So funktioniert die Klimakonferenz: Von COPs und MOPs

Ob auf der UN-Klimakonferenz etwas beschlossen wird, ist nicht sicher. Wenn 192 Staaten und NGOs mitreden, garantiert dies ein kompliziertes Verfahren.

Zwei Konferenzen auf einmal: Ministerin Wieczorek-Zeul (Mitte) mit deutschen Vertreterinnen auf Bali Bild: dpa

Als Rachmat Witoelar, der Umweltminister des Gastgeberlandes Indonesien, am 3. Dezember die UN-Klimakonferenz eröffnete, eröffnete er streng genommen zwei Konferenzen auf einmal, die auf Bali gleichzeitig stattfinden: COP 13 und MOP 3.

COP 13 bedeutet: 13. Sitzung der "Conference of Parties". Mittlerweile 192 Staaten haben die Klimarahmenkonvention unterschrieben, die die Erderwärmung als "ernsthaftes Problem der Menschheit" anerkennt und sich dazu verpflichtet, Lösungen zu finden. MOP 3 bedeutet: 3. Sitzung der "Members of Protocol", jener Staaten also, die das Kiotoprotokoll ratifiziert haben. Um im gemeinsamen Sitzungssaal nicht den Überblick zu verlieren, haben die MOP- und COP-Länder farblich verschiedene Namensschilder. Diejenigen, die Kioto nicht unterschrieben haben, sitzen hinter weißen Schildern, so die USA, Somalia oder Andorra.

Die Delegierten der UN-Klimakonferenz haben sich auf einen Entwurf für eine Abschlusserklärung verständigt. Darin werden die Industriestaaten dazu aufgefordert, ihren CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2020 um 25 bis 40 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zu senken. Die Entwicklungs- und Schwellenländer werden aufgerufen, zumindest einen Anstieg ihrer Emissionen zu verhindern.

In dem fünfseitigen Papier, das der taz vorliegt, geht es zudem um einen Fahrplan für ein neues Klimaabkommen, das das im Jahr 2012 auslaufende Kioto-Protokoll ersetzen soll.

Ob dieser Entwurf beschlossen wird, hängt auch von den übrigen 13 Verhandlungssträngen ab. Etwa der Schutz der Regenwälder oder der Anpassungsfonds, der armen Ländern beim Kampf gegen den Klimawandel helfen soll, sind noch umstritten.

Den alljährlichen großen UN-Klimakonferenzen voraus gehen die Frühjahrstreffen in Bonn, wo die Tagesordnungen für die Konferenz festgelegt und erste Verhandlungstexte formuliert werden. Diese werden zur Begutachtung geschickt. Regierungen können genauso "Eingaben" dazu machen wie Nichtregierungsorganisationen.

Der Job des Konferenzpräsidenten ist es nun, aus den Verhandlungstexten einen Vertragstext zu formulieren, der von den Umweltministern aller COP-Staaten oder, sofern der Vertragsgegenstand etwas mit dem Kioto-Protokoll zu tun hat, aller MOP-Staaten unterzeichnet werden kann. Dafür müssen allerdings alle Beteiligten zustimmen.

Um überhaupt eine Chance auf Erfolg zu haben, hat der Tagungspräsident 14 Unterverhandlungsgruppen einberufen. Eine befasst sich mit dem Anpassungsfonds, der armen Ländern bei der Folgenbewältigung des Klimawandels helfen soll. Eine zweite beschäftigt sich mit der Entwaldung, eine dritte formuliert den "Zukunftsprozess", also den Fahrplan für weitere Verhandlungen für ein neues Klimaabkommen, das an die Stelle des im Jahr 2012 auslaufenden Kioto-Protokolls treten soll.

Weil der Anpassungsfonds Bestandteil des Kioto-Protokolls ist, dürfen hier nur die MOP-Staaten mitreden, die anderen Staaten haben nur einen Beobachterstatus, den auch die chinesische Handelskammer oder Greenpeace genießen. Denn "Träger öffentlichen Interesses" hat die UNO als Beobachter zugelassen.

Jede Unterverhandlungsgruppe wählt einen eigenen Vorsitzenden. Beim Anpassungsfonds sind dies der Finne Jukka Uosukainen und der Nigerianer Ositadinma Anaedu. Ihr Job ist es, den Ursprungstext weiter zu verfeinern. Dazu wird der Text an die Wand projiziert und Zeile für Zeile von den mindestens 300 Delegierten durchgegangen. Schreibkräfte des Klimasekretariats nehmen jede Änderung auf, und am Abend geht der geänderte Text zum UN-Sitz in Genf, wo er ins Arabische, Chinesische, Englische, Französische, Russische und Spanische übersetzt wird. Am nächsten Morgen können die Delegierten dann den geänderten Text erneut zerpflücken.

Das führt zu Komplikationen. So beantragten die USA am Freitag einen Redebeitrag - als COP-Staat auf einer MOP-Verhandlung. China hatte etwas dagegen, so dass die Delegierten drei Stunden lang darüber diskutierten, ob die USA reden dürfen. Schließlich stimmten die Chinesen zu.

Geraten die Arbeiten am Text ins Stocken, berufen die Vorsitzenden so genannte "informals" ein. Hinter verschlossenen Türen wird dann im kleinen Kreis ausgelotet, was am Text geändert werden muss, um die Zustimmung eines Staates oder einer Staatengruppe zu gewinnen. Verschiedene solcher Interessengruppen gibt es. Die kleinen Inselstaaten bilden eine, ebenso die Afrikaner, die EU-Staaten oder die lateinamerikanischen Mitglieder des Mercosur. In der "Umbrella-Group" haben sich Länder wie Kanada, Australien, Russland, die Ukraine oder die USA organisiert. Eine Gruppe, die sich als Vermittler versteht, nennt sich "Ehrlichkeit". Südkorea, Mexiko oder die Schweiz gehören zu ihr.

Gelingt es nun tatsächlich, einen Vertragsentwurf fristgemäß bis Dienstag an den Konferenzpräsidenten Rachmat Witoelar zu übergeben, heißt das noch lange nicht, dass das Thema abgehakt ist. Zum einen wird der Text noch etliche Wortpassagen beinhalten, die in Klammern stehen - strittige Fragen, die im Gesamtpaket neu verhandelt werden müssen. Zudem dürften die zuständigen Minister, die ab diesem Dienstag die Verhandlungen übernehmen, dem einen oder anderen Ergebnis widersprechen. Dann werden Unterhändler losgeschickt.

Selbst wenn augenblicklich Einigkeit über den Verhandlungstext herrscht, ist immer noch unklar, ob dieser beschlossen wird. Ist ein Land auf einem anderen Verhandlungsstrang unzufrieden, kann es gut sein, dass zum Beispiel das Vertragswerk Anpassungsfonds neu verhandelt werden muss - um dem Land, das beim Thema Wald unzufrieden ist, Entgegenkommen zu zeigen.

Wirklich beschließen kann nur das gesamte Plenum. Und beschlossen wird nur das, dem alle Staaten zustimmen. Oft kommt es bei Weltklimakonferenzen deshalb vor, dass in der letzten Stunde des letzten Verhandlungstages einfach die Uhren angehalten werden. So lange, bis die Delegierten vor Müdigkeit kapitulieren. Oder die Konferenz für gescheitert erklärt werden muss. So oder so: Die heiße Phase der Verhandlungen hat jetzt begonnen.

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