Filzverdacht im Verkehrsministerium: Stopp für neue Wasserstoff-Projekte

Das Bundesverkehrsministerium legt die Wasserstoffförderung auf Eis. Hintergrund ist eine Affäre um mutmaßliche Vetternwirtschaft.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) konzentriert sich.

Hat er sein Haus nicht im Griff? Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) Foto: Markus Schreiber/ap

BERLIN taz | Das von Volker Wissing (FDP) geführte Bundesverkehrsministerium hat die Förderung von neuen Wasserstoffprojekten auf Eis gelegt. Staatssekretär Stefan Schnorr hat eine entsprechende Anweisung gegeben. Neue Anträge dürfen danach bis auf Weiteres nicht mehr bewilligt werden. Ausnahmen sollen nur mit ausdrücklicher Zustimmung auf Staatssekretärsebene möglich sein.

Hintergrund des abrupten Förderstopps ist die Affäre um den früheren Leiter der Grundsatzabteilung Klaus Bonhoff. Ihm wird die Vermischung von privaten und beruflichen Kontakten bei der Förderung von Wasserstoffprojekten in Millionenhöhe vorgeworfen. Die Grundsatzabteilung ist für die Vergabe dieser Mittel zuständig. „Vor dem Hintergrund der aktuellen Untersuchungen unserer Innenrevision wollen wir sicherstellen, dass künftige Bescheide erst nach sorgfältiger Aufarbeitung der Gesamtsituation ergehen“, sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums. „Es geht hier um Steuergelder und um das Vertrauen in Wasserstoff als eine wichtige Technologie für die Antriebe der Zukunft.“

Wissing hatte Bonhoff in der vergangenen Woche mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben entbunden und außerdem einen Referatsleiter versetzt. Als Grund nannte das Ministerium ein gestörtes Vertrauensverhältnis zu Bonhoff. Unmittelbar vor dem Rauswurf waren neue Dokumente öffentlich geworden, die den Abteilungsleiter belastet hatten. Bereits vor einigen Monaten hatte die Organisation LobbyControl Informationen über ein Netzwerk von Lobby- und Freundeskontakten rund um die Vergabe von Mitteln für die Wasserstoffförderung veröffentlicht, in deren Mittelpunkt Bonhoff stand. Daraufhin hatte das Ministerium eine Prüfung durch die interne Revision begonnen. Die kam laut Ministerium zu dem Ergebnis, dass die erhobenen Vorwürfe gegenstandslos gewesen seien. Veröffentlicht wurde die Untersuchung nicht.

Auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes musste das Ministerium unter anderem an LobbyControl E-Mails herausgeben, die bei der Prüfung der internen Revision nicht vorlagen. Diese E-Mails belegten vertrauliche Kontakte zwischen dem ehemaligen Abteilungsleiter und Empfängern von Fördermitteln. Der Abteilungsleiter war nicht mehr zu halten.

Entlassung von Staatssekretär gefordert

„Das Bundesverkehrsministerium steht mit seiner Aufklärungsarbeit vor einem Scherbenhaufen“, sagt Christina Deckwirth von LobbyControl. „Es hat bei der Aufklärung völlig versagt.“ Die LobbyControl-Expertin geht nicht davon aus, dass der internen Revision die neuen Dokumente bewusst vorenthalten wurden. „Offenbar weiß die eine Hand im Ministerium nicht, was die andere tut“, sagt sie. „Ich habe den Eindruck, da herrscht Chaos.“ Die interne Untersuchung müsse völlig neu aufgerollt und die Ergebnisse veröffentlicht werden, fordert sie.

Deckwirth ist der Auffassung, dass der jetzige Stopp für die Förderung von Wasserstoffprojekten zu spät kommt. Das Ministerium hätte eher Konsequenzen ziehen müssen, ist sie überzeugt. Auch müsse es noch weitere Konsequenzen ziehen: LobbyControl fordert, dass sich Minister Wissing von Staatssekretär Schnorr trennt. Denn Schnorr war für die Aufklärung der Affäre zuständig. „Er hat die Innenrevision beauftragt“, berichtet Deckwirth.

LobbyControl fordert außerdem, dass die Affäre bei einer öffentlichen Anhörung im Bundestag ausgeleuchtet wird. „Das ist im Fall Graichen auch geschehen“, betont Deckwirth. Der Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen war im Frühjahr von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Graichen war als Mitglied einer Kommission daran beteiligt, dass sein Trauzeuge den Chefposten bei der Deutschen Energie-Agentur bekommen sollte. Materieller Schaden ist nicht entstanden, der Posten ging letztendlich an eine andere Person.

Ministerien sollten grundsätzlich nicht für die Prüfung von Regelverstößen im eigenen Haus zuständig sein, sagt Deckwirth. In Frankreich ist eine eigene Behörde für die Kontrolle über das Einhalten von Regeln zuständig. So eine Einrichtung fordert LobbyControl auch für Deutschland.

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