Skandal in Kölner Ditib-Zentrum: Der Taliban aus den Niederlanden

In Köln pries ein Taliban-Funktionär sein Regime in Afghanistan. Die Empörung ist groß, doch der Mann reiste legal über die Schengen-Grenze ein.

Portrait von Abdul Bari Omar

Die Kabul-Köln-Connection: Abdulbari Omar im November 2021 in der afghanischen Hauptstadt Foto: epa

Die Aufregung über den Vortrag eines Taliban-Funktionärs, der in einer Kölner Ditib-Moschee sprach, hat sich wieder etwas gelegt. Der Mann war ohne Wissen deutscher Behörden mit einem Schengen-Visum über die Niederlande eingereist. Auch Ditib wusste nichts von dem Vortrag und hat sich nachdrücklich von den Taliban distanziert.

Am Donnerstag sprach der hochrangige Taliban-Funktionär Abdulbari Omar in Köln vor rund 70 Zuhörern über die Erfolge der Taliban, die seit August 2021 wieder die Kontrolle über Afghanistan ausüben. Der Vortrag fand in einer Ditib-Moschee in Köln-Chorweiler statt. Ditib ist ein von der Türkei kontrollierter großer Islamverband.

Als auf X (ehemals Twitter) Aufnahmen des Vortrags auftauchten, war die Empörung groß. „Niemand darf radikalen Islamisten in Deutschland eine Bühne bieten“, kritisierte Innenministerin Nancy Faeser (SPD). „Dieser Besuch macht fassungslos“, sagte die Kölner CDU-Abgeordnete Serap Güler. Und das Auswärtige Amt betonte, dass der Taliban-Funktionär kein deutsches Visum für die Einreise erhalten habe.

Inzwischen hat sich geklärt, dass Abdulbari Omar Anfang des Monats in den Niederlanden an einer Konferenz der Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilnahm. Omar ist Leiter der afghanischen Lebensmittel- und Arzneibehörden und war früher Gesundheitsminister Afghanistans.

Auch der Verfassungsschutz sitzt in Chorweiler

Die Niederlande haben Omar offensichtlich ein Visum für den gesamten Schengen-Raum ausgestellt, mit dem er anschließend völlig legal über die ohnehin unkontrollierte Grenze nach Köln einreisen konnte. Der Vorgang wird in den Niederlanden nun untersucht, berichtet der WDR, zumal sich der niederländische Gesundheitsminister Ernst Kuipers mit Omar fotografieren ließ. Er habe aber nicht gewusst, um wen es sich handelt, betonte Kuipers jetzt.

Ditib bestätigte zwar, dass der Vortrag in ihren Räumen stattfand. Allerdings sei der Vortragssaal an einen afghanischen Verein vermietet worden. Nachdem der von Ditib zunächst benannte Verein protestierte, er habe mit dem Vortrag nichts zu tun, korrigierte Ditib seine Angaben. Tatsächlicher Veranstalter sei der „Kulturverein der Kunar-Jugendlichen“ gewesen. Kunar ist eine der 34 Provinzen Afghanistans. Wie im Video zu sehen ist, waren bei dem Vortrag keine Jugendlichen, sondern nur erwachsene Männer.

Ditib betonte laut Kölner Stadtanzeiger, dass man von dem Vortrag vorab nichts gewusst und der Veranstalter den Mietvertrag verletzt habe. Politische Veranstaltungen seien darin ausgeschlossen gewesen. Von den Taliban distanzierte sich Ditib ausdrücklich: „Die menschenverachtende, frauenfeindliche und freiheitsfeindliche geistige Haltung der Taliban ist mit unserem Glauben in keiner Weise zu legitimieren, und wir stehen dieser Auslegung als Muslime entschieden entgegen.“

Laut Bild wusste auch das Bundesamt für Verfassungsschutz nichts von dem geplanten Auftritt Abdulbari Omars – obwohl das Bundesamt ebenfalls in Köln-Chorweiler sitzt.

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