Japans Premier in den USA: Zusammen gegen China

Japans Regierungschef Kishida war zu Besuch bei Joe Biden. Tokio und Washington wollen gemeinsam Chinas Vorherrschaft im Indopazifik verhindern.

Zwei Politiker schütteln sich die Hände.

Der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, trifft den japanischen Premierminister Fumio Kishida Foto: Jose Luis Magana/ap

TOKIO taz | Mit dem ersten gegenseitigen Staatsbesuch seit neun Jahren haben US-Präsident Joe Biden und Japans Premierminister Fumio Kishida in Washington eine „neue Ära“ der bilateralen Zusammenarbeit eingeläutet. Insbesondere wollen die beiden Länder ihre militärischen Kommando- und Kontrollstrukturen modernisieren. Japan, im Zweiten Weltkrieg erbitterter Gegner der Vereinigten Staaten, entwickelt sich zum engsten globalen Militärpartner der USA. Von Nippons einstigem Nachkriegspazifismus bleibt fast keine Spur.

Die USA werden einen Teil ihrer Planung für militärische Eventualitäten – etwa einen Krieg mit China um Taiwan – von Hawaii nach Japan verlegen. Zusammen mit Australien wollen die beiden Länder erstmals eine Luft-, Raketen- und Verteidigungsarchitektur schaffen. Auch loten die USA Möglichkeiten aus, dass Japan sich dem Aukus-Militärbündnis mit Aus­tralien und Großbritannien anschließt. Japanische Streitkräfte werden auch erstmals mit den Briten Militärmanöver veranstalten.

Dass ihre Streitkräfte „nahtlos und effektiv“ zusammenarbeiten werden, sei die „bedeutendste Aufwertung“ der Allianz seit der Gründung vor über 60 Jahren, erklärte der US-Präsident. Die Welt stehe vor einem „historischen Wendepunkt“, sekundierte Kishida. Daher sei man sich einig, auf die „Herausforderungen“ durch China zu reagieren und den „freien und offenen Indopazifik entschlossen zu verteidigen“. Zudem verabredeten Biden und Kishida eine engere Kooperation bei Halbleitern und künstlicher Intelligenz. Zur Krönung will die US-Raumfahrtbehörde NASA einen Japaner zum Mond mitnehmen.

Der Gipfel beleuchtet den dramatischen Wandel in der japanischen Sicherheitspolitik unter Kishida. Die Ausgaben für Verteidigung steigen bis 2027 um über zwei Drittel auf 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Allein 2024 wächst der Wehretat um ein Sechstel auf umgerechnet 48 Milliarden Euro. Trotz des Widerstandes des pazifistischen Koalitionspartners, der buddhistischen Komei-Partei, setzte Kishida eine weitgehende Lockerung der lange verpönten Waffenexporte durch. Ein mit Italien und Großbritannien geplante Kampfflugzeug darf an andere Länder verkauft werden.

Die Rivalität von Japan und Russland reicht lange zurück

Überraschenderweise vollzieht ausgerechnet der liberale und leisetretende Kishida jene Wende, die sein offen nationalistischer, lautstarker Vorvorgänger Shinzo Abe nur beginnen konnte. Aber der russische Angriff auf die Ukraine änderte das geopolitische Denken in Japan so fundamental, dass es anders als während der Abe-Jahre nicht zu Protesten gekommen ist. Wiederholt warnte Kishida davor, dass Ostasien die „Ukraine von morgen“ sein werde.

Die Rivalität von Japan mit Russland reicht zurück bis zum russisch-japanischen Krieg von 1904/5. Aber es ist der Schulterschluss von Russland mit China und Nordkorea, der in Tokio die Alarmglocken schrillen lässt. „Japan schaut nicht mehr länger tatenlos zu, wie Nordkorea, China und nun auch Russland versuchen, den Status quo zu verändern“, sagt die Japan-Expertin Sheila Smith vom Council on Foreign Relations.

In dieses Bild gehört auch der erste trilaterale Gipfel der USA und Japan mit Ferdinand Marcos Jr. am Donnerstag in Washington. Biden und Kishida wollen den philippinischen Präsidenten gegen die territorialen Ansprüche Chinas unterstützen.

Zuvor hält der japanische Regierungschef eine Rede vor dem US-Kongress, um Japan als wichtigen globalen US-Partner bei der Verteidigung der demokratischen Welt darzustellen. Dabei dürfte Kishida auch daran denken, dass Donald Trump bald ins Weiße Haus zurückkehren und die neu geschmiedete Allianz wieder zerschlagen könnte.

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