Deutschlands Wirtschaftsschwäche: Kaputtgespart

Ja, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft sind schwierig. Das liegt auch an Versäumnissen der Vergangenheit.

Rote Kräne im Hamburger Hafen

Die Wirtschaftsschwäche liegt auch an der ausgedünnten Bürokratie Foto: Christian Charisius / dpa

Wirtschaftlich sieht es für Deutschland schlecht aus. Die im internationalen Vergleich höheren Energiepreise bewegen zumindest einige Unternehmen dazu, ihre Fabriken zu verlagern. Der Fachkräftemangel führt dazu, dass Unternehmen ihre Forschungszentren ins Ausland verlegen. Und ja: Auch die Verwaltung ist ein Problem. Damit hat CDU-Chef Friedrich Merz recht. Nur: All diese Versäumnisse sind nicht zuletzt auf die Politik seiner Partei zurückzuführen. Und leider scheint die Ampelkoalition, allen voran das FDP-geführte Finanzministerium, diese Politik fortzusetzen.

Dass Deutschland laut IWF als einziges unter den Industrieländern 2023 ein Minuswachstum verzeichnen wird, hat drei Gründe: Deutschland hat sich zu sehr auf günstiges russisches Gas verlassen. Umso teurer ist nun der LNG-Ersatz. Deutsche waren zudem zu exportfixiert: Großabnehmer China entkoppelt sich nun aber im Zuge der geopolitischen Konflikte vom Westen. Und das betrifft deutsche Unternehmen besonders hart. Vor allem aber: Der deutsche Staat hat seine Verwaltung kaputtgespart.

Es ist nicht so sehr die Bürokratie mit angeblich zu vielen Verwaltungsvorschriften, die für lange Wartezeiten bei Genehmigungen sorgt, sondern die personelle Unterausstattung. Zur Spardoktrin gehörte, 20 Jahre lang praktisch keinen Nachwuchs auszubilden. Die Lücken sind gewaltig. Viele Ämter ähneln einem Seniorenstift, weil ein Großteil der Belegschaft vor dem Ruhestand steht.

Der Investitionsbedarf ist gigantisch. Das Schienennetz ist marode, der öffentliche Wohnungsbau lahmt, der klimaresiliente Umbau der Städte läuft viel zu schleppend. Bildungs- und Technologieoffensiven könnten in konjunkturell schwierigen Zeiten für neuen Schub sorgen. Stattdessen will die Ampelregierung bei der Digitalisierung sparen.

US-Präsident Biden hat erkannt: Allein mit massiver staatlicher Unterstützung von Schlüsselindustrien wird sein Land mit der Konkurrenz aus Fernost mithalten. Nur Deutschland tut sich schwer mit Veränderungen.

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war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.

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