+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Sorge wegen erhöhter Spannungen

Trotz Drohungen aus dem Iran und von Hisbollah-Chef Nasrallah haben sie offenbar kein Interesse an einer weiteren militärischen Eskalation.

Ein Mann trägt die Leiche eines Opfers nach zwei Explosionen in der iranischen Stadt Kerman 820 Kilometer südöstlich von Teheran

Ein Mann trägt die Leiche eines Opfers nach zwei Explosionen in der iranischen Stadt Kerman 820 Kilometer südöstlich von Teheran Foto: Foto: Sare Tajalli/Iranian Students' News Agency, ISNA/dpa

Blinken reist wieder in den Nahen Osten

Angesichts der Furcht vor einer Ausweitung des Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas reist US-Außenminister Antony Blinken nach Angaben aus Washington am Donnerstagabend erneut in den Nahen Osten. Dabei wird er unter anderem Israel besuchen, hieß es am Mittwochabend (Ortszeit) aus Regierungskreisen. Zu den genauen Zielen der Reise gab es aus Washington zunächst keine weiteren Angaben. Bei seinen Reisen in den vergangenen Wochen hatte der US-Chefdiplomat aber auch mehrere arabische Länder besucht.

Es wäre Blinkens vierte Nahost-Reise und sein fünfter Besuch in Israel seit dem Überfall der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober. Blinken begleitete zudem US-Präsident Joe Biden bei einem Israel-Besuch Mitte Oktober. (afp)

US-Sprecher weist Vorwürfe Irans zurück

Vor Bekanntwerden von Blinkens neuer Reise hatte US-Außenamtssprecher Matthew Miller erklärt, kein Land habe „Interesse an einer Eskalation“ in der Region. Er trat auch Äußerungen aus dem Iran entgegen, die USA könnten mit dem Anschlag in der südiranischen Stadt Kerman zu tun haben. „Jegliche Andeutung des Gegenteils“ sei „lächerlich“, sagte Miller. Seine Regierung habe auch „keinen Grund zu der Annahme“, dass Israel mit dem Vorfall zu tun habe.

Am Mittwoch waren bei dem Bombenanschlag in Kerman nahe dem Grab des 2020 von den USA getöteten Generals Kassem Soleimani nach Angaben Teherans mindestens 95 Menschen gestorben. Weitere 211 Menschen wurden laut iranischen Staatsmedien verletzt. Der iranische Präsidentenberater Mohammad Dschamschidi machte Israel und die USA für den Anschlag verantwortlich.

Der Anschlag wurde laut Staatsmedien mit zwei im Abstand von etwa 15 Minuten gezündeten Bomben verübt. Ein hochrangiges Mitglied der US-Regierung erklärte, Washington gehe von einem Anschlag der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) aus. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach der Regierung im Iran sein Mitgefühl aus. Er habe „diesen Terroranschlag auf das Schärfste verurteilt“ und seine „Solidarität mit dem iranischen Volk ausgedrückt“, schrieb Borrell am Mittwochabend nach einem Telefonat mit dem iranischen Außenminister in Online-Netzwerken. (afp)

Hisbollah-Chef Nasrallah warnt Israel

Nach der Tötung des Vize-Leiters des Politbüros der Hamas, Saleh al-Aruri, bei einer Explosion in der libanesischen Hauptstadt Beirut warnte der Chef der Hisbollah Israel vor einer Eskalation des Konflikts mit dem Libanon. „Die Ermordung Al-Aruris ist ein gefährliches Verbrechen, das nicht ohne Reaktion und Bestrafung bleiben wird“, sagte Hassan Nasrallah in einer Rede am Mittwoch. „Wenn der Feind einen Krieg gegen den Libanon beginnt, werden wir uns an keine Regeln mehr halten“, sagte Nasrallah. Eine direkte Drohung gegen Israel oder gar eine Kriegserklärung sprach er aber nicht aus.

Nasrallah sagte in seiner Rede lediglich: „Wir haben keine Angst vor dem Krieg und wir zögern nicht.“ Israel hatte keine Verantwortung für die Tötung von Al-Aruri übernommen. Der Hamas-Anführer stand allerdings schon länger auf Israels „Abschussliste“. Israel geht davon aus, dass er an der Planung des verheerenden Terroranschlags am 7. Oktober im israelischen Grenzgebiet beteiligt war, der der Auslöser des Gaza-Kriegs war. (dpa)

Libanon: Wollen nicht in einen Krieg gezogen werden

Die Tötung Al-Aruris hat den Gaza-Krieg nun bis nach Beirut getragen. Die dortige Regierung ist bemüht, den Konflikt nicht eskalieren zu lassen: „Wir sind sehr besorgt, die Libanesen wollen nicht hineingezogen werden, selbst die Hisbollah möchte nicht in einen regionalen Krieg hineingezogen werden“, sagte Minister Bou Habib. Er forderte die westlichen Staaten auf, „Druck auf Israel auszuüben, damit es all seine Gewalt und alle seine Aktionen einstellt, nicht nur im Libanon, nicht nur in Beirut, sondern auch in Gaza“. (dpa)

Auswärtiges Amt fordert zu Ausreise aus dem Libanon auf

Wegen der angespannten Lage an der israelisch-libanesischen Grenze forderte das Auswärtige Amt deutsche Staatsangehörige auf, den Libanon so schnell wie möglich zu verlassen. Deutsche, die sich noch in dem Land aufhalten, sollten sich in der Krisenvorsorgeliste Elefand registrieren und „auf schnellstem Wege“ ausreisen, schrieb das Auswärtige Amt am Mittwoch auf der Plattform X. „Eine Eskalation an der Grenze zwischen Israel und Libanon ist nicht auszuschließen“, hieß es nach einer Tagung des Krisenstabs. (dpa)

Experten: Hisbollah und Iran wollen keine große Eskalation

„Es ist jetzt sehr wichtig, dass die Hisbollah ihre Abschreckungsfähigkeit wiederherstellt und dabei den örtlichen Gegebenheiten Rechnung trägt: Die Libanesen wollen nicht in einen Krieg hineingezogen werden“, sagte Anthony Samrani, Chefredakteur der libanesischen Zeitung L'Orient-Le Jour, dem Auslandsfernsehen des französischen Senders France 24. Die schiitische Hisbollah verfüge auch gar nicht über die Mittel für einen umfassenden Konflikt mit Israel, „besonders angesichts der starken US-Präsenz in der Region“.

Weder die Hisbollah noch ihr größter Unterstützer, der Iran, seien bereit, sich größeren Vergeltungsmaßnahmen zu stellen, sagte auch der politische Analyst Makram Rabah der Deutschen Presse-Agentur. „Seit Beginn des Konflikts ist klar, dass der Iran kein Interesse an einer umfassenden Konfrontation hat“, sagte er. Das Wall Street Journal wies nach den verheerenden Explosionen im Iran vom Mittwoch darauf hin, dass Irans Präsident Ebrahim Raisi in einer kurzen Stellungnahme auf der Plattform X zwar eine entschiedene Reaktion angekündigt, aber niemandem die Schuld für den Anschlag zugewiesen habe.

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