Militärhilfe für die Ukraine: Dämpfer für rasche Luftverteidigung

Die 27 EU-Staaten können sich nicht auf klare Zusagen für die Ukraine einigen. Die britische Regierung kündigt indes neue Militärhilfen an.

Eine Fahrradfahrerin fährt an einem völlig zerstörten Haus vorbei

18.04.2024, Ukraine, Orichiw: Eine Fahrradfahrerin vor einem Gebäude, das durch einen russischen Luftangriff zerstört wurde Foto: Andriy Andriyenko/ap/dpa

BERLIN taz | Spätestens am Mittwoch sollen die 60 Mil­liarden US-Dollar teuren Militärhilfen für die Ukraine die letzte Hürde nehmen und im US-Senat verabschiedet werden. Schon Ende der Woche könnten dann Waffenlieferungen aus amerikanischen Beständen auf dem Weg in die Ukraine sein, sagte etwa der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im US-Senat, Mark Warner. Dabei sein sollen auch Raketensysteme vom Typ ATACMS, die eine besondere hohe Reichweite haben, sowie jede Menge Munition.

Doch die Freude über die Aussicht auf weiteres Kriegsgerät wird derzeit gedämpft. Denn das Gezerre um die Zusage im US-Repräsentantenhaus hat einmal mehr gezeigt, wie sehr die Koalition der Verbündeten von den USA abhängig ist. Im Rahmen der Nato, insbesondere des Nato-Ukraine-Rates, aber vor allem auch innerhalb der Europäischen Union.

Bundes­außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bemühte sich am Montag in Luxemburg um klare Zusagen für Luftverteidigungssysteme für die Ukraine. Allerdings kamen keine verbindlichen Lieferungen zustande. Was blieb, ist ein Appell: Liebe EU-Staaten, schaut in eure Bestände und überlegt, ob ihr Systeme abgeben könnt. Die Entscheidung liegt nun mal bei den einzelnen Ländern.

Ähnlich auch im Militärbündnis der Nato-Staaten: Baerbock hatte auch dort gemeinsam mit Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) via Brandbrief an die Mitglieder appelliert und um mehr Luftverteidigungssysteme geworben. Deutschland hat bereits zwei Feuereinheiten des Systems Patriot mit Ersatzteilen in die Ukraine geschickt. Nun soll ein weiteres folgen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wünscht sich 7 dieser Art. Allerdings ist dieser Wunsch allein durch Deutschland nicht zu erfüllen.

Während die USA in den letzten Zügen und Vorbereitungen ihrer Waffenlieferungen stecken, und die EU zögert, sorgt der britische Premier Rishi Sunak für Fakten. Am Dienstag traf Sunak den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Warschau. Im Gepäck hat Sunak 500 Millionen Pfund an Militärhilfen und ganz konkret das – nach seinen Worten – „größte Rüstungspaket aller Zeiten“ für die Ukraine.

Stoltenberg wirbt weiter für Unterstützung

Laut britischem Verteidigungsministerium sind weitere Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow dabei, 1.600 Raketen, vier Millionen Schuss an Munition, Dutzende Spezialboote und verschiedene gepanzerte Fahrzeuge. „Die Verteidigung der Ukraine gegen Russlands brutale Ambitionen ist essenziell für unsere Sicherheit und die Europas“, sagte Sunak. Wenn Putin in diesem Krieg Erfolg haben sollte, würde er nicht an der polnischen Grenze haltmachen.“

Am Mittwoch wird Sunak Kanzler Olaf Scholz in Berlin treffen. Thema wird auch hier sein, wie weitere Luftverteidigungssysteme aufgetrieben werden können – sowie die Ausgestaltung von Sicherheitsabkommen. Deutschland, Frankreich und Großbritannien zählen zu den ersten Staaten, mit denen die Ukraine solche Abkommen vereinbart hat.

Es geht dabei insbesondere um militärische, finanzielle und politische Unterstützung für die nächsten Jahre. Neben Waffenlieferungen also auch um einen möglichen EU- und Nato-Beitritt. Geht es nach Selenskyj, sollte eine solche Vereinbarung auch bald mit den USA zustande kommen. Wenn dies bis zur US-Präsidentschaftswahl im November klappt, wäre dies ein starkes – wenn auch symbolisches Zeichen – an Russland.

Nato-Generalsekretär Stoltenberg wird bei seinen zahlreichen Besuchen in den Nato-Staaten indes nicht müde, für Unterstützung zu werben. Schließlich soll der Jubiläumsgipfel im Juli in Washington Stärke, Zusammenhalt und Solidarität mit der Ukraine gegen den Aggressor Russland zeigen. Doch nur 18 von 32 Nato-Mitgliedsstaaten erfüllen bereits das Zwei-Prozent-Ziel oder haben zugesagt, zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für ihren Verteidigungsetat bereitzustellen.

Russland nutzt derweil die Lücke der Unfähigkeit der Verbündeten. In den vergangenen Tagen wurden verstärkt Angriffe der russischen Armee auf zivile Einrichtungen in Charkiw, Sumy oder Tschernihiw gemeldet.

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