+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Proteste gegen UNRWA

In Jerusalem gibt es Proteste gegen das Palästinenserhilfswerk UNRWA. Die USA wollen Israel Alternativen zur Rafah-Offensive aufzeigen. Kanada stoppt Waffenexporte an Israel.

Mehrere Personen bereiten Essen zu, im Hintergrund Trümmer.

Fastenbrechen in Rafah am Montagabend Foto: Fatima Shbair

Proteste gegen UN-Palästinenserhilfswerk in Jerusalem

In Jerusalem haben am Mittwoch mehrere Dutzend Menschen gegen das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA protestiert. Bei der Demonstration vor dem Jerusalemer Büro der UN-Organisation forderten die Israelis die „Auflösung“ der Organisation und riefen in Sprechchören: „UNRWA ist Hamas! Hamas ist UNRWA!“

Israel wirft der UNRWA vor, im Gazastreifen „mehr als 450 Terroristen“ zu beschäftigen, also Mitglieder der radikalislamischen Hamas und anderer militanter Palästinensergruppen. Zwölf UNRWA-Mitarbeiter werden sogar beschuldigt, direkt an dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober beteiligt gewesen zu sein.

Als Reaktion auf die Vorwürfe setzten zahlreiche Staaten, darunter Deutschland und die USA, ihre Zahlungen an das Hilfswerk aus. Die UNO entließ die zwölf UNRWA-Mitarbeiter und leitete eine Untersuchung ein. Die UN-Organisation, die mit ihren insgesamt rund 30.000 Beschäftigten auch im von Israel besetzten Westjordanland sowie in Jordanien, Syrien und im Libanon aktiv ist, spielt zugleich eine entscheidende Rolle bei der Verteilung von Hilfsgütern zur Versorgung der notleidenden Zivilbevölkerung im Gazastreifen.

„Die UNRWA hat Terrorismus zugelassen“, sagte die Demonstrantin Allison Epstein. „Das ist keine Friedensorganisation. Sie hat Generationen von Palästinensern dazu erzogen, Juden zu hassen. Es ist an der Zeit, sie aufzulösen.“ (afp)

Bundesregierung warnt erneut vor Offensive in Rafah

Die Bundesregierung hat erneut vor einer Offensive der israelischen Armee in Rafah im Süden des Gazastreifens gewarnt. Es sei nicht ersichtlich, wie eine Offensive zum jetzigen Zeitpunkt den Schutz der Zivilbevölkerung ausreichend berücksichtigen könne, sagt ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin. In Rafah hielten sich derzeit rund 1,2 Millionen Menschen auf. Viele davon stammten aus dem Norden des Gazastreifens und seien nur nach Aufforderung Israels Richtung Süden geflohen. (rtr)

USA bringen „praktikable Alternativen“ zu Rafah-Offensive ins Spiel

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu will sich dem Druck der USA widersetzen und hält an einer Bodenoffensive in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens fest. „Es gibt keine andere Möglichkeit, als am Boden hineinzugehen“, sagte Netanjahu am Dienstag vor dem Außen- und Verteidigungsausschuss des israelischen Parlaments, wie die Zeitung Times of Israel berichtete. Er hatte am Vortag in einem Gespräch mit US-Präsident Joe Biden dessen Aufforderung zugestimmt, eine Delegation in den kommenden Tagen nach Washington zu schicken. Dort wollen die USA Medienberichten zufolge Alternativen zu einer Bodenoffensive aufzeigen.

„Wir sagen nicht einfach: 'Nein, das könnt ihr nicht tun. Wir sagen, dass wir bereit sind, mit Ihnen an praktikablen Alternativen zu arbeiten, die Ihnen trotzdem helfen, Ihre Ziele zu erreichen“, zitierte die Times of Israel am Mittwochmorgen einen ranghohen US-Beamten. Der Widerstand der USA gegen eine größere Bodenoffensive in Rafah bedeute nicht, dass Washington gezieltere Einsätze gegen die Hamas-Führung in Rafah oder anderswo ablehne, hieß es.

Die alternativen Pläne der USA seien ebenfalls auf dieses Ziel ausgerichtet. Ein Ansatz könne demnach sein, dass Israel sich statt einer Bodenoffensive darauf konzentriert, den Waffenschmuggel von Ägypten nach Gaza durch den sogenannten Philadelphi-Korridor zu verhindern. Der Aufbau einer Infrastruktur zur Unterbrechung der Schmuggelroute sei für die Zerschlagung der Hamas wichtiger als eine große Bodenoffensive in Rafah. „Wenn Israel in Rafah einmarschiert, mit all den zivilen Opfern, die dies mit sich bringen würde, wird die Zusammenarbeit mit Ägypten bei der Sperrung des Korridors sehr viel schwieriger“, hieß es.

Auch das Nachrichtenportal Axios hatte zuvor unter Berufung auf US-Beamte über diese von Washington in Erwägung gezogene Option berichtet. Eine weitere Idee sei, eine Militäroperation in Rafah zu verschieben und sich auf die Stabilisierung der humanitären Lage im Norden des abgeriegelten Küstengebiets zu konzentrieren, berichtete das Nachrichtenportal am Dienstag weiter.

Dort droht nach Angaben der Vereinten Nationen eine Hungerkatastrophe. Diese Option würde auch den Bau von Unterkünften für die aus Rafah zu evakuierende Zivilbevölkerung beinhalten, berichtete Axios. Ziel sei es, das Potenzial zu verringern, dass es bei einer Invasion in Rafah zu massiven zivilen Opfern kommt. (dpa)

Bericht: Verteidigungsminister Israels und USA planen Treffen

Das Nachrichtenportal Axios berichtete am Dienstag, Netanjahu schicke seinen Minister Ron Dermer, Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi und einen für humanitäre Fragen zuständigen Militärvertreter nach Washington, aber keine Offiziere der Armee, die für die militärische Planung des Einsatzes in Rafah zuständig sind.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin werde nächste Woche separat den israelischen Verteidigungsminister Joav Galant in Washington empfangen, berichtete der US-Sender CNN am Dienstag unter Berufung auf einen Beamten des US-Verteidigungsministeriums. (dpa)

Blinken: Ganz Gaza von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen

Die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens ist nach Einschätzung von US-Außenminister Antony Blinken von akuter Ernährungsnot betroffen. Nach den anerkanntesten Bewertungen litten „100 Prozent der Bevölkerung in Gaza unter schwerwiegender akuter Ernährungsunsicherheit“, sagte er am Dienstag zum Abschluss eines Besuchs auf den Philippinen. „Das ist das erste Mal, dass eine ganze Bevölkerung so eingestuft wurde.“ Blinken reist am Mittwoch nach Saudi-Arabien und dann nach Ägypten weiter, um die Bemühungen für eine vorübergehende Waffenruhe und Geiselfreilassung zu besprechen. (dpa)

Was genau ist eine Hungersnot?

Bericht: Verhärtete Fronten bei Verhandlungen über Feuerpause

Bei den über die Vermittler Katar, Ägypten und den USA geführten Verhandlungen erschienen die Ziele Israels und der Hamas jedoch derzeit unmöglich miteinander vereinbar, berichtete das Wall Street Journal. Während Israel darauf poche, den Krieg nach einer Feuerpause mit dem Ziel einer Zerschlagung der Hamas fortzusetzen, verhandele die Hamas im Wesentlichen um ihr Überleben und dränge auf einen dauerhaften Waffenstillstand und Möglichkeiten, im Nachkriegs-Gaza einflussreich zu bleiben, wenn auch nicht mehr als Herrscher.

Die Vermittler sähen die laufenden Gespräche als letzte Chance, eine Waffenruhe zu erreichen, bevor es zu Israels Rafah-Offensive kommt, hieß es. Jeder Angriff auf Rafah würde alle Bemühungen um eine Einigung über eine Feuerpause und die Freilassung weiterer Geiseln behindern, warnte der Sprecher des katarischen Außenministeriums am Dienstag. (dpa)

Regierungskreise: Kanada stoppt Waffenlieferungen an Israel

Kanada stoppt nach Angaben aus Regierungskreisen seine Waffenlieferungen an Israel. Die Situation vor Ort erlaube es dem nordamerikanischen Land nicht mehr, Waffen zu exportieren, hieß es am Dienstag aus Regierungskreisen. Die von Kanada seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas vor fünf Monaten erteilten Genehmigungen für den Verkauf von Waffen hätten nur die Ausfuhr nicht tödlicher Waffen betroffen. Seit Januar habe es keine Exporte mehr gegeben. In der Vergangenheit war Israel einer der Hauptempfänger kanadischer Waffenexporte. (afp)

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