Unruhen in Libyen: Diplomatisches Eigentor

Mit dem Bekanntmachen des Außenministertreffens hat sich Israel selbst geschadet. Für die libyschen Oppositionellen ist es ein gefundenes Fressen.

Menschen verbrennen ein T-Shirt mit dem Bild des israelischen Außenministers Eli Cohen und seiner libyschen Amtskollegin Najla Mangoush in Tripolis

Protest gegen das Treffen der libyschen Außenministerin Nadschla al-Mangusch mit ihrem israelischen Amtskollegen Eli Cohen in Tripoli Foto: Yousef Murad/ap

Anfangs kamen Bilder, die man aus der arabischen Welt durchaus gewohnt ist. Als die ersten Meldungen von dem Treffen der libyschen Außenministerin Nadschla al-Mangusch mit ihrem israelischen Amtskollegen Eli Cohen öffentlich gemacht wurden, brannten in mehreren libyschen Städten Autoreifen. Demonstranten griffen das Außenministerium und das Haus des Premierministers Abdul Hamid Dbaiba in Tripolis an.

Doch beim genaueren Hinsehen auf die Proteste gegen jegliche Anerkennung des Staates Israel wird deutlich, dass sich trotz der wirtschaftlichen und politischen Krisen in Nordafrika und dem Nahen Osten viel verändert hat. In den meisten Landesteilen war niemand bereit gegen das “zionistische Gebilde“ zu demonstrieren. Das über Jahrzehnte von den Diktaturen der Region gepflegte Feindbild zieht nicht mehr. Außenministerin Mangusch mußte nicht wegen des Treffens mit israelischen Regierungsvertretern gehen.

Ihr modernes Auftreten missfällt den Ultrakonservativen schon lange. Die gegen den Willen der libyschen Delegation veröffentlichten Details des libysch-israelischen Treffens hat eine ungewöhnliche Allianz aus Salafisten, dem noch aus Gaddafi-Zeiten stammenden Geheimdienst ISA und den Gegnern der Regierung Dbaiba geschaffen. Sie schickte bezahlte Demonstranten auch gegen die immer mutiger auftretenden weiblichen Politikerinnen und Aktivistinnen in Libyen auf die Straße.

Für das Schicksal der durch radikale jüdische Siedler im Westjordanland vertriebene Palästinenser interessieren sich nur wenige in der Region. Der Eigennutz des israelischen Außenministers hat die frühere Menschenrechts-Aktivistinnen Nadschla al-Mangusch in Gefahr gebracht. Mit dem unsensiblen Ausplaudern des vertraulichen Treffens wollte die israelische Regierung daheim punkten.

Auf der Agenda von Regierungschef Benjamin Netanjahu steht die Normalisierung zu Ländern in der arabischen Welt. Ein Vorhaben, das nach dem nun möglichen Sturz der libyschen Regierung eher schwieriger werden dürfte.

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Mirco Keilberth berichtet seit 2011 von den Umstürzen und den folgenden Übergangsprozessen in Nordafrika. Bis 2014 bereiste er von Tripolis aus Libyen. Zur Zeit lebt er in Tunis. Für den Arte Film "Flucht nach Europa" wurde er zusammen mit Kollegen für den Grimme Preis nominiert. Neben seiner journalistischen Arbeit organisiert der Kulturwissenschaftler aus Hamburg Fotoausstellungen zu dem Thema Migration. Im Rahmen von Konzerten und Diskussionsveranstaltungen vernetzt seine Initiative "Breaking the Ice" Künstler aus der Region, zuletzt in Kooperation mit der Boell-Stiftung im Rahmen des Black Box Libya Projektes.

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