Abschaffung des Paragraf 219a: Das Patriarchat muss einstecken

Der Bundestag berät den Gesetzentwurf zur Aufhebung des Paragrafen 219a. Von der Linken kommt Zustimmung, die Opposition zeigt sich empört.

Eine Frau hält einen Kleiderbügel mit der Aufschrift "Nie wieder - 219a weg" in die Luft

Die Union, zusammen mit der AfD, lehnt den Gesetzentwurf der Ampel ab Foto: Emmanuele Contini/ZUMA Press/imago

BERLIN taz | Es ist ein wichtiger Schritt, um Schwangerschaftsabbrüche zu entkriminalisieren. Am Freitag debattierte der Bundestag in erster Lesung über den Gesetzentwurf zur Abschaffung des Paragrafen 219a, der das sogenannte Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche regelt. In besagtem Paragrafen heißt es, dass alle Menschen, die Schwangerschaftsabbrüche anbieten oder Informationen dazu veröffentlichen, mit einer Freiheitsstrafe von „bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“ werden.

Die Bundesregierung begründet die Streichung des 219a damit, dass Ärz­t:in­nen eingeschränkt seien, wenn sie Schwangere über Schwangerschaftsabbrüche informieren wollen. So erschwere der Paragraf einerseits den ungehinderten Zugang zu fachlichen Informationen sowie „das Auffinden einer geeigneten Ärztin oder eines geeigneten Arztes“. Zu diesen Informationen zählen die sachliche Aufklärung über Methodik und Risiken, aber auch Praxen und Ärzt:innen, die einen solchen Abbruch durchführen. Derweil sei der neue Gesetzentwurf der Regierung mit der „Schutzpflicht für das ungeborene Leben vereinbar“.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sprach von einer „Fortschrittskoalition“ und betonte, dass eine Aufklärung eine Abtreibung nicht wahrscheinlicher, „sondern die Entscheidung der Frau informierter“ mache. Er erklärte, dass es „jedem Verschwörungstheoretiker“ erlaubt sei, „Unsinn über Schwangerschaftsabbrüche zu verbreiten“, nur Ärz­t:in­nen nicht – und, dass der Gesetzentwurf nichts am Schutz des ungeborenen Lebens ändere.

Familienministerin Lisa Paus (Grüne) zeigte sich erfreut und erklärt, dass es „um existenzielle Fragen“ ginge, da reproduktive Rechte „leider nicht selbstverständlich“ seien. „Es ist schlicht zynisch, dass Ärztinnen dafür Strafverfolgung fürchten müssen“, so Paus – eine Anspielung auf die Gießener Ärztin Kristina Hänel, die sich mehreren Strafanzeigen und Ermittlungsverfahren stellen musste.

Streichung war „längst überfällig“

Auch die Bundestagsabgeordnete Schahina Gambir (Grüne) zeigte sich der gegenüber der taz erfreut. „Auf diesen Gesetzentwurf mussten wir lange warten und doch kommt er genau zur richtigen Zeit“, erklärte sie mit der Begründung, wie Frauen weltweit für das Recht auf Selbstbestimmung kämpfen müssen. So zeigen „die bedrohlichen Entwicklungen in Ländern wie Afghanistan oder auch den USA“, wie sehr Schwangere unter Druck stehen. Der freie Zugang zu Informationen sei für Betroffene aber notwendig, um „selbstbestimmt eine Entscheidung treffen zu können“.

Die Union, zusammen mit der AfD, lehnt den Antrag der Bundesregierung ab. Als Begründung erklärte Katja Leikert (CDU) der taz, dass es bei dem Paragrafen darum ginge, eine Balance zwischen dem Recht auf Information und „die Würde des ungeborenen Lebens“ zu finden. So wolle die Union mit ihrem eigenen Antrag Ärz­t:in­nen „Raum zur Information geben, ohne dass dieser als Deckmantel für eine ausufernde Werbung missbraucht“ werde.

Gegen eine solche „Blockadehaltung der Union“ habe Gülistan Yüksel (SPD) lange gekämpft. Der taz gegenüber erklärt Yüksel, dass nun endlich Realität werde, „was längst überfällig war“. Ferner ergänzt sie, dass es ein „guter Tag für das Recht der Frauen auf körperliche Selbstbestimmung“ sei.

Neue Kommission für reproduktive Rechte

In ihrer Bundestagsrede erwähnten sowohl Lisa Paus als auch die linke Abgeordnete Heidi Reichinnek eine neue Kommission, die einen Fokus auf reproduktive Rechte haben wird. Eine Sprecherin des Bundesfamilienministeriums ergänzte auf Nachfrage der taz, dass es gemäß des Koalitionsvertrags eine „Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“ geben soll.

Die Kommission soll auch die „Möglichkeiten zur Legalisierung der Eizellspende und der altruistischen Leihmutterschaft“ prüfen. Noch wurde die Kommission nicht eingesetzt, da die Art, Zusammensetzung sowie Arbeitsfragen geprüft werden. Die Führung wird das Bundesgesundheitsministerium übernehmen.

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