Arte-Serie „The Hunt for a Killer“: True Crime mal anders

1989 wird die 10-jährige Helen getötet. Die Arte-Serie verzichtet bei der Nacherzählung auf Interviews und setzt auf einen Krimi im Stil des Nordic Noire.

The Hunt for a Killer

The Hunt for a Killer auf arte Foto: Yellow Bird

True-Crime-Formate gibt es mittlerweile wahrlich viele. Seien es mehr oder weniger gut aufbereitete Podcasts, mit mehr oder weniger erfahrenen Hosts, oder seien es die Produktionen der öffentlich-rechtlichen Sender. Nicht zu vergessen natürlich die aufwendigen und beim Publikum sehr beliebten Netflix-Produktionen, welche jedoch gern mal sehr grell und effektheischend geraten. Ein Negativbeispiel ist hierfür die Serie über Jeffrey Dahmer, die letztlich Täterkult für einen Serienmörder betreibt. Wohltuend anders hebt sich hier die sechsteilige schwedische True-Crime-Serie „The Hunt for a Killer“ ab, die, wie das Genre schon vermuten lässt, auf einer wahren Begebenheit aus der Vergangenheit basiert.

Anders als in den gängigen Formaten, verzichtet man hier auf Interviews mit Zeit­zeug*innen, sondern erzählt die Geschichte gekonnt melancholisch-düster als stimmungsvollen Kriminalfilm im Stil des Nordic Noire.

Im Jahr 1989 wird die zehnjährige Helen Nilson vergewaltigt, ermordet und in einer schwarzen Plastiktüte am Feldesrand entsorgt. Diese Tat versetzt ganz Schweden in einen Schockzustand. Ein noch recht unerfahrenes und nicht gut eingespieltes Polizeiteam soll diese grausame Tat nun so schnell wie möglich aufklären und begeht dabei gleich zu Anfang einige Fehler. In Ermangelung eines Tatverdächtigen rufen sie zur Öffentlichkeitsfahndung auf und öffnen damit die Büchse der Pandora: Das Polizeirevier ist voll mit Menschen, die ihre seltsamen Nachbarn an­schwärzen. Die Polizei erhält viel zu viele Hinweise, und ob überhaupt brauchbare dabei sind, ist für das Team erst einmal nicht klar.

16 Jahre Jagd

„The Hunt for a Killer“, sechs Episoden in der Arte-Mediathek

Wenig später wird ein zweites Mordopfer gefunden – eine 26-jährige Prostituierte liegt tot auf einem Waldweg. Einige Indizien deuten darauf hin, dass es sich um den gleichen ­Täter handeln könnte. Hier machen den Ermittlern jedoch verschiedene Zuständigkeiten in den Polizeirevieren einen Strich durch eine gute Polizeiarbeit. Anschließend herrscht für vier Jahre Ruhe, die Ermittlungen liegen still.

Doch dann wird eine 90-jährige Frau ­brutal ermordet. Hier ist der Täter jedoch schnell ­ausgemacht und gesteht dank der empathisch-engagierten Art der Verhörspezialistin Monica Olhed (Lotten Roos). Währenddessen erhält ihr Kollege Per-Åke Åkesson (Anders Beckman) weiter Anrufe von einem Mann, der über seine „Einsamkeit“ jammert und durch sein Wissen zu den Taten auch als Täter infrage kommt.

Letzten Endes dauert die Jagd auf den Mörder von Helen Nilson lange und schwer auszuhaltende 16 Jahre, sodass diese Serie bis ins Jahr 2004 erzählt wird. Während dieser Zeit löst das Er­mitt­le­r*in­nen­team noch fünf weitere, nicht minder schwerwiegende Mordfälle und wächst zusammen. Oft hat der Mörder das Wort, erschreckend banal und originalgetreu wieder gegeben aus den Ermittlungsakten.

Ruhig und konzentriert und mit stets glaubwürdigen und ungeschönt agierenden Haupt­dar­stel­le­r*in­nen zeigt diese Serie nicht nur die nervenaufreibende Jagd nach einem Mörder, sondern kann auch als Sittenbild der schwedischen Gesellschaft verstanden werden.

Sind die Morde etwa auf den Beitritt zur EU zurückzuführen? Oder doch auf die Klassenunterschiede? Viele Themen, die leider auch heute noch gesellschaftlich relevant sind, ­kommen hier auf den Tisch und machen diese Serie so sehenswert.

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