+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Festnahmen bei Protest in Moskau

Bei einer Demo gegen den Krieg kamen am Samstag auch Journalisten in Polizeigewahrsam. In der Ukraine geht das Gerangel um General Saluschni weiter.

Mehrere Menschein in einer Menge vor den Mauern des Kreml

Insbesondere Ehefrauen von Mobilisierten haben am Samstag vor der Kremlmauer gegen den Krieg protestiert Foto: Andre Ballin/dpa

Insgesamt 27 Personen von der Polizei abgeführt

Bei Protesten von Angehörigen der für den Ukraine-Krieg mobilisierten Russen in Moskau hat die Polizei Medien zufolge Dutzende Menschen festgenommen. 27 Personen, die auf dem Manege-Platz vor dem Kreml abgeführt wurden, seien in das nächstgelegene Polizeirevier überstellt worden, berichtete das unabhängige Internetportal Sota am Samstag. Unter den Festgenommenen sind demnach vor allem Männer, es sollen auch ausländische Journalisten darunter sein.

Darunter befand sich auch ein AFP-Reporter, der mit etwa weiteren Journalisten in einen Polizeiwagen gezwungen worden sei. Dieser sei offenbar unterwegs zu einem Polizeirevier, berichtete der AFP-Videojournalist aus dem fahrenden Fahrzeug heraus.

Aufgerufen zu der Protestaktion hatte die Bewegung „Putj domoi“ („Weg nach Hause“), die von Ehefrauen mobilgemachter Russen ins Leben gerufen wurde. Zum 500. Tag der Mobilmachung für den von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Krieg gegen die Ukraine haben die Angehörigen an der Kremlmauer am Grab des unbekannten Soldaten Blumen niedergelegt. Mit dem friedlichen Protest wollen sie die Rückholung ihrer Männer von der Front und den Verzicht auf eine weitere Mobilmachung erzwingen.

Während für den Krieg rekrutierte Straftäter inzwischen auf freiem Fuß und wieder in Russland seien, werde den Mobilisierten die Rückkehr nicht erlaubt, klagten sie. Bei der Veranstaltung sprachen sich die Aktivistinnen für einen schnellstmöglichen Frieden aus.

Putin hatte nach Kriegsbeginn den eigenen Landsleuten versprochen, dass nur Freiwillige in das Nachbarland zum Kämpfen geschickt würden. Im Herbst 2022 nach einer Reihe von Niederlagen rief er entgegen seinem Versprechen eine Teilmobilmachung für 300 000 Mann aus. (dpa/ap)

Sicherheitspartnerschaft soll noch im Februar kommen

In den Verhandlungen über eine Sicherheitspartnerschaft zwischen Deutschland und der Ukraine liegt einem Zeitungsbericht zufolge nun ein Entwurf vor. Ziel sei es, die zwischenstaatliche Vereinbarung während der Münchner Sicherheitskonferenz zu unterzeichnen, berichtete die FAZ weiter. Für einen genauen Termin gab es von der Bundesregierung am Samstag in Berlin aber keine Bestätigung.

Eine Regierungssprecherin verwies auf dpa-Anfrage auf Äußerungen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der im Januar gesagt hatte, er habe sehr intensiv mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gesprochen und werde das Gespräch in Kürze fortsetzen. „Dabei hat die Sicherheitspartnerschaft eine große Rolle gespielt, die zwischen uns intensiv vorbereitet wird. Deshalb gehe ich davon aus, dass wir das bald finalisieren werden“, sagte Scholz da. Er habe das Gefühl, „dass wir kurz vor einer abschließenden Verhandlung stehen“.

Die FAZ berichtete unter Berufung auf Regierungskreise in Berlin, eine Unterzeichnung sei für den 16. Februar geplant. Die Nato hatte auf ihrem Gipfel in Vilnius beschlossen, ihre Mitglieder sollten ein Netz bilateraler Sicherheitsvereinbarungen mit der Ukraine eingehen, solange das Land nicht im Bündnis ist. Großbritannien hat diesen Schritt bereits vollzogen.

Zur geplanten Vereinbarung mit Deutschland zitierte die FAZ die für die Integration in die EU und die Nato zuständige ukrainische Vize-Ministerpräsidentin Olha Stefanischyna. Man werde sich an dem orientieren, was in Vilnius beschlossen wurde. Sie sagte: „Dazu gehören die nötigen Reformen in der Ukraine, finanzielle Hilfe über mehrere Jahre, militärisch-industrielle Zusammenarbeit und die Bereitstellung von nachhaltiger militärischer Unterstützung durch Deutschland.“ (dpa)

Russland wirft USA Provokation der Ukraine zum Krieg vor

Der Kreml hat Washington nach dem Ukraine-Besuch der amtierenden stellvertretenden US-Außenministerin Victoria Nuland vorgeworfen, Kiew zu einer Fortsetzung des Kriegs zu provozieren. „Die Amerikaner fügen den Ukrainern (dadurch) mehr Schmerzen zu und die Amerikaner sorgen dafür, dass mehr Ukrainer sterben“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow dem Korrespondenten des russischen Staatsfernsehens Pawel Sarubin, der die Aufnahmen am Samstag auf Telegram veröffentlichte.

Die USA seien direkte Beteiligte des Konflikts und würden sich immer mehr darin verstricken, sagte Peskow. Dies werde aber am Ausgang des Kriegs nichts ändern, zeigte er sich zuversichtlich.

Der Kreml pflegt immer wieder das Narrativ, dass die vielen Opfer, die der von Präsident Wladimir Putin befohlene Angriffskrieg gegen die Ukraine verursacht, darauf zurückzuführen sind, dass der Westen Kiew bei der Verteidigung hilft. (dpa)

Polens Präsident bezweifelt Rückeroberung der Krim

Der polnische Präsident Andrzej Duda hat Zweifel daran geäußert, dass der Ukraine eine Rückeroberung der von Russland besetzten Halbinsel Krim gelingen kann. Duda bekräftigte zwar am Freitagabend in einem Interview auf YouTube die offizielle Position Polens, nach der die Ukraine die Kontrolle über ihr gesamtes Territorium zurückerlangen müsse. Auf die Frage, ob er glaube, dass die Ukraine dazu wirklich in der Lage sein werde, antwortete er jedoch: „Diese Frage ist für mich schwer zu beantworten.“ Er wisse es nicht. Die schon 2014 von Russland besetzte Krim sei ein besonderer Ort. „Schließlich war sie, historisch betrachtet, die meiste Zeit in russischer Hand.“ Dudas Äußerungen lösten am Samstag Kritik der Ukraine aus.

Der ukrainische Botschafter in Polen, Wassyl Swarytsch, schrieb auf der Plattform X, die Krim sei und bleibe Teil der Ukraine. Die Besatzung der Krim zu beenden, sei die gemeinsame Aufgabe und Verpflichtung der freien Welt. Die Ukraine hat wiederholt erklärt, in dem Krieg gegen Russland ihr ganzes Territorium einschließlich der Krim zurückerobern zu wollen.

Auch innenpolitisch geriet Duda, der der abgewählten nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) nahesteht, wegen seiner Äußerungen unter Druck. Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski betonte, dass sein Land die Unabhängigkeit der Ukraine in ihren international etablierten Grenzen anerkenne. Polen hat seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine 2022 zu den entschlossensten Unterstützern der Regierung in Kiew gehört.

Ein Abgeordneter der liberal-konservativen Bürgerkoalition (KO), dem größten Koalitionspartner der aktuellen Warschauer Regierung, Roman Giertych, schrieb auf X mit Blick auf die Aussage Dudas: „Was für eine unglaublich dumme Äußerung.“ Er erinnere den Präsidenten daran, dass es in Polen Städte gebe, die kürzer zu Polen gehört haben als zu einem anderen Land.

Rückendeckung erhielt Duda aus dem PiS-Lager. Die Kritik an dem Präsidenten sei unbegründet, schrieb der PiS-Parlamentarier Radoslaw Fogiel ebenfalls auf X. Duda habe auf die Frage nach einer Rückeroberung der Krim durch die Ukraine direkt geantwortet, dass er es nicht wisse.

Duda hatte wörtlich gesagt, er wisse nicht, ob die Ukraine die Krim zurückerobern werde. „Aber ich glaube, sie wird Donezk und Luhansk zurückerobern“, fügte der Präsident hinzu. Teile der beiden ostukrainischen Regionen waren – wie die Krim – ebenfalls schon 2014 von pro-russischen Kräften eingenommen worden. Anders als auf der Krim wird dort aber aktuell heftig gekämpft. (rtr)

Ukraine fängt 14 russische Drohnen ab

Die ukrainische Luftwaffe hat eigenen Angaben zufolge in der Nacht zum Samstag neun von insgesamt 14 von Russland abgefeuerten Drohnen abgefangen. Die meisten der Drohnen iranischer Produktion hätten „Einrichtungen der Energieinfrastruktur“ in der zentralukrainischen Region Dnipropetrowsk zum Ziel gehabt, erklärte die Luftwaffe. Zudem seien Ziele im Süden der Ukraine angegriffen worden.

Der Gouverneur der Region Dnipropetrowsk, Serhij Lysak, erklärte, 15.000 Menschen seien infolge der Drohnenangriffe ohne Strom. Durch Brände seien Heizanlagen in der Stadt in Mitleidenschaft gezogen worden, so dass „einige Familien ohne Wasserversorgung“ seien. Es habe „keine Toten oder Verletzte“ gegeben, allerdings seien zwei Privathäuser beschädigt worden, teilte Lysak mit.

Der Leiter der Militärverwaltung in Krywyji Rih im Landesinneren, Oleksandr Wilkul, erklärte, die Energieunternehmen würden „Zeitpläne mit Notabschaltungen“ für das Stromnetz einführen. Der Straßenbahnbetrieb in der Heimatstadt von Präsident Wolodymyr Selenskyj wird demnach zunächst eingestellt, ein Teil der Krankenhäuser stellt auf Stromgeneratoren um. Das ukrainische Energieministerium gab an, es arbeite an der Wiederherstellung wichtiger Infrastruktur.

Die Ukraine ist fast in jeder Nacht russischen Luftangriffen ausgesetzt, bei denen teilweise dutzende Raketen und Drohnen auf Stadtzentren abgefeuert werden. Als Reaktion feuert Kiew seit Monaten auch Drohnen und Raketen auf russisches Gebiet ab. Besonders im Visier ist dabei die Grenzregion Belgorod. (afp)

Russland berichtet von Brand einer Ölraffinerie

In Russland ist russischen Angaben zufolge eine wichtige Ölraffinerie nach einem der Ukraine zugeschriebenen Drohnenangriff in Brand geraten. In der Nacht zu Samstag hätten die Luftabwehr und elektronische Systeme einen Drohnenangriff in den Bezirken Kalatschjowski und Sakanalje in der westrussischen Region Wolgograd abgewehrt, erklärte Gouverneur Andrej Botscharow am Samstag im Onlinedienst Telegram. Nach dem Absturz einer abgeschossenen Drohne sei in der Raffinerie von Wolgograd ein Feuer ausgebrochen.

Die Feuerwehr habe die Flammen in der Anlage des russischen Ölkonzerns Lukoil bereits am frühen Morgen unter Kontrolle gebracht, erklärte der Gouverneur weiter. Verletzte habe es keine gegeben. Eigenen Angaben zufolge ist Lukoil „der größte Produzent von Erdölprodukten im Föderationskreis Süd“, zu dem acht Regionen im Südwesten Russlands gehören.

Örtliche Medien veröffentlichten mutmaßliche Bilder der nächtlichen Explosion. Von dem örtlichen Sender V1 kontaktierte Anwohner gaben an, zwei Explosionen gehört zu haben.

Die russischen Streitkräfte teilten mit, dass die Luftabwehr vier Drohnen in der Region Belgorod, zwei weitere in der Region Wolgograd und eine weitere in der Region Rostow am Don abgeschossen oder mit Störsystemen abgefangen habe.

Kiew hat Russland in den vergangenen Monaten vermehrt mit Drohnen angegriffen. Zuletzt hatte es verstärkt Angriffe auf russische Öl- und Gasanlagen gegeben. (afp)

Selenski begrüßt Ankunft neuer Luftabwehrsysteme

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski begrüßt in seiner nächtlichen Videoansprache die Ankunft neuer Luftabwehrsysteme. Er könne keine Einzelheiten zu den eingetroffenen Systemen nennen, sie seien aber das Ergebnis monatelanger unermüdlicher Arbeit auf verschiedenen Ebenen. „Aber das sind Systeme, die alles abschießen können“, sagte er. „Wir werden die Regionen schützen. Und obwohl die Systeme noch nicht für die vollständige Verteidigung der Ukraine ausreichen, arbeiten wir jeden Tag auf dieses Ziel hin.“ (rtr)

Ukraine vor Absetzung von Oberkommandeur Saluschni

Die ukrainische Regierung will offenbar seinen Oberkommandeur, General Waleri Saluschni, absetzen und hat nach Angaben von Insidern das US-Präsidialamt über diese Pläne informiert. Dies erklärten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen am Freitag (Ortszeit). „Das Weiße Haus hat zum Ausdruck gebracht, dass es Sache der Ukraine ist, ihre eigenen souveränen Entscheidungen über ihr Personal zu treffen“, so einer der Insider. Eine offizielle Stellungnahme des Weißen Hauses liegt bisher zu dem Sachverhalt nicht vor. Saluschi war offenbar mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski wegen militärischer Strategien und anderen Fragen aneinandergeraten. Zudem soll der Schritt die Konsequenz der nicht erfolgreichen ukrainischen Gegenoffensive im vergangenen Jahr sein, bei der es nicht gelang, nennenswerte Teile des von Russland gehaltenen Territoriums zurückzuerobern.

Einer der Insider erklärte, dass sich Selenski und der General über eine neue militärische Mobilisierungsoffensive uneinig gewesen sein sollen, wobei der Präsident Saluschnis Vorschlag abgelehnt habe, hierfür 500.000 neue Soldaten einzuberufen. „Im Moment haben beide Seiten (der Präsident und der General) eine Pause eingelegt, um festzustellen, wie die Zukunft aussehen wird. Im Moment wird der Status quo bis auf weiteres beibehalten“, sagte der Insider. Die Washington Post hatte als erstes darüber berichtet, dass die Ukraine plant, ihren Oberkommandeur zu entlassen, und dies dem US-Präsidialamt mitteilen möchte. Waleri Saluschni hatte zuvor am Donnerstag eine Kolumne auf der Website des amerikanischen Nachrichtensenders CNN veröffentlicht, in der er schrieb, dass die ukrainische die Regierung es versäumt habe, genügend Truppen zu mobilisieren. Westlichen und ukrainischen Medienberichten zufolge lehnte Saluschni die Bitte Selenski ab, noch in dieser Woche zurückzutreten. (rtr)

52 Ukrai­ne­r:in­nen seit Kriegsbeginn in Berlin behandelt

Seit Kriegsbeginn vor knapp zwei Jahren sind mehrere Dutzend ukrainische Patientinnen und Patienten mit koordinierten Transporten nach Berlin gebracht worden. 52 Menschen seien seit dem 24. Februar 2022 über das sogenannte Kleeblatt-Verfahren in hiesigen Kliniken weiterbehandelt worden, teilte die Senatsverwaltung für Gesundheit auf Anfrage mit (Datenstand 22. Januar). Darunter sind Zivilisten und Soldaten.

Das Kleeblatt-System war während der Corona-Pandemie eingeführt worden, um Patientinnen und Patienten bei Überlastung innerhalb Deutschlands auf Kliniken zu verteilen. Insgesamt wurden seit Kriegsbeginn bisher mehr als 950 Patientinnen und Patienten aus der Ukraine über diesen Mechanismus nach Deutschland transportiert und hier behandelt, wie eine Sprecherin des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe mitteilte.

Überwiegend geht es demnach um kriegstypische Verletzungen, etwa durch Schüsse, Explosionen, Sprengungen, Verbrennungen und um den Verlust von Gliedmaßen. Außerdem würden auch akut Erkrankte aus der Ukraine übernommen, die eine weitergehende medizinische Behandlung bräuchten. Etwa, weil es in dem kriegsgebeutelten Land an Medikamenten mangelt oder Infrastruktur zerstört wurde. „Hinzu kommen noch unterschiedlichste Psychotraumata.“

Fachleuten zufolge dürften abseits des offiziellen Weges noch mehr ukrainische Kriegsverletzte in Berlin behandelt worden sein, da sich auch Hilfsorganisationen für eine Versorgung einsetzen. (dpa)

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