden uns nicht dem Diktat der USA oder seiner Satelliten unterwerfen“, sagt Vize-Außenminister Sergej Rjabkow laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA. „Es gibt keine Veränderungen, und die Kooperation mit dem Iran wird fortgesetzt.“ Zuvor hatten die USA Medienberichten zufolge die Führung in Teheran aufgefordert, Verkäufe von Drohnen nach Russland einzustellen. Russische Truppen setzen bei ihren Angriffen in der Ukraine seit einiger Zeit Drohnen des Typs Schahed aus iranischer Produktion ein. Die Regierung in Moskau hat diese Darstellung bisher zurückgewiesen. Der Iran erklärte, Drohnenlieferungen an Russland hätten nur vor Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 stattgefunden. Laut US-Regierungskreisen sollen aber seit August 2022 noch mehrere hundert Stück an Russland übergeben worden sein. (rtr)

Ukraines Verteidigungsminister: Putin durch Absturz geschwächt

Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow sieht den russischen Präsidenten Wladimir Putin durch den Flugzeugabsturz politisch geschwächt, bei dem führende Mitglieder der Wagner-Söldnertruppe ums Leben gekommen sind. Resnikow erinnert in einem Interview mit Bild, Welt und Politico daran, dass es zwischen Putin und der Wagner-Gruppe ein Abkommen nach dem Marsch auf Moskau vor zwei Monaten gegeben habe, das jetzt gebrochen worden sei. Resnikow hält auch das Dementi des Kremls zur Verantwortung für den Flugzeugabsturz für unglaubwürdig. Für die Gegenoffensive der Ukraine spielte das weitere Schicksal der Wagner-Gruppe keine Rolle. Sie sei inzwischen integriert worden in die russischen Streitkräfte oder in ein privates Unternehmen in Afrika. Ein Teil sei in Belarus stationiert. „Es gibt keine Wagner-Gruppe mehr, wie man sie als ernsthafte Streitmacht vor einem Jahr sehen konnte. Sie ist kaputt.“ (rtr)

Makeiev bemängelt zögerliche militärische Unterstützung

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, führt eine zögerliche militärische Unterstützung der westlichen Partner als einen Grund für die derzeit schwierige ukrainische Gegenoffensive an. „Russland hatte Zeit, um sich einzubarrikadieren“, sagte Makeiev im „Interview der Woche“ des Deutschlandfunks. „Man hat sehr lange gebraucht, um die ukrainischen Brigaden, Brigaden des Angriffes vorzubereiten und auszustatten.“ Diese Brigaden seien nun voll mit westlichen Waffen und Munition. Er verwies dabei auch auf die Debatten in Deutschland um die Lieferung von Schützenpanzern und Flugabwehrsystemen.

Die Ukraine habe keine Lufthoheit über ihr Territorium, sagte Makeiev weiter. Daher sei die Lieferung der F-16-Kampfflugzeuge so wichtig – Dänemark, die Niederlande und Norwegen haben F-16 zugesagt. Mit Blick auf deutsche Taurus-Marschflugkörper sagte Makeiev, man sei in einem „sehr pragmatischen und inhaltsreichen Gespräche“ mit der Bundesregierung. Die Ukraine fordert seit längerem von Deutschland Taurus-Marschflugkörper. Kanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich dazu aber bisher zurückhaltend. Es gibt Befürchtungen, dass die Marschflugkörper auch russisches Territorium erreichen könnten.

Angesprochen auf mögliche Friedensverhandlungen mit Russland sagte Makeiev: „Hier geht es um Vernichtung, und Russland und leider die russische Bevölkerung wollen überhaupt keine Ukraine, und in diesem Zusammenhang geht man nicht ins Gespräch mit einer Kompromissbereitschaft.“ Das sei für die Ukraine überlebenswichtig. „Das haben auch sehr viele Partner jetzt verstanden, und es wird kein Druck auf uns ausgeübt, jetzt mit Russland ins Gespräch zu kommen.“ (dpa)

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