Erneuerbare Energien brechen Rekord: Strombringende Weihnachtszeit

Erneuerbare haben an den Feiertagen bis zu 124 Prozent des Strombedarfs gedeckt. Im Großhandel muss man beim Verkauf immer öfter Geld drauflegen.

Windäder in Nebel vor Berglandschaft im Sonnenaufgang

Windkraftanlagen produzierten über die Feiertage ordentlich Strom Foto: Thomas Warnack/dpa

FREIBURG taz | Das Sturmtief „Zoltan“ hat Deutschland an den Weihnachtsfeiertagen zeitweise einen hohen Überschuss an Strom beschert. In den frühen Morgenstunden des 25. Dezember deckten die erneuerbaren Energien bis zu 124 Prozent des aktuellen Bedarfs. Alleine die Windkraft erzeugte zeitweise mehr Strom als benötigt. Entsprechend wertlos war dieser in vielen Stunden am Strommarkt: Während insgesamt 52 Stunden an den Weihnachtstagen war der Strompreis an der Börse negativ oder gleich null.

Negative Strompreise kommen dann zustande, wenn entweder Windkraftanlagen oder Photovoltaikanlagen – mitunter beide zusammen – so viel Strom erzeugen, dass dieser nicht mehr sinnvoll genutzt werden kann. Dann werden Abnehmer des Stroms im Großhandel dafür bezahlt. Vor allem bei geringer Stromnachfrage am Wochenende und an Feiertagen können die Preise weit ins Minus fallen. Der Tiefstwert bisher im Jahr 2023 lag bei minus 50 Cent je Kilowattstunde. Das war am 2. Juli um 14 Uhr, einem sonnigen Sonntag.

Die Zahl der Stunden, in denen der Strom am Spotmarkt der Börse wertlos ist, weil es mehr als genug gibt, steigt seit Jahren. 2023 hat mit inzwischen 306 Stunden mit Preisen von null oder darunter bereits den Spitzenwert aus dem Coronajahr 2020, der bei 302 solcher Stunden gelegen hatte, überschritten. Im Sommer war die Photovoltaik die Ursache der Stromüberschüsse.

In den Monaten Mai bis August 2023 wurden 132 Stunden gezählt, in denen noch Geld dazu bekam, wer im Großhandel Strom abnahm. Das war mit Abstand die höchste Anzahl, die es bisher in einem Sommer gab. Das Marktgeschehen belegt damit, dass es zunehmend an Speichern fehlt – denn gäbe es diese ausreichend, wären Prämien für den Verbrauch von überschüssigem Strom kaum denkbar.

Mit dem weiteren Ausbau der Photovoltaik und der Windkraft dürfte die Zahl der Stunden, in denen Strom wertlos ist, noch erheblich zunehmen. „Je nach Szenario könnte es im Jahr 2034 bis zu 2.000 Stunden mit Preisen kleiner oder gleich null Euro geben“, sagt Tobias Kurth, Strommarktanalyst bei der Berliner Beratungsfirma Energy Brainpool. Das wären im Mittel fünf bis sechs Stunden am Tag.

Bittere Kürzungen

Für die Anlagenbetreiber könnte das bitter werden, denn gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wird bei negativen Preisen schrittweise die Vergütung gestrichen. Aktuell erfolgt das erst, wenn die Preise mindestens vier Stunden am Stück negativ sind. Dieser Zeitraum wird für Neuanlagen im Jahr 2024 auf nur noch drei und ab 2026 auf zwei Stunden gekürzt. Ab 2027 gibt es in Zeiten negativer Preise für Neuanlagen grundsätzlich keine Vergütung mehr.

Dazu kommt, dass die wegfallende Vergütung für Wind- und Solarstrom (Anlagen mit weniger als 400 Kilowatt sind von der Regel ausgenommen) einschneidender ist, als es im ersten Moment erscheinen mag. Denn naturgemäß sind jene Stunden, in denen es künftig keine Vergütung mehr gibt, auch jene, in denen die Anlagen am meisten produzieren.

Solaranlagen werden dann an sonnigen Hochsommertagen immer häufiger aus der Vergütung fallen, Windkraftanlagen bei starkem Wind. Wissenschaftler sprechen längst von der „Kannibalisierung erneuerbarer Energien“. Denn jede weitere Anlage, die ans Netz geht, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Strompreis in sonnigen beziehungsweise windreichen Stunden ins Negative fällt und damit auch anderen Anlagen die Vergütung streitig macht. Daran werden nur ausreichende Speicher etwas ändern können.

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